Der Fußball nimmt insbesondere im Fernsehen großen Raum ein. Wird Fußball überbewertet - und wie können andere Sportarten aus dem Schatten treten?

Marco Hagemann, RTL / Eurosport: "Der Fußball ist fast zu groß geworden für alle anderen Sportarten. Sender müssen an die anderen Sportarten glauben, sie präsentieren. Das passiert ja auch. Dennoch wird dem Fußball häufig eine zu große Bedeutung ausgesprochen. Ganz ehrlich und bei allem Respekt. Aber muss denn auch 4. Liga übertragen werden? Irgendwann ist doch gut und tut den anderen Sportarten einfach nicht gut. Ich glaube, dass die anderen Sportarten, und ich spreche von den Vereinen und nicht von den jeweiligen Nationalteams, aktuell kaum eine Chance haben, aus diesem Schatten herauszutreten. Stichwort Tennis: Dort fehlt ein Hero oder eine Heldin, wie seinerzeit Becker oder Graf. So schade, wie es ist: Nur Erfolge sorgen für Aufmerksamkeit."

Monica Lierhaus, Sky: "Fußball ist ein absolutes Phänomen. Verhältnismäßig Wenige spielen aktiv, aber alle gucken es, jeder kann mitreden und die Emotionen kochen dabei hoch. Besonders die Events wie EM oder WM zeigen, dass dies für fast alle Nationen gilt. Also ganz klar: Nein, Fußball wird nicht überbewertet. Allerdings tut es mir oft in der Seele weh, wenn ich erlebe, dass andere tolle Sportarten im Gegensatz dazu eher stiefmütterlich behandelt werden. Man kann beim Zuschauer auch Begeisterung für eine Sportart wecken, wenn man ihm die Chance gibt, diese zu erleben. Es ist ein bisschen wie beim Huhn und dem Ei – das eine gibt es nicht ohne das andere: Die Sportverbände benötigen die Unterstützung der Medien und die Medien benötigen attraktive Sportarten oder Sportler für die Berichterstattung.

Dirc Seemann, Sport1: "Dem Fußball ist es gelungen, sich in diesen großem Raum festzusetzen, weil die Zuschauer so entschieden haben. Damit ist der Fußball nicht überbewertet, sondern spiegelt das Interesse der Fans wide. Andere Sportarten treten besonders dann aus dem Schatten, wenn deutsche Helden international Erfolge feiern – wie das DHB-Team bei der EM. Vor allem beständige Erfolge deutscher Nationalmannschaften und Einzelsportler können für eine langfristig größere mediale Präsenz sorgen. Die fortwährende Dominanz des Fußballs darf Verbände, Ligen und Klubs anderer Sportarten aber abgesehen von der sportlichen Komponente nicht entmutigen, sondern sollte zu noch mehr Kreativität animieren: Neue Gesichter aufbauen, Stars optimal präsentieren, tolle Geschichten erzählen und für Medien passgenau transportieren. Diese Hausaufgaben gilt es zu erledigen, um auch andere Sportarten noch stärker in den Fokus von Öffentlichkeit und Medien zu rücken. Ein ‚Best Case‘-Beispiel ist hier Professional Darts Corporation mit der erfolgreichen Inszenierung und Präsentation des Dartssports und seiner Protagonisten."

Sabine Töpperwien, WDR: "Fußball wird überhaupt nicht überbewertet. Es gibt keine andere Sportart, die derart komplex an taktischen Möglichkeiten ist und von der so viele Menschen Ahnung haben, um über sie diskutieren zu können. Fußball verbindet Männer und Frauen, wirkt Generationen übergreifend. Eine solche Volkssportart gibt's nur einmal, da können andere attraktive Sportarten nur punktuell und kurzzeitig bei großen Erfolgen aus dem Schatten des Fußballs springen."

Wolf-Dieter Poschmann, ZDF: "Es ist im TV wie im richtigen Leben: nicht Leistung wird belohnt und geachtet, sondern Erfolg. Wir leben nicht in einer Leistungsgesellschaft, sondern in einer Erfolgsgesellschaft. Erfolg ist auch abhängig vom Markt, also Angebot und Nachfrage. Das erklärt die Dominanz des Fußballs in Deutschland, in anderen Ländern ist die Nachfrage durchaus unterschiedlich, Eishockey in Finnland, Rugby in Australien, Basketball oder Football in den USA. Das wird sich auch so schnell nicht ändern, aber außergewöhnliche Leistungen und herausragende Persönlichkeiten können anderen Sportarten zeitweise einen Schub geben, Basketball durch Nowitzki, Tennis durch Becker/Graf, Golf durch Langer, Boxen durch Maske."

Hansi Küpper, Sat.1: "In der Breite funktioniert in Deutschland dauerhaft nur Fußball. Diese absolute Dominanz wird nur durch Helden - Becker, Graf, Schumi -, besondere Events - Wintersport-  oder herausragende Turnierleistungen - Handball-EM - zumindest vorübergehend gebrochen."