Alle sind in Ferien, nur Amazon ist daheim geblieben und arbeitet am Ausbau seines Streaming-Angebots Instant Video: Gerade hat der Konzern bekannt gegeben, das frühere BBC-"Top Gear"-Team um Jeremy Clarkson für eine neue Autoshow exklusiv gewonnen zu haben; am kommenden Freitag startet die mit zwei Golden Globes ausgezeichnete und aus unterschiedlichen Perspektiven der Hauptcharaktere erzählte US-Serie "The Affair" exklusiv in Deutschland (Titelfoto); für Anfang September ist die Eigenproduktion "Hand of God" angekündigt.

Gerade mal seit anderthalb Jahren gibt es Amazon Instant Video in Deutschland. Aber das Tempo des Ausbaus spricht nicht dafür, dass der Video-on-Demand-Dienst vom Konzern lediglich als Nebenschauplatz betrachtet wird. Drehte sich vor einem Jahr scheinbar alles nur um den deutschen Marktstart des Wettbewerbers Netflix, so erhöht Amazon inzwischen das Tempo. Neben mehr Eigenproduktionen und neuen Features experimentiert man auch mit neuen Zahlmodellen.

Exakte Nutzungszahlen veröffentlicht Amazon leider ebenso wenig wie die Konkurrenz. Einer Online-Befragung des Beratungsunternehmens Goldmedia zufolge erreichte Instant Video Anfang des Jahres bereits jeden dritten deutschen Streaming-Nutzer. Das liegt freilich daran, dass Amazon den Zugang zur Video-Bibliothek von Anfang an in sein Prime-Versandpaket integrierte. Die Gebühr erhöhte sich von 29 auf 49 Euro jährlich. Das ist im Vergleich zur auch nicht sonderlich teuren Konkurrenz trotzdem einmal ein ziemlicher Kampfpreis.

Allein darauf will man sich in der Münchner Deutschland-Zentrale aber offensichtlich nicht mehr verlassen und testet flexiblere Modelle.

1. Monats-Abo

Nutzer können inzwischen auch ein Monatsabo auswählen, unabhängig von einer Prime-Mitgliedschaft. "Die monatliche Mitgliedschaft richtet sich an Kunden, die die Möglichkeit nutzen möchten, jederzeit zu kündigen", erklärt eine Amazon-Sprecherin auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de. Genau wie bei den Mitbewerbern Netflix, Maxdome und Watchever. Auch beim Preis hat sich Amazon angepasst: Für 7,99 Euro monatlich lassen sich rund 15.000 Filme und Serienepisoden abrufen, von denen immer mehr eigenproduziert sind. Nur wer länger dabei bleiben mag, ist als Prime-Kunde besser bedient.

2. Download-Möglichkeit

Auch die übrigen Vorteile der Konkurrenz hat Amazon im Blick: Wie bei Maxdome können einzelne Inhalte (Filme, Serienstaffeln) gekauft werden, die nicht zur Video-Flatrate gehören. Und wie bei Watchever lassen sich Inhalte inzwischen auf Endgeräte downloaden, um etwa die Lieblingsserie unterwegs ohne WLAN-Verbindung weiterzugucken. Bislang ist die Technik bei Amazon jedoch auf die Kindle-Tablets Fire HD und HDX beschränkt. Geräte, die mit Apples Betriebssystem iOs funktionieren (iPhone, iPad), ermöglichen zumindest den Download von Kaufinhalten.

Ob das künftig für sämtliche Prime-Videoinhalte möglich sein wird, auch auf Tablets und Smartphones anderer Hersteller? Dazu erklärt Amazon: "Selbstverständlich arbeiten wir daran, die Liste der Geräte zu erweitern, auf denen ein befristeter Download von Filmen und Serien bei Prime Instant Video möglich ist." Wer Amazon-Videos jetzt schon auf seinem Mobilgeräten ansehen will, muss zum Teil einige Umstände in Kauf nehmen. Die Android-App zum Beispiel ist nur im Amazon-eigenen App-Store gelistet, nicht bei Google Play. Netflix macht es seinen Nutzern da deutlich einfacher – egal, auf welchem Endgerät. An eine Download-Funktion glaubt man dort jedoch überhaupt nicht.

3. Multi Track Audio

Einen weiteren Nachteil seines Diensts versucht Amazon gerade abzuschaffen: Bislang sind zahlreiche Inhalte bei Prime Instant Video zwar in der Originalversion verfügbar. Sie müssen aber explizit angesteuert werden, damit Zuschauer eine Serie zum Beispiel in Englisch ansehen können (über die Suche nach dem Titel mit dem Zusatz "OV"). Netflix-Nutzer sind es hingegen gewohnt, im laufenden Stream zwischen den verfügbaren Sprachversionen nach Belieben hin- und herschalten zu können. Bei Amazon ging das bislang nicht. Jetzt stellt der Konzern um: Die Amazon-Eigenproduktion "Bosch" und die History-Channel-Serie "Vikings"  erlauben den Sprachwechsel im laufenden Streaming.

"Wir sind bereits dabei, die Multi Track Audio-Funktion zu testen und fügen kontinuierlich neue Filme und Serien hinzu, welche die Wiedergabe mehrerer Sprachen unterstützen", sagt eine Sprecherin auf DWDL.de-Anfrage. Außer bei den genannten Titeln ist die Funktion bereits bei "Transparent",  "Mozart in the Jungle", "Ich – einfach unverbesserlich" 1 und 2, "Der Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy", "Dante’s Peak", "Ripper Street" und "Star Trek" verfügbar.

4. OV kostet extra

Bei den Bezahl-Streamings wird es Amazon mit der Umstellung auf Multi Track Audio vermutlich nicht so arg eilig haben kann: Schließlich lässt sich der Konzern die Vorlieben seiner Kunden für Originalversionen derzeit extra bezahlen. Wer die aktuelle "Game of Thrones"-Staffel 5 im Amazon Instant Video Shop als Streaming ordert, zahlt für die englische Originalversion in HD-Qualität 28,99 Euro – 1 Euro mehr als Nutzer, die sich für die deutsch synchronisierte Fassung entscheiden. Die Fantasy-Saga ist keine Ausnahme. Bei manchen Serien ist der Preisunterschied noch größer: Wer "Outlander" bei Vox verpasst hat und nachholen will, zahlt 38,99 Euro für 16 Folgen aus Staffel 1, aber 42,99 für die OV-Variante.

Outlander bei Amazon Instant Video© DWDL/Amazon

Bei der dritten "Arrow"-Staffel (23 Folgen) liegt der Unterschied sogar bei 5 Euro. (Alle Preise beziehen sich auf die HD-Versionen; bei SD gibt es z.T. Abweichungen.) Der Mitbewerber Maxdome veröangt hingegen für beide Sprachversionen dieselbe Summe: 34,99 Euro.

Arrow bei Amazon Instant Video© DWDL/Amazon

Während Amazon sein Flatrate-Streaming also mit dem Prime-Kampfpreis von unter 50 Euro im Jahr in den Markt drückt, scheint man sich bei den zubuchbaren Inhalten einen Teil der Kosten wieder zurückzuholen. Aber Amazon scheint sich seiner Position im Markt so sicher zu sein, dass eine Abwanderung zur Konkurrenz riskiert werden kann. Auf DWDL-Anfrage mag sich Amazon nicht zum Thema äußern: "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zur Preisgestaltung im Amazon Instant Video Shop keine Aussagen treffen."

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