Spätestens seit der Weltmeisterschaft 2006 wissen wir, wie großartig das Gemeinschaftserlebnis beim Fußball sein kann. Das ZDF hatte damals den richtigen Riecher, wich mit seiner Berichterstattung von der bis dahin üblichen Form ab - und hatte mit dem Trio aus Kerner, Klopp und Meier ein echtes Dreamteam gefunden. Die Idee, auch die Berichterstattung in Berlin zum Spektakel zu machen, machte sich bezahlt, was sich wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen ließ, dass während der EM zahlreiche Fans aus aller Welt in der Hauptstadt waren und für eine entsprechende Stimmung sorgten. Diese Stimmung blieb schon bei der Europameisterschaft 2008 unerreicht, als das ZDF von der Bregenzer Seebühne sendete.

Das hinderte die Mainzer aber nicht daran, das Konzept nun noch enmal auszuprobieren. Doch nach einer Woche überwiegt die Enttäuschung. Am Wetter alleine liegt es ganz sicher nicht, dass die Übertragungen vom ohne Zweifel aufwendig gestalteten Fußballstrand auf der Insel Usedom eher wirken wie ein Bespaßungsprogramm im Cluburlaub. Das Konzept ist schnell erklärt: Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn stehen, umgeben von Wasser, verloren auf einer großen Bühne. Bloß: Abgesehen von vereinzelten Tröten und einem ständigen Rauschen im Hintergrund kommt zu Hause wenig bis nichts an von der erhofften Partylaune.

Dass das ZDF zuletzt Tag für Tag fast eine Stunde früher mit der Vorberichterstattung begann als die Kollegen der ARD, brachte zudem kaum Mehrwert. Bei Berichten über den Inselverein Usedoms oder dem Einfangen der "Stimmung in der Netzgemeinde" geriet der eigentliche Sinn der Veranstaltung bisweilen gerne mal aus dem Blick. Und überhaupt: So lobenswert es auch sein mag, das Internet stärker einzubinden - tut es wirklich Not, Oliver Kahn nach dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Holland das Twittern zu erklären anstatt ihn einfach das tun zu lassen, wofür er bezahlt wird? Und so standen Müller-Hohenstein, Kahn und eine Online-Redakteurin bei Nacht am Strand und schickten einen ersten Tweet hinaus in die Welt.

Das muss sie also sein, die schöne neue Online-Welt. Ärgerlich nur, dass die Twitter-Schule vor allem deshalb lächerlich wurde, weil die Online-Redakteurin ganz offensichtlich so wenig von Twittern versteht wie die Uefa den Unterschied zwischen aufgezeichneten Bildern und einer Live-Übertragung. Und so kam es wie es kommen musste: Die Online-Frachfrau fiel prompt auf einen längst bekannten Fake-Account von Harald Schmidt rein und brachte auch sonst einiges durcheinander. Das Fazit: Jene Zuschauer, die ohnehin keine Ahnung vom Twittern haben, waren am Ende nicht gescheiter als zuvor. Und sämtliche Twitterer vor dem Fernseher schlugen spätestens zu diesem Zeitpunkt entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen.

Erkenntnisgewinn? Null. Doch damit nicht genug: Auch Tage nach der ersten Übertragung aus Usedom waren die ZDF-Sendungen technisch gesehen oft eine einzige Katastrophe. Zunächst blieben am ersten Sendetag Bild und Ton über Stunden hinweg asynchron, ein anderes Mal störten ständige Tonaussetzer die Übertragung. So macht Fußballschauen wirklich keinen Spaß. Womöglich sollte sich das ZDF in Zukunft also besser wieder auf das Wesentliche konzentrieren anstatt sich in lächerlichen Internet-Exkursen und unntöigen Helikopter-Aufnahmen der Insel bei Nacht zu verlieren. Dass weniger oft mehr ist, zeigt die ARD derzeit eindrucksvoll. Dort traut man sich doch tatsächlich, die Moderatoren direkt ins Stadion zu stellen.

Einen Preis für die innovativste Fußball-Übertragung wird man damit wohl kaum gewinnen, doch welcher Fan erwartet das schon? Stattdessen machten Gerhard Delling, Reinhold Beckmann und Matthias Opdenhövel in den vergangenen Tagen einen grundsoliden Job. Dass man auf fast allen Firlefanz verzichtete, wirkte zwischen all den Gaga-Aktionen des ZDF regelrecht wohltuend. Und so gilt am Ende eben doch einmal mehr die alte Fußballer-Weisheit: Was zählt, ist auf dem Platz.

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