Über Jahre hinweg hatte Sat.1 am Nachmittag die Marktführerschaft inne: Mit seinen Gerichts- und Ermittlershows traf der Sender den Geschmack des Publikums, doch nicht zuletzt die jüngeren Zuschauer kehren "Richterin Barbara Salesch" & Co. inzwischen so langsam den Rücken zu. Längst überholt wurden diese Formate, die den Boom der Laiendarsteller im deutschen Fernsehen auslösten, von einem Genre, dessen Name bei vielen für Bauchschmerzen sorgt: Scripted Reality.

Blickt man auf Fernseh-Trends des vergangenen Jahrzehnts zurück, kommt man an der von Autoren erdachten vermeintlichen Realität freilich nicht vorbei - zu erfolgreich ist RTL seit nunmehr zwei Jahren mit seinen Formaten "Familien im Brennpunkt" und "Verdachtsfälle" unterwegs. Schon als beide Sendungen am 30. August 2009 erstmals auf Sendung gingen, musste sich die Konkurrenz warm anziehen: Die "Verdachtsfälle" starteten damals mit knapp 19 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe, "Familien im Brennpunkt" gar mit 23,4 Prozent.

Von solchen Werten musste RTL bis zu diesem Tag lange Zeit träumen - und doch war das erst der Anfang. Nach wie vor sind die Scripted Reality-Formate regelmäßig für Marktanteile von mehr als 30 Prozent gut, zudem sind "Die Schulermittler", "Betrugsfälle" oder die am Wochenende ermittelnden "Trovatos" ähnlich erfolgreich. Das Prinzip solcher Formate ist schnell erklärt: Im Dokusoap-Stil gehalten, werden Familien, zerstrittene Paare oder verrückte und bisweilen gar peinliche Protagonisten mit der Kamera begleitet. Weil es sich dabei um Laienschauspieler handelt, sind den Geschichten kaum Grenzen gesetzt.