Frau Weber, der Rundfunkrat hat Ihre Reformpläne für WDR 3 und WDR 5 am Mittwoch unterstützt. Wie geht man in eine solche Sitzung? 

Man versucht gelassen in eine solche Sitzung zu gehen und sich mit einer guten Vorbereitung auf gründliche Nachfragen durch den Rundfunkrat einzustellen. Umso schöner ist es, wenn es gelingt, Rundfunkrat und Programmausschuss davon überzeugen zu können, dass es der richtige Weg ist. Sie können sich vorstellen, dass den kompletten Nachmittag über unsere festen und freien Mitarbeiter in den Büros saßen und auf die Freigabe durch den Rundfunkrat warteten. Erst jetzt kann die eigentliche Arbeit beginnen.

Wie haben Sie im Vorfeld die Diskussion unter den Mitarbeitern erlebt?

Wann immer Sie etwas ausbauen wollen, stellt sich die Frage, was im Gegenzug wegfallen muss – der Tag hat nämlich auch fürs Radio nur 24 Stunden. Allerdings muss das Programm nicht in erster Linie den Mitarbeitern, sondern den Hörern gut gefallen. Es geht also darum, unser Potenzial, unser Wissen und unsere Kreativität in die Programme zu investieren. Am Ende ist ein Programmschema daher immer auch ein kleines Gesamtkunstwerk.

Es gab Diskussionen um die Sendungen „Westblick“ und „Politikum“ bei WDR 5. Die Debatte schlug zwischenzeitlich recht hohe Wellen, weil Mitarbeiter massive Kürzungen befürchteten. Ärgert es Sie, wenn so etwas an die Öffentlichkeit kommt?

Mit so etwas muss man rechnen, wenn Mitarbeiter an ihren Sendungen hängen. Im Falle von „Politikum“ war es reine Spekulation. Schon in der ersten Sitzung stand fest, dass wir nach einer neuen Lösung suchen müssen, wenn die Sendezeit von „Politikum“ von der Verschiebung einer anderen Sendung betroffen ist. Künftig hat „Politikum“ einen besseren Sendeplatz als vorher und sendet zudem fünf statt vier Mal pro Woche. Ich glaube, in der Redaktion ist man jetzt sehr happy. Speziell bei WDR 5 geht es um sehr kleinteilige Sendungen, die sich aneinanderreihen. Es besteht daher immer die Gefahr, dass jeder nur seine Sendung sieht und nicht das Große und Ganze einer Wellenphilosophie. Eine Mitarbeiterin hat es in einer Sitzung schön erläutert: Sie hat gesagt, dass jetzt jeder erstmals gemerkt hat, wie sehr er vom anderen abhängt und wie alles ineinander greift – und dass sie sich nun nicht mehr nur als Mitarbeiterin einer Sendung, sondern als Teil des Teams eines ganzen Programms empfindet. Daran sieht man, dass solch schwierige Situationen auch zusammenschweißen können.

Wie genau wollen Sie künftig „Politikum“ im Programm platzieren?

„Politikum“ in die Sendezeit des „Westblicks“ zu legen halte ich für sinnvoll, weil die Menschen am Nachmittag, wenn sie von der Arbeit kommen, mit vielen kürzeren Angeboten einen schnellen Überblick über die ganze Welt bekommen. Dazu gehört der Kommentar aus „Politikum“ genauso wie die NRW-Berichterstattung. Aus einem Workshop der Redaktion des „Morgenechos“ kam die Idee, in die zusätzliche Sendestunde am Vormittag eine viertelstündige Ausgabe zur landespolitischen Berichterstattung zu integrieren. Dadurch kann die Landespolitik morgens mehr als doppelt so viele Hörer wie jetzt am Nachmittag erreichen. Insofern war das ein langes Ringen. Es war aber auch spannend zu sehen, wie engagiert im Team gearbeitet wurde und welche neuen Lösungen gefunden wurden.

In Bezug auf WDR 5 war häufig die Rede von der „Durchhörbarkeit“. Können Sie nachvollziehen, warum das häufig als Unwort angesehen wird?

Wenn man darunter versteht, dass man aus einem Programm alle Ecken und Kanten herausnimmt, dann macht man ein Programm langweilig. Wenn man darunter aber versteht, den Markenkern von WDR 3 oder WDR 5 in jeder Stunde fühlbar zu machen, dann steht das für den Spirit des Senders. Das funktioniert aber nicht, wenn beispielsweise die Wissenschaftsredaktion nur an ihre Sendung denkt. Dann schalten die Leute am Ende der Sendung ab. Eine Welle wie WDR 5 wird allerdings nicht mehr nach dem schriftlichen Programmschema eingeschaltet. Die Leute hören die Welle, wenn sie Zeit haben und landen vielleicht eher zufällig in einer Wissenschafts- oder Kultursendung. Es geht darum, sie bei den Themen Wissen, Kultur und Politik abzuholen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in eine Sendung hineinzugleiten.

Dann könnte man das Programm ja eigentlich so lassen wie es ist.

Es spricht eine Sache dagegen: Wenn Sie der Meinung sind, ein gutes Radioprogramm zu machen, von dem die Menschen begeistert sind, sollten Sie nie glauben, es einfach lassen zu können wie es ist. Denn die Menschen entwickeln sich weiter und das Programm wird irgendwann alt. Die Hörer erwarten einerseits ein klares, berechenbares Programmschema, auf der anderen Seite aber überraschende Inhalte. Wenn sie nicht mehr überrascht werden, werden sie sich abwenden. Deswegen habe ich den Rundfunkrat bereits darauf vorbereitet, dass es nicht das letzte Programmschema sein wird. Ein gutes Programmschema ist immer im Fluss. Es ist ein dynamischer Prozess. Wir beobachten unsere Hörer, wie sie Medien nutzen – und richten unsere Angebote dementsprechend aus.