Wann war es für Sie eigentlich eine perfekte EM?

Man träumt immer von perfekten Turnieren, aber dann müsste wirklich jedes Rädchen in das andere gehen. Ich könnte wohl Anfang Juli sagen, dass es eine perfekte Europameisterschaft war, wenn alle unsere 31 Live-Reportagen aus den Stadien schadlos geklappt haben, wenn unsere Hörerinnen und Hörer uns positive Resonanzen geben und uns mitteilen, dass sie durch uns viel erfahren,, wir dicht dran sind und das Spektakel in allen Facetten abbilden. Wir hoffen einfach mal, dass keiner aus meinem Team krank wird, die Infrastrukturen der beiden Gastgeber-Länder ihren Aufgaben gewachsen sind wir in der Ukraine Hotelzimmer finden. Wäre ja nochmal schöner, wenn wir campen müssten und nachts überfallen werden. (lacht) Und um es wirklich perfekt zu machen, müsste natürlich noch Joachim Löw mit seiner Truppe den Europameisterschafts-Titel beisteuern.

Können Sie erklären, was es mit „Scoobi-Doo“ auf sich hat? Davon war im Vorfeld der EM im Bezug auf die Radio-Berichterstattung zu hören...

Wir sind mit nur 30 Programm-Mitarbeitern in Polen und der Ukraine ein recht kleines Team, haben aber trotzdem den Anspruch, alle Spiele live abzubilden. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, acht der 24 Vorrunden-Spiele mit nur einem Reporter zu besetzen. Der wird mit einem kleinen Übertragungsgerät in das jeweilige Stadion geschickt. Es handelt sich dabei um ein ISDN-Gerät, das gerade einmal maximal 30 x 20 Zentimeter groß ist. Wir nennen dieses Gerät „Scoobi-Doo“. Das muss sich der Reporter selbst in einen bestellten Anschluss auf der Reporter-Tribüne einstöpseln und den technischen Kontakt zum Schaltraum nach Warschau in das IBC finden, sich seinen Kopfhörer aufsetzen und drauf los reportieren. Er hat dann keinen Assistenten und keinen Techniker dabei.

Und das klappt?

Wir drücken alle ganz fest die Daumen, dass dieses Modell aufgeht, denn wenn unsere HörerInnen den Reporter hören, werden sie keinen Unterschied merken, weil es eine fantastische Studioqualität ist – es muss nur klappen. Das ist sozusagen unsere One-Man-Show, womit wir natürlich so kostengünstig sind, wie es weniger gar nicht mehr geht. Trotzdem bekommen unsere Hörer den vollen Service. Eine programmliche Qualität wäre bei einer Kommentierung vom Fernsehgerät aus nicht gegeben, denn da hätten Sie nur den Bildausschnitt und könnten auch nicht kommentieren, was Sie erleben. Da würden ganz schön viele Aspekte verloren gehen.

Wurde das Modell schon einmal irgendwo getestet oder ist das die Premiere?

Für ein Großereignis ist es die Premiere, aber wir haben das ganz intensiv bei uns in der 2. Fußball-Bundesliga getestet. Dort hat das Modell den Herausforderungen Stand gehalten.

Für mich gibt es nur das Radio.
Sabine Töpperwien

Zum Schluss noch eine private Frage: Ihr ganzes Leben lang haben Sie sich mit Fußball beschäftigt - Sie brennen förmlich dafür. Gibt es auch mal Momente, in denen Sie vom rollenden Ball die Schnauze voll haben?

(lacht) Wenn eine Saison zu Ende geht, dann ist es auch gut. In diesem Jahr ist es nun wieder anders. Wir hatten das packende Pokal-Finale und danach geht es nahtlos weiter mit der Europameisterschaft. Selbst danach werde ich nur drei Wochen durchatmen können, weil es dann schon wieder zu den Olympischen Spielen nach London geht. Ansonsten freut man sich im Dezember, wenn es in Richtung Winterpause geht, gerade wenn es draußen so richtig kalt und nass ist. Wir sitzen in fast allen Stadien inzwischen draußen. Wenn die Kälte hochzieht und Erkältungen drohen, einen in Beschlag zu nehmen, dann kommt schon mal ein Punkt, an dem ich mich freue, mal nichts vom Fußball zu hören. Aber ganz ehrlich: Spätestens nach zwei Wochen werde ich wieder unruhig...

Da geht es den Fans wohl nicht anders. Man fragt sich ja doch, was man am Samstagnachmittag um 15:30 Uhr mit seiner Zeit anstellen soll...

Das ist ja auch das Schöne und da geht es uns beiden wahrscheinlich gleich. Wenn ich am Samstagnachmittag nicht arbeiten würde, würde ich vor meinem Radiogerät sitzen und die Bundesliga trotzdem verfolgen. Ich beschäftige mich also mit der selben Materie, ob als Hobby oder als Beruf. Das ist ein großes Glück.

Was passiert im Krankheitsfall? Bundesliga im Fernsehen kommt kaum in Frage, nehme ich an.

Für mich gibt es nur das Radio. Die Spiele werden dann ganz intensiv erlebt. Außerdem hat es in einem solchen Fall auch meine WDR-Mannschaft verdient, von mir direkt am Montag ein Feedback zu bekommen. Was war gut, was war schlecht, wo ist noch Spielraum für Verbesserungen? Da wollen die natürlich schon was hören von der Chefin. (lacht)

Frau Töpperwien, vielen Dank für das Gespräch.