Herr Hartmann, Sie haben sich vor einem halben Jahr vom Bildschirm verabschiedet. Nur irgendwie hat man das Gefühl, Sie waren gar nicht weg...

Das merkt meine Frau auch. (lacht) Durch mein Buch bin ich viel beschäftigt - auf der einen Seite gibt's meinen Wanderzirkus durch die Talkshows, auf der anderen Seite bin ich auch auf Lesereise. Das habe ich völlig unterschätzt. Jetzt lerne ich also Deutschland von allen Seiten kennen. So viel bin ich in den letzten Jahren nicht unterwegs gewesen. Und dass ich mal bei "Circus HalliGalli" aufschlagen würde, hätte ich auch nicht gedacht.

Jeder will vermutlich von Ihnen nochmal hören, wie das damals mit Rudi Völlers Wutausbruch gewesen ist. Stört es Sie eigentlich, dass sich die Leute nur dafür interessieren?

Ich kann gut damit leben. Sir Edmund Hillary wird immer mit dem Mount Everest verbunden werden. Da will auch keiner wissen, ob der mal auf der Zugspitze gewesen ist. Das kann ich gut verstehen. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, ist, dass ich 365 Seiten mit vielen, vielen anderen Geschichten vollgeschrieben habe. Darauf wird man dann nicht angesprochen.

Auf den Streit mit der ARD beispielsweise. Haben Sie inzwischen eigentlich Frieden mit der ARD geschlossen?

Ich hatte nie Krieg. Es gab allerdings große Auseinandersetzungen mit ein paar Nasen in der ARD, darunter Volker Herres, Axel Balkausky, Steffen Simon, Thomas Gruber und Gerhard Fuchs, die mir das Leben in den letzten zwei, drei Jahren durch Nicht-Entscheidungen oder Wegtauchen versäuern wollten. Vermutlich haben nur wenige von ihrem Haussender, dem BR, ein solch engagiertes Desinteresse zu spüren bekommen wie ich. Diese Herren werden mich vermutlich nicht mehr in ihr Abendgebet einschließen. Ich übrigens auch nicht. Aber damit kann ich gut leben.

Es kam vermutlich nicht allzu gut an, dass Sie im vergangenen Sommer an ZDF-Spieltagen auch noch als Experte beim Schweizer Fernsehen im Einsatz waren.

Das war ja nicht der Rede wert - und außerdem konnte ich an ARD-freien Sendetagen machen, was ich wollte. Balkausky schickte mir dennoch einen bösen Brief. Er habe erfahren, ich würde im Schweizer Fernsehen quasi "Waldis Club" machen und drohte mit Konsequenzen. Daraufhin bat ich Herres um einen Termin, zudem es aber nicht kam, weil er keinen Gesprächsbedarf sah. Das war für mich ein Schlag. Wenn in einem Kommunikationsunternehmen nicht mehr kommuniziert wird, dann weiß ich auch nicht weiter. Ich habe damals mit Harald Schmidt gesprochen, der die Anzeichen für einen baldigen Abschied ja schon kannte: Die Karten werden förmlicher und das Hüsteln lauter. Da wurde mir allmählich klar, dass ich das nicht mehr lange mitmachen würde.

In Ihrem Buch "Dritte Halbzeit" schreiben Sie: "Drei Mal wollten sie mich killen, aber jedes Mal haben sie vergessen, den Sargdeckel zuzumachen." Klingt ja nach einem ziemlich blutigen Geschäft...

Man hat mich wirklich oft aus dem Programm drängen wollen. Für Marianne Kreuzer war ich ja schon vor 15 Jahren zu alt. Auch den früheren DFB-Boss Gerhard Meyer-Vorfelder wollte man mal aus dem Amt jagen. Der sagte damals allerdings: "Nein, ich bin gewählt. Wenn ihr mich weghaben wollt, dann müsst ihr mich schon erschießen." So weit bin ich nicht gegangen, denn nichts ist im Leben unendlich - die Moderation einer Fernsehsendung schon mal gleich gar nicht. Aber es sollte schon sachlich begründet werden. Das fand leider überhaupt nicht statt.

Die ARD haben Sie als "Intrigantenstadl" bezeichnet und ihr "mangelnde Loyalität" vorgeworfen. Woran machen Sie das fest?

Mangelnde Loyalität stelle ich fest, wenn ich suspendiert werde und als langjähriger BR-Mitarbeiter vom damaligen Intendanten Thomas Gruber in einem Interview lesen muss, es sei wie im Sport, jetzt sitzt er eben mal auf der Strafbank. Ein Intendant muss sich auch mal vor seine Mitarbeiter stellen und sie schützen. So wie das jetzt beim NDR mit Reinhold Beckmann geschieht, was übrigens eine weitere Lachnummer ist.

Was meinen Sie damit?

Da erscheint drei Tage, bevor über seine Zukunft entschieden wird, ein Zeitungsinterview mit Beckmann über dessen Abschied. Alle sind entsetzt und Beckmann wird für diese Aussage mit neuen Sendungen belohnt. Im Kleingedruckten lese ich: "Wenn mein Vertrag ausläuft." Also Ende 2014, in anderthalb Jahren. Das wäre so, als wenn Mario Gomez sagen würde: "Ich habe es satt, immer als Einwechselspieler für zwei Minuten auf den Platz zu kommen. Ich gehe jetzt - Klammer auf: Wenn mein Vertrag bei Bayern München endet." Für wie dumm halten die eigentlich die Leute? Das war natürlich ein kompakter, großer Deal. Beckmann und seine Produktionsfirma sind versorgt, um die müssen wir uns keine Gedanken machen. Auch das ist eine Art von Loyalität. Bei mir ist in all den Jahren eben niemand aufgestanden.

Ihr Abschied vom Boxen verlief ja auch nicht ohne Zähneknirschen.

Henry Maske hat sich aus dem Fenster gelehnt, als er sagte, mein Abschied war eine politische Entscheidung, die nicht fachlich gewesen sei. Die Sachlage war allerdings eindeutig: Die Sportchefs haben meinen Box-Vertrag mit 8:1 Stimmen nicht verlängert - obwohl man beim Boxen kaum Alternativen hatte. Nur der MDR war auf meiner Seite. Was soll ich also über die Herren denken, wenn ich sie sehe?