Wenn es stimmt, dass Geld Produzentenherzen höher schlagen lässt, dann gab es zum Auftakt der Berlinale Anlass zum kollektiven freudigen Herzrasen. Erst wählte Kulturstaatsministerin Monika Grütters den Deutschen Produzententag der Produzentenallianz, um eine Aufstockung des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) zu verkünden. Dann holte sich ZDF-Intendant Thomas Bellut den nach eigenem Bekunden "angenehm warmen Applaus" für die neuen Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit Produzenten ab, die laut Alexander Thies, dem Vorsitzenden der Produzentenallianz, vor allem eines bewirken: "Es ist jetzt insgesamt mehr Geld im System."

Schon in diesem Jahr, voraussichtlich ab Sommer, wird der Etat des DFFF um 25 Millionen auf dann 75 Millionen Euro erhöht. "Ich will einen zusätzlichen Anreiz für internationale Aufträge an deutsche Produktionsdienstleister schaffen und die deutschen Produktionsstandorte wie zum Beispiel die Filmstudios in Potsdam-Babelsberg, München oder Köln wettbewerbsfähig halten", sagte Grütters. In Absprache mit dem Bundesfinanzminister werde sie dazu eine eigene, speziell auf Großproduktionen zugeschnittene Förderlinie einrichten.

 

Das neue Fördervolumen dürfte nicht nur dazu dienen, Hollywood & Co. wieder verstärkt in deutsche Studios zu locken, sondern auch dafür sorgen, dass deutsche Großproduktionen nicht mehr so oft aus Kostengründen nach Prag oder Budapest ausweichen müssen. "Für die Folgejahre ab 2018 führe ich derzeit die Haushaltsgespräche zu meinem Kulturetat mit dem Bundesfinanzminister", so Grütters. "Ich bin, so viel kann ich jetzt schon sagen, sehr zuversichtlich, dass ich noch weitere substanzielle Erhöhungen des DFFF erreichen werde, um den Filmstandort Deutschland, nicht zuletzt auch für innovative deutsche VFX-Unternehmen, nachhaltig und dauerhaft international wettbewerbsfähig zu halten." 

Die guten Nachrichten vom Mainzer Lerchenberg waren im Unterschied dazu zwar nicht mehr ganz neu – ZDF und Produzentenallianz hatten sich im Dezember auf erweiterte "Rahmenbedingungen einer fairen Zusammenarbeit" geeinigt (DWDL.de berichtete). Doch beim Produzententag konnte ZDF-Intendant Bellut im Gespann mit Programmdirektor Norbert Himmler und Justiziar Peter Weber zum ersten Mal vor der versammelten Schar der Betroffenen über die Details sprechen. "Es wäre ja unfair, wenn sich der Gegner zu schnell hinwirft", scherzte Bellut zu Beginn. "Deshalb haben wir zwei Jahre lang hart verhandelt."

Die wesentlichen Neuerungen aus seiner Sicht: mehr Kalkulationsrealismus, der dafür sorgt, dass Positionen wie Producer, Headautor oder Herstellungsleiter sowie Rechtsberatungs- und Arbeitsschutzkosten der Produzenten künftig in Kalkulationen anerkannt werden; für längere Verweildauern in der Mediathek (O-Ton Bellut: "unsere Wahrnehmungsvergewisserung für die Zukunft") wird der Gewinnaufschlag der Produzenten um bis zu einen Prozentpunkt erhöht; die Erlösbeteiligung der Produzenten an Verwertungen im Ausland oder im Home Entertainment steigt von 16 auf 20 Prozent der Bruttoerlöse; nach fünf gemeinsamen Produktionen (O-Ton Bellut: "der Übergang vom Honeymoon zur geregelten Beziehung") braucht ein Produzent für Vorauszahlungen bis 600.000 Euro keine Bankbürgschaft mehr.

Dass trotz Kompromiss noch immer Streit in wesentlichen Punkten besteht, machte die anschließende Diskussionsrunde deutlich. Zwar bezeichnete Christoph Palmer, Geschäftsführer der Produzentenallianz, die 2016 erzielten Vereinbarungen mit ARD und ZDF als "größten Fortschritt für die Produktionsbranche seit Jahrzehnten", sagte aber auch: "In der Frage der Rechteaufteilung sind wir noch meilenweit auseinander. Da sind wir richtig aufeinandergeknallt und haben uns über Monate hinweg gefetzt." In ihrer Einigung mit der ARD hatte die Produzentenallianz durch ein komplexes Schichtenmodell mehr bei der Rechtefrage erreicht (DWDL.de berichtete).

ZDF-Programmdirektor Himmler verwies darauf, dass bereits 15 bis 20 Prozent seiner Auftragsproduktionen teilfinanziert seien, der jeweilige Produzent also mit ins Risiko gehe. In solchen Fällen sehen die Rahmenbedingungen vor, dass die Rechte "individualvertraglich vereinbart" werden. Oder wie Bellut es zuvor formulierte: "Nichts ist nicht verhandelbar, außer die Rechte, die wir zwingend zur Erfüllung unseres Funktionsauftrags benötigen." Himmler wiederum lieferte eine Erklärung dafür, wieso das ZDF beim Thema Rechte anders verhandelt habe als die ARD – eine kleine Spitze gegen die Systemkollegen: "Wir kriegen eben weitaus mehr vollfinanziert als eine ARD-Anstalt, die immer erst zwei, drei weitere Anstalten zur Finanzierung größerer Projekte braucht."

Dass es bei Film und Fernsehen nicht nur ums Geld geht, machte auf eindringliche Weise Beta-Film-Chef Jan Mojto klar, der beim Produzententag eine Keynote über das internationale Potenzial deutscher Werke hielt. "Es gibt Werte, die nicht dem Zahn der Zeit geopfert werden dürfen", so Mojto. "Sie als Produzenten können daran mitwirken, diese Botschaft in die Welt zu tragen." Kein anderes europäisches Land habe seine eigene Geschichte so ausführlich im Film verarbeitet wie Deutschland und die Erfahrungen aus der Vergangenheit damit gegenwärtig gemacht.

Zwar belege Deutschland im europaweiten Vergleich den dritten Platz beim Marktanteil seiner Filme im Ausland – mit 0,54 Prozent freilich weit abgeschlagen hinter Großbritannien und Frankreich, zitierte Mojto die entsprechenden Kino-Statistiken. "Aktuell erleben wir eine große Aufmerksamkeit für und Neugier auf das, was aus Deutschland kommt. Das sollten wir nutzen und fördern. Produzenten sind dabei keine Almosenempfänger, sondern wichtige Botschafter für universelle kulturelle Werte."