Überraschender Führungswechsel in Grünwald: Geschäftsführer Jochen Starke beendet seinen Vertrag beim Fernsehsender RTL II nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de aus privaten Gründen vorzeitig und scheidet bereits zum 1. Juni aus dem Unternehmen aus. Die Gesellschafter des Senders haben bereits einen Nachfolger gefunden und auch diese Personalie hat es in sich. Nach mehr als 20 Jahren in diversen Diensten der ProSiebenSat.1 Media AG, zuletzt bis Februar 2012 als Geschäftsführer der ProSiebenSat.1 TV Deutschland, wird Andreas Bartl zum 1. Juni neuer Geschäftsführer bei RTL II. Bartl genießt unter den Gesellschaftern hohes Ansehen. Sein freundschaftliches Verhältnis zu RTL-Chefin Anke Schäferkordt war beispielsweise bereits zu ProSiebenSat.1-Zeiten bekannt. Sie ist es auch, die als Vorsitzende der Gesellschafterversammlung RTL II in einer kurioserweise noch am Sonntagabend verschickten Pressemitteilung in Reaktion auf die DWDL.de-Recherchen den Wechsel bestätigt: „Im Namen aller Gesellschafter von RTL II möchte ich mich bei Jochen Starke für seine Leistungen in der Führung des Senders bedanken und wünsche ihm für seine berufliche Zukunft alles Gute. Ich freue mich, dass mit Andreas Bartl ein versierter und kreativer TV-Experte die Leitung von RTL II übernimmt, der sowohl über eine profunde Kenntnis der deutschen Medienlandschaft als auch über eine langjährige Programmerfahrung verfügt.“

Bartl übernimmt bei RTL II einen Sender, der wenige drängende Baustellen hat, aber fünf Jahre nach der Einführung der „it’s fun“-Positionierung und einem leicht abgeflauten Hype um die Vorabend-Soaps eine grundlegende Wachstums-Vision gebrauchen kann. Mit Andreas Bartl erhoffen sich die Gesellschafter sicher auch frischen Wind. Anders als vor gut neun Jahren beim Rauswurf von Josef Andorfer verläuft die Trennung vom bisherigen Geschäftsführer Jochen Starke jedoch im Einvernehmen. Starke kann auf eine am Ende ganz erfolgreiche Zeit zurückblicken. Mehr als 20 Jahre lang stand er in den Diensten des Senders. Im Februar 2005 wurde er, der kaufmännische Direktor, zunächst nur als Interimslösung zum Geschäftsführer von RTL II und galt deshalb zunächst als Führungskraft auf Abruf. Das ist sicherlich auch eine Erklärung dafür, warum er als kaufmännischer Geschäftsführer zunächst weitgehend im Hintergrund blieb und lieber seine Programmmacher sprechen ließ. Zwischenzeitlich galt Starke mit seiner zurückhaltenden Art beinahe als Phantom der Fernsehbranche. Doch die Rolle Starkes wandelte sich mit dem unter seiner Führung umgesetzten Rebranding des Senders unter dem Claim „it’s fun“ im Jahr 2009.

Der vorher eher öffentlichkeitsscheue Geschäftsführer, längst fest im Sattel, wurde sichtbarer und mischte sich intern intensiver ins Programm ein. Nach anfänglichen Jahren der Sinnsuche und zu langem Klammern an „Big Brother“ als vermeintlichem Leuchtturm gelang Starke und seinen Mitarbeitern ein, nicht ganz unwesentlich durch die Soaps „Berlin - Tag & Nacht“ und „Köln 50667“ ausgelöster, Aufschwung des Senders. Der Abschied von RTL II kommt daher auch selbstbestimmt. „Ein besonderer Dank gilt meinen Kolleginnen und Kollegen für viele spannende gemeinsame Jahre. Ebenso geht mein Dank auch an die Gesellschafter für ihr Vertrauen. Nach über 20 Jahren bei RTL II ist es nun an der Zeit für mich, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Ich werde mich erst einmal meiner jungen Familie widmen. Ich wünsche dem Sender und meinen Kollegen weiterhin viel Erfolg“, erklärt Jochen Starke in der Pressemitteilung des Senders. Der Abschied in Freundschaft kommt nicht von ungefähr. In der gleichzeitig stabilen wie schwierigen Gesellschafterstruktur lieferte Starke in den vergangenen Jahren stets gute Zahlen ab. Für die RTL Group (35,9 Prozent der Anteile), die Bauer Media Group (31,5 Prozent), die Tele München Fernseh GmbH & Co Medienbeteiligungs KG (31,5 Prozent), welche in gleichen Teilen von Herbert Kloibers Tele München und The Walt Disney Company gehalten wird, sowie Hubert Burda Media (1,1 Prozent) war RTL II in den vergangenen Jahren eine willkommene Cash Cow.

Die abseits des finanziellen Interesses inhaltlich jedoch unterschiedlichen Vorstellungen dieser Gesellschafterstruktur machen die Führung sowie Gestaltung von Veränderungen beim Sender allerdings mitunter zum Nervenspiel. Das wird auch für Andreas Bartl eine Herausforderung. Sein entscheidender Vorteil jedoch: Mögen die Interessen der Gesellschafter auch unterschiedlich sein, so hat sich das Gesellschafter-Konstrukt von RTL II als stabil und verlässlich erwiesen. Anders als beim börsennotierten ProSiebenSat.1 im Norden Münchens erwarten Bartl im Süden Münchens bei RTL II keine kurzfristig wechselnden Kursvorgaben. Bei ProSiebenSat.1 wurde dem Programmmacher Bartl bekanntlich zum Verhängnis, dass er die Sendergruppe für einen möglichen Verkauf aufhübschen sollte und dafür die Investitionen zurückgefahren wurden. Nach geplatzten Verkaufsbemühungen stand die Sendergruppe dann jedoch vor dem selbstgeschaffenen Dilemma der zuvor heruntergefahrenen Programm-Investments. Eines solchen Zick-Zack-Kurses, der am Ende ein Bauernopfer fordert, ist RTL II unverdächtig. „Ich freue mich auf RTL II! Diesen immer wieder innovativen und gut positionierten TV-Sender zu führen, ist eine äußerst spannende Aufgabe“, erklärt Bartl in der noch am Sonntagabend verbreiteten Pressemitteilung.

(Der Ursprungsartikel wurde um 21.45 Uhr mit den Aussagen aus der RTL-II-Pressemitteilung ergänzt, die die DWDL.de-Recherchen bestätigt)