Dieter Bohlen hielt sich lange für unersetzbar. Die 2012er Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" aber hat gezeigt: Auch mit ihm kann es bergab gehen. Während sich "DSDS" und auch "Das Supertalent" als Format über die Jahre weiterentwickelt haben, blieb Bohlen immer Bohlen. Genau damit warb man ja sogar für die vergangene Staffel, doch der Erfolg hielt sich in Grenzen. Der Neustart von "The Voice of Germany" bei ProSieben hatte gerade erst zu offensichtlich einen ganz anderen Trend im Casting-Genre vorgeführt: Ob man gleich von einer neuen Ernsthaftigkeit sprechen kann, darüber lässt sich streiten. Eine neue und freundlichere Tonalität war bei "The Voice of Germany" aber klar zu spüren.

Das hat auch RTL erkannt. Mit der Verpflichtung von Thomas Gottschalk soll jetzt "Das Supertalent" grundsätzlich überarbeitet werden. Noch ist dazu wenig bekannt, aber "Weniger Trash, mehr Talente" ist das Motto. Braucht man dafür zwingend Dieter Bohlen? Sicher sorgt eine Reizfigur wie er für einen gewissen Einschaltimpuls. Deshalb lässt sich die Frage auch nicht mal eben beantworten. Aber entscheidender dabei ist: Die Verpflichtung von Thomas Gottschalk zeigt auf jeden Fall, wer derzeit den Ton angibt. Und das ist nicht mehr Dieter Bohlen. RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt und Produzentin Ute Biernat treiben die Weiterentwicklung. Es war dringend nötig.

Besonders interessant an den angedeuteten Veränderungen bei "Das Supertalent" ist die Nähe zu "Wetten, dass..?": Mit den alten Gastgebern der ZDF-Show will man künftig weniger auf die setzen, die es nicht können als auf die, die wirklich außergewöhnliche Talente besitzen. Es wirkt fast so, als arbeite RTL an seinem eigenen "Wetten, dass..?" - zumindest soweit es die Rahmenbedingungen des Castingshow-Formats zulassen. Familienfreundlicher, positiver soll es werden. Wie sowas mit Bohlen aussieht, konnte man bei "DSDS Kids" erleben: Es wirkte völlig lächerlich. Für "DSDS" warb man noch im Januar mit einem (von Simon Cowell in den USA kopierten) Trailer, der Bohlen als unveränderten Fiesling präsentierte und plötzlich sollte ausgerechnet dieser Bohlen den netten Onkel spielen? Die Zuschauer kauften ihm die Wandlungsfähigkeit nicht ab.

Das war die Krönung einer für Bohlen nicht besonders guten TV-Saison, die so manche Demütigung enthielt, wenn man sich z.B. auch noch daran erinnert wie "The Voice of Germany" ein von RTL provoziertes, direktes Duell mit dem "Supertalent" gewann. Zweifelsohne ist das auch eine Niederlage für RTL. Nur was den Sender und Dieter Bohlen unterscheidet: RTL glaubt schon einen Ausweg aus der Misere gefunden zu haben und will mit Thomas Gottschalk einen neuen Weg einschlagen. Dieter Bohlen bleibt nur die Entscheidung, ob er über seinen eigenen Schatten springt und dem Kurs folgt oder die Scheidung einreicht. RTL und Grundy Light Entertainment könnten es verkraften: Sie haben ja schon 'nen Neuen.