Auch wenn sich die ARD-Vorsitzende Monika Piel mit Verweis auf bevorstehende Gespräche mit den zuständigen Politikern windet: Offenbar gibt es Pläne, auf einen der drei ARD-Spartenkanäle zu verzichten und einen besser finanzierten jungen Sender zu starten. Damit kommt man auch Forderungen aus der Politik entgegen. Aus Mainz waren solche Töne bislang nicht zu hören, dort gibt es mit den drei Sendern ZDFneo, ZDFinfo und ZDFkultur ohnehin eine deutlich klarere Digitalsender-Strategie. Doch in einem Interview mit der "Zeit" sind vom neuen Intendanten Thomas Bellut nun erstmals andere Töne zu hören.

"Wir müssen uns schon fragen, wie viele Digitalkanäle wir stemmen können", antwortet Bellut auf die Frage, ob er denn für alle drei Kanäle kämpfen werde. "Wir sind ja von der Gebührenkommission KEF angehalten, in erheblichem Umfang Personal abzubauen, deshalb müssen wir uns stärker fokussieren. Priorität haben demnach ZDFinfo und ZDFneo. Für ZDFkultur gibt es ein paar warme Worte. "Trotzdem habe ich auch ein Herz für ZDFkultur. Viele Angebote gefallen mir gut." Doch ein klares Bekenntnis zum Sender bleibt aus: "Ich muss die Diskussion führen. Wir haben uns vorgenommen, nach dem ersten Halbjahr Bilanz zu ziehen und darüber im Herbst auch mit den Gremien zu beraten."

Auch zum ZDF-Hauptprogramm äußert sich Bellut durchaus selbstkritisch, etwa in Bezug auf die "heute"-Nachrichten um 19 Uhr. Er werde sich nächste Woche mit der Redaktion treffen. Bellut: "Erst einmal werde ich die Kollegen loben, ihnen sagen, dass sie eine sachlich ausgewogene, überparteiliche Berichterstattung machen. Ich werde ihnen aber auch sagen, dass sie über die Zukunft nachdenken müssen." Angesichts der Konkurrenz durch das Internet müssten die Tagesnachrichtensendungen beweisen, dass sie für die Zuschauer trotzdem wichtig bleiben. "Die 19-Uhr-Sendung muss sich gewiss auch erneuern."

Erneuern müsse sich das ZDF auch im Unterhaltungs-Bereich. "Die Unterhaltung erlebt im Moment einen Umbruch", so Bellut auch mit Blick auf die nachlassenden Quoten der Castingshows bei der privaten Konkurrenz. "Bei uns ist die klassische Unterhaltung, zum Beispiel Quiz, auch nicht mehr auf der Höhe, auf der sie früher war." Und verlässliche Quotengaranten wie einst die Volksmusik gebe es auch nicht mehr.  Das liege auch daran, dass sich die Gesellschaft verändert habe, dass Ältere "heute anders leben als früher". Bellut: "Wir haben es bislang nicht geschafft, diese Veränderungen in unserem Programm umzusetzen. Die große Show muss neue Impulse bekommen."

Gleichzeitig wolle er künftig aber auch weiterhin Dokus prominent zeigen. "Ich möchte sogar noch mehr hart recherchierte Dokumentationen im Programm haben und bin bereit, dafür mal geringere Quoten hinzunehmen. Aber ich will auch Erfolg haben. Das Öffentlich-Rechtliche darf sich nicht in die verlockende, bequeme Hängematte der gezielten Erfolglosigkeit begeben. Andernfalls drohe auch ARD und ZDF das Schicksal des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in den USA, dessen Marktanteil kaum noch messbar sei. "Zu sagen, man will das große Publikum nicht mehr erreichen, halte ich für außerordentlich gefährlich."