Eine deutsche Adaption der preisgekrönten britischen Dokumentation "One Born Every Minute" wird es vorerst nicht geben. RTL hat sichtlich verärgert am Freitag den endgültigen Abbruch der Dreharbeiten verkündet. Ende Februar hatten die Dreharbeiten nach einer Woche unterbrochen werden müssen, weil der Berliner Senat - offensichtlich als Reaktion auf Schlagzeilen wie "Big Brother im Kreißsaal", die kurz zuvor in diversen Boulevardmedien zu lesen waren - als Gesellschafter den landeseigenen Klinikbetreiber Vivantes angewiesen hatte, die Dreharbeiten bis zu einer Entscheidung des Aufsichtsrats auszusetzen.

Die nächste Sitzung des Aufsichtsrats findet allerdings erst am 20. März statt. Bis dahin abzuwarten, sei für RTL - auch angesichts des offenen Ausgangs - aus wirtschaftlicher Sicht nicht vertretbar, so der Sender. Der Drehplan könne ohnehin nicht mehr eingehalten werden, da Geburten, die die Produktion begleiten wollte, bereits stattgefunden hätte. Hinzu kämen die täglich hohen Kosten durch eine stillstehende Produktion.

RTL-Sprecher Christian Körner: "Wir bedauern sehr, dass es dem Land Berlin nicht möglich war, eine Entscheidung in dem Zeitrahmen herbeizuführen, den wir für eine Fortsetzung der Produktion gebraucht hätten. Wir haben die Verantwortlichen darauf hingewiesen, dass sich Geburten bekanntlich nicht beliebig verschieben lassen. Auch über die erheblichen Kosten des Produktionsabbruchs ist der Senat informiert."

Der Berliner Senator Czaja hatte als Begründung für den Produktionsstopp Bedenken geltend gemacht, "dass die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Kinder und die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ausreichend gewahrt" würden. Sowohl RTL als auch Vivantes hatten die Kritik umgehend zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass lediglich ein streng abgegrenzter Bereich innerhalb der Klinik mit Kameras ausgestattet worden sei. Werdende Eltern hätten die Wahl, ob sie gefilmt werden wollen oder nicht, auch dem Personal stehe es frei, außerhalb des gefilmten Bereichs zu arbeiten oder während der Dreharbeiten in einem anderen Klinikum von Vivantes zum Einsatz zu kommen. "Sämtliche Fragen zur Produktion selbst sowie alle juristischen und durchaus sensiblen Aspekte etwa zu Datenschutz, Arbeitnehmerschutz, Persönlichkeitsrechten etc. wurden weit im Vorfeld mit dem Klinikum geklärt", so RTL.

Auf ein Gesprächsangebot der Produktionsfirma war die Politik offenbar gar nicht erst eingegangen. RTL-Sprecher Christian Körner erklärt: "Wir bedauern, dass der Gesundheitssenator Mario Czaja die Einladung des Produzenten zum persönlichen Gespräch, welches offene Fragen zum Projekt direkt am Ort des Geschehens hätte klären können, schlicht unbeantwortet ließ. Der einfache und eher gängige Grundsatz, dass man zunächst alle Seiten hören sollte, hätte eine international erfolgreiche und preisgekrönte, Dokumentation über eines der schönsten Themen der Welt ermöglicht und unnötigen Ärger verhindert." Als Fazit sendet RTL-Sprecher Körner einen schönen Gruß an die Standortpolitiker: "Als verlässlicher Produktionsstandort hat sich Berlin im Umgang mit dieser nun gescheiterten TV-Produktion ganz sicher nicht empfohlen."

Und Axel Kühn, Geschäftsführer von Produzent Shine Germany, ergänzt spürbar enttäuscht: "'Babyboom', im Original 'One Born Every Minute', ist ein weltweit erfolgreiches, preisgekröntes und von der Kritik gefeiertes Format, das sich in Deutschland einer völlig ungerechtfertigten öffentlichen Diskussion aussetzen musste. Um so mehr bedauern wir, dass RTL sich jetzt entschieden hat, die Produktion zu beenden. Wir hätten gern mit allen Beteiligten gemeinsam eine Lösung gefunden, die Produktion fortzusetzen. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass der Zuschauer in absehbarer Zeit auch in Deutschland dieses außerordentliche Programm wird sehen können."

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