Herr Schmit, heute wird Super RTL 20 Jahre alt. Wie wird gefeiert?

Unserer jungen Zielgruppe ist es vermutlich egal, ob ihr Sender zehn oder 20 Jahre alt wird, aber unser Programmdirektor Carsten Göttel erlaubt sich einen schönen Gag, den wahrscheinlich niemand bemerken wird.

Es sei denn, Sie verraten ihn jetzt einfach.

Wir werden von jeder Serie, die wir heute ausstrahlen, die Episode 20 zeigen. Ursprünglich war das als Witz gedacht, aber jetzt ziehen wir es durch.

Erwarten Sie ein Geschenk von Disney?

Nö. (lacht)

Aber einen Blumenstrauß von der Mediengruppe RTL Deutschland?

Natürlich wird es ein Sträußchen von beiden Gesellschaftern geben, aber ehrlicherweise ist es doch nicht der 20. Geburtstag von Super RTL, der so besonders ist. Wir sind nicht der erste Sender, der einen runden Geburtstag feiert. Für mich ist es vielmehr die personelle Kontinuität, die uns auszeichnet. Alleine in der Geschäftsleitung bringen wir es zu fünft auf 95 Dienstjahre, davon arbeite ich seit 15 Jahren als Geschäftsführer.

Sie persönlich haben schon viele Geschäftspartner kommen und gehen sehen.

Wenn ich jemanden treffe, frage ich schon gar nicht mehr, für wen er arbeitet. Das könnte ja in ein paar Wochen schon nicht mehr relevant sein. Medien oder nicht Medien - die Info genügt. (lacht) Nein, das ist ein Witz. Im Ernst: Man geht die Sache gelassener an, wenn man im Laufe der Jahre so viele unterschiedliche Erfahrungen gesammelt hat.

Wie beschreiben Sie Ihre Rolle im Unternehmen?

Die ist schnell beschrieben: Ich bin der Bewacher der Zentrifugalkräfte. Mein Privileg ist es, nicht in jedem Detail Bescheid wissen zu müssen. Ich habe natürlich zu allem eine Meinung, glaube aber, dass die nicht immer relevant ist. Ich habe mir in all den Jahren Mitarbeiter gesucht, die einen guten Charakter, aber auch gute Ideen haben und denen ich vertraue. Die können machen, was sie machen möchten – denn dann machen sie es auch richtig gut. Ich bremse niemanden, greife nur ein, wenn ich das Gefühl habe, dass jemand übertreibt. Ansonsten besteht mein Lieblingssatz, den meine Mitarbeiter oft lesen, aus genau sieben Buchstaben: OK, MFG, CS.

Entspricht das, was aus Super RTL geworden ist, in etwa dem, was Sie sich vor 20 Jahren vorgestellt haben?

Nein, überhaupt nicht. (lacht) Als wir angefangen haben, wussten wir selber noch nicht genau, wohin die Reise geht. Es gab keine klar definierte Zielgruppe und keine Positionierung. Heutzutage würde man ein Projekt so nicht mehr angehen. Sie dürfen nicht vergessen, dass wir damals andere Gesellschafter hatten: Disney war noch nicht an Bord, stattdessen die CLT, ein Haufen kreativer Köpfe französischer Prägung. Erst als Disney dazu stieß, hat sich der Weg zum Kindersender Schritt für Schritt konkretisiert. Unser Programmdirektor Carsten Göttel überlegte sich damals, dass es vielleicht von Vorteil wäre, Kinderprogramm dann zu zeigen, wenn Kinder tatsächlich vor dem Fernseher sitzen. Auf diese Idee war vorher wohl noch niemand gekommen. Das ist der Grund, weshalb wir am Vorabend Zeichentrickserien von Disney gezeigt haben oder am Freitag unsere Familienfilme. Erst dadurch reifte der Gedanke, das Angebot für junge Zuschauer auszudehnen, was uns letztlich innerhalb von drei Jahren zum Kinder-TV-Marktführer gemacht hat.

"Uns steht wieder mehr Geld zur Verfügung."
Claude Schmit

Wenn da nur nicht die Primetime wäre...

Die Primetime ist tatsächlich unsere Dauer-Baustelle. Da haben wir schweren Herzens eine strategische Entscheidung getroffen: Es geht uns in erster Linie um Kinder, dann kommt die Primetime. Wir möchten Super RTL als führenden Bewegtbild-Anbieter für Kinder im deutschsprachigen Raum positionieren – damit haben wir genug zu tun.

Das wirft trotzdem die Frage auf, wie Sie künftig mit der Primetime umgehen wollen.

Wir sehen die Primetime seit jeher als wirtschaftliches Optimierungsumfeld, weil wir wissen, dass der Konkurrenzkampf zu dieser Zeit viel stärker ist. Wir müssen also etwas finden, das wirtschaftlich vertretbar ist und die Daytime-Positionierung nicht stört. Da haben wir einiges probiert, beispielsweise „Glee“ oder „Scandal“, was hervorragend nicht funktioniert hat. Seit Disney ausgestiegen ist, beziehen wir in der Primetime wesentlich mehr Programm von RTL. Wir haben einen so genannten Erlösbeteiligungs-Deal, das heißt, wir kaufen die Sachen nicht von RTL, sondern beteiligen sie an den Erlösen. Damit minimieren wir unser Risiko. Es ist also ein wirtschaftliches Andocken an RTL, während wir uns auf unsere Kinderkompetenz konzentrieren.

Wieso hat Super RTL abgesehen von Magazinen und kleinen Shows eigentlich nie eigene Kinderprogramme produziert?

In der Vergangenheit sicherte uns ein Output-Deal mit Disney Zugriff auf nostalgisches Programm und Live-Action-Serien, die auf Hollywood-Niveau für den internationalen Markt produziert wurden. Die Entwicklungskosten allein für eine Sitcom auf Disney Niveau entspricht dem Vielfachen, was wir für eine einzige Kaufserie bezahlen. Da hätten wir nicht mithalten können. Davon abgesehen hat es wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn ergeben: Wir mussten die Disney-Produktionen teuer einkaufen und haben sie dann logischerweise auf unsere attraktivsten Sendeplätze gesetzt. Damit waren die Slots mit der besten Refinanzierung für Eigenproduktionen nicht mehr verfügbar. Nach dem Ausstieg von Disney hat sich die Situation geändert. Uns steht wieder mehr Geld zur Verfügung.

Es besteht also grundsätzlich der Reiz, eine eigene Serie zu produzieren?

Ziel von Super RTL wird es nie sein, Formate zu produzieren, um sie international auszuwerten. Was nicht ausschließt, ein Format mit einem internationalen Partner zu produzieren, das wir bei uns ausstrahlen können.