"Ihr seid die Straßenmusikanten und wir die Philharmoniker".

Ein befreundeter Kinofilm-Produzent brachte es auf den Punkt: Wir Fernsehmenschen sind Fastfood-Verbrecher, die Ernsten und Verantwortungsvollen (also alle anderen) sind die Gourmets, wir sind Blödiane, die das nur produzieren, weil Ihnen nix Besseres einfällt. Tausende von Menschen arbeiten tagtäglich mit Inbrunst und Teufelskraft an der Geistes-Vergiftung des Volkes, welches nur aus Schöngeistern und Philantropen bestünde, gäbe es uns nicht.

Und es bedurfte eines Greises, uns das jetzt mal endlich zu sagen.

Nur die dümmsten Kälber...

Ein Greis, der uns ahnen ließ, wie er sich zu seinen Fernsehzeiten wohl auf seine Sendungen vorbereitete (nämlich gar nicht). Ein Mensch, der nicht wusste, wovon er spricht und es deswegen - weil Wissen ja letztlich doch nur belastet - lauthals tat, ein alter Zerberus, der Preisträger der Gegenwart und der Vergangenheit, Auditorium und - ganz untergegangen - das Publikum, das all dem Müll seinen Erfolg beschert, von Arroganz und Erhabenheit gefärbt, beleidigte. Und sich auch noch darin baden konnte, dass das beschimpfte Volk am Ende aufstand und sich mit Standing Ovations für seine Unverschämtheiten bedankte.

In der Diskussion um die MRR-Spiele im ZDF zeigte in dieser Woche die Fernsehbranche ihre volle Paranoia. Fast alle Spontanreaktionen waren: „Er hat doch recht", gipfelnd in den ebengenannten Ovationen nach der Beschimpfung. Dann schwante Vielen, dass man grade einem Verführer auf den Leim gegangen ist, der beschämend populistische Allgemeinplätze benutzte, um die Massen zu blenden und zu manipulieren, so wie er es während seiner gesamten Fernsehzeit immer tat: Draufhauen und mal gucken, wer stehen bleibt.

Respektlos und Unanständig war das.

Viel, viel, viel...

Die Wahrheit lautet: Nie war Fernsehen so gut, so reichhaltig, so vielschichtig wie im Jahre 2008. Wer im Ausland fern sieht weiß, dass das deutsche Fernsehen das beste der Welt ist. Natürlich gibt es viel zu viel. So wie es viel zu viele Printmagazine und Tageszeitungen, viel zu viele Automarken und Versicherungen, viel zu viele Joghurts in den Regalen und viel zu viele Buchkritiker gibt. Nur kennen wir das meiste nicht, kümmern uns nicht drum oder ignorieren es einfach.

Es gibt kein demokratischeres Medium als das Privatfernsehen. Wir investieren Milliarden, um diese Dienstleistung kostenlos dem Endverbraucher zur Verfügung zu stellen. Absolut einmalig in der Wirtschaftswelt. Wir haben jeden Morgen das Ergebnis unseres Tuns "in der Kasse", wir sehen, ob´s gefiel oder nicht. Gnadenlos und manchmal desillusionierend. Der Kunde Zuschauer stimmt in Sekundenbruchteilen mit dem Daumen ab. Das alles tun die meisten von uns voller Energie, Hingabe und Willen. Immer im Kampf um das Bessere. 90 % der Fernsehmacher sind keine Zyniker oder ausgebrannte Schwachköpfe, die nichts können. All diese Menschen und deren Kunden, die deutschen Fernsehzuschauer, hat MRR beleidigt.

Lieber MRR: Schauen Sie das, was Ihnen gefällt. Vertrauen Sie den Menschen, dass sie selbst für sich entscheiden können, wie sie fernsehen. Kämpfen Sie dafür, dass unsere Kinder in Zukunft Medienerziehung in der Schule haben. Überprüfen sie ihr Menschenbild und nehmen Sie in diese Klausur ihre Freundin Elke Heidenreich mit und sagen ihr, dass sie nicht auf den Rausschmiss beim ZDF warten muss, sondern zurücktreten darf. Es wird sie keiner aufhalten.

Und eins noch: Fragen Sie sie mal, wann sie zuletzt die "Meisterwerke Matinee" sonntags auf Tele 5 geschaut hat. Kennen Sie nicht? Gibt es aber! Anspruchsvoll!

"Zu Preisverleihungen geht man nur, wenn man nominiert ist." Charlize Theron

Grübelt, denkt, zweifelt, spinnt, träumt und visioniert. Aber bitte mit Mut, Zuversicht und Lautstärke. Tanzt, tanzt, vor allem aus der Reihe

Ahoi!
Kai Blasberg

Diese Woche in Dur...

  • 37 Grad Reportage im ZDF (schockierend und anrührend)
  • Brandner Kaspar (seelenreich bayerisch und supersüß, unbedingt ansehen)
  • Tagesmarktanteil-Rekord auf Tele 5
  • Kinderschokolade-Plagiat von Aldi (leckerst)
  • Berufskollegen, die mich loben (brauch ich auch mal)
  • Ein Thomas Gottschalk, es gibt nur einen Thomas Gottschalk (das kann nur ER, brillant)

...und in Moll

  • gibt es heute nicht, mag nicht mehr motzen...:-)