Vor rund einer Woche hat die "Zeit" erstmals von einem großen Umbau bei der "Berliner Zeitung" berichtet und Details zu möglichen Zukunftsplänen der Mediengruppe DuMont veröffentlicht (DWDL.de berichtete). Nun hat der Konzern diese Infos weitestgehend bestätigt: Mit der Berliner Newsroom GmbH wird ein neues Unternehmen gegründet, in dem die Redaktionen von "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" fusionieren sollen. Beide Titel werden künftig an einem Ort produziert, auch die digitalen Produkte sollen hier entstehen.

Bereits zum 1. November wird die neue Gesellschaft die Verantwortung für die beiden Titel tragen. Abgeschlossen sein soll der Aufbau des neuen Newsrooms bis Mitte des kommenden Jahres. Als Chefredakteur wurden Jochen Arntz ("Berliner Zeitung"), Elmar Jehn ("Berliner Kurier") und Thilo Knott (Digital) berufen. Vorgesehen sind im neuen Newsroom laut DuMont 140 Stellen, das sind etwa 50 weniger als bislang. DuMont setzt also kräftig den Sparstift an, betont aber, dass man sich bei der Bezahlung an den Tarifvertrag "anlehnen" will. Ungleichheiten im Gehaltsgefüge von Online-Redakteuren sollen "zumindest schrittweise angeglichen werden". Arntz legt Wert auf die Feststellung, dass man "keine Billigredaktion" plane.


Erste Projekte, die im neuen Newsroom angegangen werden sollen, sind unter anderem die Neu-Konzeptionierung der Print-Titel, die inhaltliche Überarbeitung der Webseiten sowie die Echtzeitanalyse über alle Medienkanäle hinweg. "Außerdem gehören die Digitalisierung der Magazine sowie die Etablierung einer neuen nutzerorientierten Newsletter-Welt dazu", lässt DuMont wissen.

Die derzeitigen Mitarbeiter werden in die neue Gesellschaft überführt. Dafür müssen sie sich laut "Meedia" neu bewerben, damit kann sich der Verlag sein zukünftiges Team selbst zusammensetzen und muss nicht auf soziale Gegebenheiten der einzelnen Mitarbeiter achten. In den bestehenden Redaktionen von "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier" könnte es nach dem Aufbau des neuen Newsrooms zu Betriebsschließungen kommen. Dafür will die Geschäftsführung nun Gespräche mit dem Betriebsrat aufnehmen.

Dort zeigt man sich aber wenig überraschend entsetzt von den Sparplänen des Verlags. "Von 'Neuanfang' ist die Rede, tatsächlich aber geht es um knallharte Sanierung", sagt Betriebsratsvorsitzende Renate Gensch. "DuMonts 'Perspektive Wachstum' ist in Berlin ein Projekt Kahlschlag. Jeder dritte Beschäftigte in den Redaktionen von 'Berliner Zeitung' und 'Berliner Kurier' soll seine Arbeit verlieren – insgesamt rund 50 Kolleginnen und Kollegen. Für die verbleibenden Mitarbeiter sollen sich die Arbeitsbedingungen drastisch verschlechtern." Man werde sich gemeinsam mit den Beschäftigten gegen die Pläne wehren, kündigt Gensch an.

Die Chefredakteure der neuen Gesellschaft (v.l.n.r.): Jochen Arntz, Thilo Knott, Elmar Jehn

Auch der Redaktionsausschuss der "Berliner Zeitung" ist mit den Umbauplänen nicht einverstanden. Deren Sprecher Frederik Bombosch erklärt: "Mit seinen Plänen für den Umbau am Standort Berlin gefährdet unser Verlag die Zukunft unserer Redaktion." Man begrüße zwar, dass es nach langem Zögern eine Strategie für die Entwicklung des Digitalgeschäfts gebe. "Doch es lässt sich nicht umsetzen, wenn die Redaktion auf diese Weise kaputtgespart wird. Wenn unser Besitzer DuMont sein Bekenntnis zum Qualitätsjournalismus ernst nimmt, muss er diese Pläne zurücknehmen."

DuMont spricht derweil tatsächlich von einem "ausdrücklichen Bekenntnis zur publizistischen Qualität". Für DuMont-Aufsichtsrat Hans Werner Kilz liegt die Alternative auf der Hand: "Entweder wir begleiten die 'Berliner Zeitung' und den 'Berliner Kurier' noch zwei Jahre beim Niedergang oder aber wir wagen einen Neuanfang. Das erfordert die Offenheit, Strukturen gänzlich und mitunter radikal neu zu denken. Nur wenn dieser Neuanfang gelingt, können wir unseren publizistischen Auftrag sicherstellen", sagt er und verteidigt damit die Pläne der Geschäftsführung.

Digital-Chefredakteur Thilo Knott sagt zum Umbau. "Mit dem neuen Berliner Newsroom geht die DuMont Mediengruppe konsequent den Weg eines echten Neuanfangs, wie ihn disruptive Entwicklungen auch in anderen Branchen verlangen. Mit dem höchst modern ausgestatteten Newsdesk im Berliner Newsroom und dem Berlin24-Team als Nukleus wird die konsequente Digitalisierung vorangetrieben. Damit wird es künftig möglich sein, die Arbeit an den beiden Titeln bestmöglich zu verzahnen und unsere Geschichten durch intelligente Steuerung  in die verschiedenen Kanäle einzuspielen. Damit einher geht eine neue Form der Arbeitsorganisation und eine Arbeitsweise, die geprägt ist von einer Kultur des Lernens und Ausprobierens bzw. dem dauerhaften Arbeiten in einer ständigen Betaphase."

Christoph Bauer, Vorstandsvorsitzender der DuMont Mediengruppe, betont, dass es ein "weiter wie bisher" nicht habe geben können. "Dies war keine zukunftsfähige Alternative". Nur ein kompletter Neuanfang könne die wirtschaftliche und publizistische Unabhängigkeit und Qualität sicherstellen Bauer: "'Berliner Zeitung' und 'Berliner Kurier' sollen langfristig wichtige publizistische Stimmen in der Hauptstadt sein."

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