Der ORF in Person von Programmdirektorin Stefanie Groiss Horowitz hat Sportchef Hannes Aigelsreiter von seinen Aufgaben entbunden. Entsprechende Gerüchte, die bereits am Mittwoch in österreichischen Medien zirkulierten, hat der öffentlich-rechtliche Sender mittlerweile bestätigt. "Dieser Entscheidung sind monatelange Gespräche vorangegangen, die letztendlich zu keiner zufriedenstellenden Lösung geführt haben", heißt es vom ORF gegenüber DWDL.de.
Aigelsreiter hatte gerade erst Schlagzeilen gemacht, weil er sich in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" für den Posten des ORF-Generaldirektors ins Spiel gebracht hatte. Gegenüber der Zeitung erklärte er, er könne sich eine Bewerbung vorstellen und er beschäftige sich "intensiv seit einiger Zeit" mit der Wahl, die im kommenden Jahr ansteht (DWDL.de berichtete). Aigelsreiters Entbindung heißt nun nicht, dass er nicht neuer ORF-Chef werden kann, seinen Job ist er nun trotzdem vorerst los.
Der ORF teilt auf Anfrage mit, dass das Interview seines Ex-Sportchefs in der "Tiroler Tageszeitung" nicht autorisiert gewesen sei - es gleichzeitig aber auch nicht der ausschlaggebende Grund für die Maßnahme der Programmdirektorin war. Man wolle die Angelegenheit nun intern klären. "Der ORF fühlt sich seinem Publikum verpflichtet, ab sofort soll wieder nur das Programm im Fokus stehen." Die interimistische Leitung des ORF-Sports übernehmen die bisherigen Stellvertreter, Veronika Dragon-Berger und Martin Szerencsi.
Streit mit Moderator, Handshake-Angebot abgelehnt
Hannes Aigelsreiter war im ORF als Sportchef schon länger umstritten, die Programmdirektorin wollte ihn daher schon seit einiger Zeit loswerden, der 61-Jährige schlug ein Golden-Handshake-Angebot aber aus. Im Sommer wurde bekannt, dass Aigelsreiter mit Rainer Pariasek aneinandergeraten war. Der Star-Moderator bezeichnete seinen Vorgesetzten in einem Online-Meeting als "Schwafler" - und bemerkte offenbar nicht, das sein Mikro eingeschaltet war. Aigelsreiter soll Pariasek daraufhin zurechtgewiesen haben.
Den damaligen Frust des Moderators kann man auf mehreren Ebenen erklären: Einerseits erhielt er zuletzt weniger Einsätze, weil Aigelsreiter das Team verjüngen wollte. Andererseits war auch Pariasek seinerzeit im Rennen um den Posten des ORF-Sportchefs, seit 2023 arbeitete Aigelsreiter in dieser Funktion. Vorher war er im ORF Chefredakteur der Radioinformation.
Doch in der neuen Funktion kam Aigelsreiter ganz offensichtlich nie so richtig an. Das zeigte sich schon in der Maßnahme, dass der ORF einige Zeit nach dem Amtsantritt von Aigelsreiter seinen Vorgänger Hans Peter Trost zurückholte, damit dieser im Bereich der Sportrechte den Sender unterstützen konnte. Österreichische Medien berichten zudem von einem schwierigen Verhältnis zwischen Aigelsreiter und der Redaktion sowie unzufriedenen Stakeholdern wie Sportverbänden.
"Budgetäre Verantwortung nicht wahrgenommen"
In einer internen Mitteilung von Programmdirektorin Groiss Horowitz an die Belegschaft wird deutlich, wo es Reibereien gab. "Trotz mehrfacher mündlicher und schriftlicher Aufforderungen sind die wesentlichen Maßnahmen und Konzepte weiterhin nicht erarbeitet, geschweige denn umgesetzt", so die ORF-Programmchefin. Dies betreffe "redaktionell inhaltliche Fragen, budgetäre Weichenstellungen, und im Besonderen die wichtige Personalentwicklung, wo wir zukunftsorientierte Schritte brauchen." Groiss Horowitz weiter: "Hannes Aigelsreiter hat seine budgetäre Verantwortung nicht wahrgenommen."
Sie habe sich "eine sehr lange Zeit bemüht, eine professionelle Arbeitsbeziehung mit Hannes Aigelsreiter zu etablieren [...] All meine Versuche sind letztendlich gescheitert und ich bin zum Schluss gekommen, dass eine Zusammenarbeit so nicht weiter möglich ist." Mit dem Interview in der "Tiroler Tageszeitung" (Groiss-Horowitz: "Einseitige Darstellung von Interna.") habe der Sportchef "eine weitere Vertrauensgrenze überschritten".
Während im ORF-Sport jetzt erstmal interimistisch das Duo Veronika Dragon-Berger und Martin Szerencsi das Sagen haben wird, ist unklar, wie es mit Hannes Aigelsreiter weiter geht. "Der Generaldirektor wird in einem persönlichen Gespräch mit Hannes Aigelsreiter dessen berufliche Zukunft besprechen. Ich bitte Sie, sich hier nicht an Spekulationen zu beteiligen. Konzentrieren wir uns auf unsere Arbeit", so die Programmdirektorin in ihrem Schreiben an die Belegschaft.
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