Schon länger werden die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge nicht mehr mit Applaus begrüßt - die anfängliche Euphorie ist einem schärferen Ton in der Flüchtlingsdebatte gewichen. Doch je mehr Menschen nach Deutschland kommen, desto dringlicher stellt sich die Frage der Integration. In den Medien wird das Thema mittlerweile facettenreich beleuchtet und immer mehr Angebote wenden sich direkt an die Flüchtlinge. So hat das ZDF gerade erst angekündigt, sechs aktuelle Reportagen in seiner Mediathek mit arabischen Untertiteln versehen zu wollen (DWDL.de berichtete).

Der Mainzer Sender geht damit einen Weg, den man beim privaten Nachrichtensender n-tv schon seit einigen Wochen beschreitet. "Marhaba - Ankommen in Deutschland" nennt sich das Format, das jeweils freitags praktische Anleitungen zum Leben in Deutschland bieten soll - in arabischer Sprache. "Mit 'Marhaba' ist n-tv der erste Sender gewesen, der ein Programm extra für Flüchtlinge gestartet hat", sagt n-tv-Geschäftsführer Hans Demmel im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de nicht ganz ohne Stolz.

Stolz ist er auch deshalb, weil "Marhaba" für seinen Sender das erste Projekt ist, das ausschließlich für die digitalen Plattformen produziert worden ist. "Die große positive Resonanz bestätigt uns darin, dass es richtig war, diesen Weg zu gehen. In diesen Zeiten braucht es Aufklärung und Einordnung, einfach für jedermann zugänglich. Insbesondere zu Themen, die die Menschen bewegen", so Demmel. Dabei spart das Format mit Journalist Constantin Schreiber, der selbst fließend arabisch spricht, auch heikle Themen nicht aus. Zur Halbzeit ging es in der vorigen Woche um das Liebes- und Sexleben der Menschen in Deutschland (Video ansehen auf n-tv.de).

Doch weshalb zeigt n-tv sein Flüchtlings-Format ausschließlich im Netz - und nicht etwa im eigenen Programm oder gar beim großen Bruder RTL? "Die Zielgruppe, die n-tv mit 'Marhaba' in erster Linie ansprechen will, hält sich eher am Smartphone oder Tablet auf, ist unterwegs", erklärt n-tv-Chef Hans Demmel. "Das Internet bietet mit den sozialen Netzwerken wie Facebook und Youtube, aber natürlich auch unserem eigenen Angebot n-tv.de und den n-tv-Apps die perfekte Verbreitungsmöglichkeit. Wir zeigen im n-tv-Programm gerne einzelne Sequenzen aus den Videos, gehen auf die Themen ein und diskutieren die Reaktionen." Das Format komplett ins Fernsehen zu übertragen, sei derzeit jedoch keine Überlegung.

"Viele freundliche Reaktionen"

Dafür wird "Marhaba" schon jetzt an vielen Stellen eingesetzt, an denen es die Menschen konkret erreicht. Demmel: "Wir bekommen viel Feedback von Flüchtlingsheimen und Organisationen, die einzelne Folgen bei sich ausstrahlen wollen. Daran sehen wir, dass die Videos an den Stellen ankommen, die wir erreichen wollen." Tatsächlich nutzt etwa das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern die Sendung inzwischen als Infomaterial für Flüchtlinge. Auch weitere Unterkünfte wie etwa jene in Frankfurt an der Oder und auf der Insel Rügen greifen auf das Material zurück. Zudem soll "Marhaba" Teil einer DVD-Reihe werden, die Medienzentralen und Schulen zur Verfügung gestellt wird.

Bleibt bloß die Frage nach den Reaktionen im Netz. "Eins vorweg: Wir erhalten viele freundliche Reaktionen, viele Mails von Flüchtlingen, konstruktive Kritik und auch Vorschläge für weitere Themen", sagt Hans Demmel gegenüber DWDL.de, verweist gleichzeitig aber auch auf negatives Feedback. "Das bleibt bei so einem kontroversen Thema nie aus. Auf n-tv.de haben wir einen Artikel veröffentlicht, in dem wir einige dieser Kommentare gesammelt haben. Außerdem hat die Online-Redaktion mit einem Kommunikationswissenschaftler über das Thema gesprochen. Damit wollen wir zeigen: Die Hasstiraden bleiben nicht unbemerkt. Man muss genau unterscheiden, wer hier schreibt. Sind es Nutzer, die im Netz einfach nur Bashing betreiben? Sind es Menschen, die in der Zeit stehengeblieben sind? Oder sind es Menschen, die wirklich Angst haben? Wir beobachten das genau."

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