Streamingdienste erfreuen sich in Europa wachsender Beliebtheit - und sind dadurch nun auch in den Fokus der EU-Kommission geraten. Diese hat jetzt in Brüssel eine Aktualisierung der EU-Bestimmungen für den audiovisuellen Bereich vorgeschlagen, die eine verbindliche Quote für europäische Produktionen bei Netflix & Co. vorsieht. Anbieter von Abrufdiensten sollen demnach dazu verpflichtet werden, in ihren Katalogen einen Mindestanteil europäischer Inhalte von 20 Prozent anzubieten.

In dem Vorschlag wird außerdem klargestellt, dass die Mitgliedstaaten von in ihrem Land verfügbaren Abrufdiensten verlangen dürfen, einen finanziellen Beitrag zu europäischen Werken zu leisten. Aktuell ist allerdings nicht ganz klar, ob etwa Amazon und Netflix nicht ohnehin schon so viele Produktionen aus Europa zeigen, dass sie der möglichen Einführung einer solchen Quote gelassen entgegenblicken können. "Spiegel Online" verweist auf eine Studie des European Audiovisual Observatory, wonach der Anteil europäischer Produktionen im Netflix-Katalog  bereits bei mehr als 20 Prozent liegt. Apples iTunes kommt demnach auf 21 Prozent und bei weiteren 75 VoD-Anbietern in Europa liege der Anteil im Schnitt gar bei 27 Prozent.

Viel Wind um nichts also? Begeistert ist man bei Netflix freilich trotzdem nicht, zumal das Unternehmen schon jetzt verstärkt Geld für die Produktion europäischer Produktionen in die Hand nimmt. "Unsere Kunden auf der ganzen Welt lieben europäische Produktionen. Deshalb erhöhen wir die Investitionen darin", sagte ein Netflix-Sprecher gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. So habe man bereits hunderte Millionen Euro in Produktionen aus Europa investiert und inzwischen auch mit der Produktion eigener Originalserien wie "Marseille" oder "The Crown" begonnen. Darüber hinaus seien Serien in Deutschland, Spanien und Italien in Arbeit. "Und wir schauen aktiv nach weiteren Projekten", kündigte der Streamingdienst an.

Netflix hatte bereits vor einiger Zeit angekündigt, die übernatürliche Familiensaga "Dark" in Auftrag gegeben zu haben. Der Konkurrent Amazon stellte indes eine deutsche Serie von und mit Matthias Schweighöfer in Aussicht. Bei Netflix heißt es, man schätze das Vorhaben der EU-Kommission, europäische Produktion aufblühen lassen zu wollen. "Nichtsdestotrotz würden die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zu diesem Ziel führen", sagte der Netflix-Sprecher. Tatsächlich erscheint es äußerst fraglich, ob eine solche 20-Prozent-Quote den gewünschten Effekt bringen kann, schließlich dürfte diese die Investitionen in Produktionen von qualitativ hochwertigen europäischen Inhalten kaum steigern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie eine Nachfrage nach günstigen und bereits produzierten Füll-Inhalten ankurbeln wird.

EU-Kommissar Günther Oettinger spricht indes von einer "identitätsstiftenden Maßnahme" - und ganz neu ist die Forderung ohnehin nicht. In vielen europäischen Ländern, darunter Frankreich und Spanien, müssen sich Fernsehsender schon jetzt an eine Quote halten. In Deutschland gibt es eine solche Quote hingegen nicht.

Unterdessen schlägt die EU-Kommission mit Blick auf Fernsehwerbung mehr Flexibilität vor. Zwar soll die Obergrenze von 20 Prozent zwischen 7 und 23 Uhr erhalten bleiben - anstelle der derzeit erlaubten zwölf Werbeminuten pro Stunde sollen Sender künftig jedoch freier entscheiden können, wann sie Tagesverlauf Werbung gezeigt werden soll. Man will ihnen außerdem mehr Flexibilität beim Einsatz von Produktplatzierungen und Sponsoring einräumen - "solange die Zuschauer darüber informiert werden", heißt es.

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