Die dortigen Ideen lägen ihm derzeit näher als TV-Konzepte aus Großbritannien. „Married at first sight“ hat Benthues erfolgreich als „Hochzeit auf den ersten Blick“ für Sat.1 adaptiert. Wie viel trauen sich deutsche Sender im Bereich des Factual Entertainment? Jobst Benthues ist konkret für dieses Genre optimistisch: „Gemessen an Innovationen z.B. im Genre Show ist Factual Entertainment in Deutschland breit und stark aufgestellt.“ Derzeit befinde er sich mit mehreren Sendern im Gespräch über eine deutsche Umsetzung des RedArrow-Katalogtitels „Real Men“.

Die Beliebtheit des Genres erklärt sich Benthues, der auch schon auf Senderseite gearbeitet hat, ganz pragmatisch: „Die Einstiegsschwelle ist einfach niedriger, weil man nicht erst ein teures Studio bauen muss.“ Das führe dazu, dass Produktionsfirmen in diesem Genre schneller Aufträge ergattern könnten. Bei im Ausland erfolgreich gelaufene Formatideen sogar noch schneller. In Deutschland hole man oft erst Ideen auf den Bildschirm, die in anderen, meist kleineren Märkten funktioniert hätten, merkt Peter Werse, Executive Producer bei Warner Bros International Television Production Deutschland an.

Das habe aber weniger mit Erfolg im Ausland als mit vorliegendem Material zu tun, korrigiert ZDF-Mann Beuler. Bewegte Bilder seien eben einfacher zu beurteilen als eine Formatidee auf Papier. WDR-Mann Bitterling pflichtet ihm aus öffentlich-rechtlicher Sicht bei: „Erfolg im Ausland ist für uns erstmal kein Kriterium.“ Und welche Trends gibt es nun? Warner-Produzent Werse glaubt weiter stark an Themen wie Dating und Essen. Für den WDR wünscht sich Bitterling: „Weniger Erwartbares bitte. Kochen, backen, grillen interessieren mich weniger.“ Die beiden Meta-Trends sind für ihn: Fight und Flight. Gemeint ist einmal die Auseinandersetzung mit Alltagsherausforderungen sowie andererseits die Flucht, der Eskapismus genau davor.

„Man vertraut wieder mehr darauf, die Kamera einfach mal laufen zu lassen.“

Redseven-Geschäftsführer Jobst Benthues

Eine Entwicklung setzt sich dabei allerdings spürbar fort: „Der Trend geht weg von der Dramatisierung“, sagt Juliane Eßling, Ressortleiterin Qualitäts- und Programmentwicklung bei der RTL-Produktionstochter InfoNetwork. Factual Entertainment müsse relevant und authentisch sein. Das zu starke Durch-Erzählen von Geschichten sei nicht mehr so gefragt wie vor einigen Jahren. „Sie dürfen wieder wirken, die Geschichten“, bekräftigt auch Jobst Benthues. „Man vertraut wieder mehr darauf, die Kamera einfach mal laufen zu lassen.“