ProSieben-Unterhaltungschef Benthues redet Klartext
Ein Event dominiert derzeit die Programmplanung bei ProSieben wie kein anderer, daher die erste Frage: Der „Red Nose Day“ 2005 soll größer und besser werden. Das kann man am Spendenstand messen oder an der Show: Wie also wollen Sie den „Red Nose Day“ des letzten Jahres übertrumpfen?
Klar, der Spendenstand hat an so einem Abend höchste Priorität, da tritt die Einschaltquote auch mal in den Hintergrund. Wir werden dieses Jahr inhaltlich musik-lastiger. Wir werden gestandene Hardrocker wie die Toten Hosen ebenso dabei haben wie eine Big Band, die unterstützt von Stefan Raab und Max Mutzke, den Abend begleitet. Sarah Connor wird den „Red Nose Day“-Song singen, die erste Liga der StandUpper wird auftreten und voller Ehrfurcht vor dem Genie wir werden ein paar sehr nette Loriot-Sketche auf der Bühne nachspielen. Wir haben auch Auftritte bei denen Stars Duette der Musikgeschichte nachsingen. Es wird also sehr kurzweilig.
In diesem Jahr gibt es auch eine besondere Zusammenarbeit mit dem englischen „Red Nose Day“. Wie sieht das aus?
In England wird dieses Jahr der zwanzigste „Red Nose Day“ gefeiert. Geplant sind Live-Schalten zu den Kollegen in England die am selben Abend dort den diesjährigen „Red Nose Day“ begehen. Da klinken wir uns dort ins Programm ein. David Bowie will einen Sketch spielen, „Mr. Bean” tritt als Spiderman 3 auf und auch Bono von U2 wird dort dabei sein.
Jetzt ist die Veranstaltung einer solchen Spendengala auch teil des Selbstverständnisses von ProSieben als Vollprogramm. Weiteres Merkmal eines solchen: Die Nachrichten. Sind sie zufrieden mit der kürzlich gestarteten Newsoffensive?
Grundsätzlich kann ich sagen, dass wir da sehr zufrieden sind. Es war ein mutiger Schritt sämtliche Designs zu ändern und mit neuen Gesichtern und einem neuen Format wie „Prompt“, das sich gerade findet, zu überraschen. Wir versuchen nicht nur Stärken zu stärken, sondern auch Bereiche auszubauen, in denen man stärker wahrgenommen werden will. Wir wissen aber, dass es Zeit braucht, aber wir nehmen uns da auch die Zeit. So wie der „Red Nose Day“ in Bezug auf andere Spendengalas eine verrückte Ausstrahlung hat, so haben auch unsere Nachrichten einen eigenen Stil.
Weil sie selbst von „verrückter Ausstrahlung“ sprachen: Es gab Kritik am sehr neumodischen und Science-Fiction-lastigem Design der neuen Hauptnachrichten „Newstime“…
Effektvoll heißt ja nicht gleich unseriös. Unsere Idee dahinter: Es ist ein mehrstöckiges Hochhaus – der Opener zeigt wo es stehen könnte – und dann haben sie in jeder Etage eine Redaktion und fahren in einem virtuellen Fahrstuhl daran vorbei bis nach ganz oben zu den Hauptnachrichten. Das ist eine sehr stringente und innovative Idee, wie ich finde.
„Prompt“ um 18.30 Uhr kämpft derzeit noch mit den Quoten, macht es dem Zuschauer aber auch nicht leicht: Wo genau soll eigentlich der Unterschied zwischen den beiden Boulevardmagazin „taff“ und „Prompt“ liegen, die so kurz hintereinander senden?
Sicherlich erfinden sich die Themen innerhalb von zwei Stunden nicht neu, aber die Berichterstattung und die Herangehensweise sollen bei „Prompt“ anders sein als bei „taff“. Bei „taff“ ist es etwas boulevardesker, „Prompt“ tendiert Richtung Hardnews und ergänzt unsere Nachrichten. Das muss dem Zuschauer noch besser begreiflich gemacht werden, aber wir sind auf dem besten Weg.
Zurück zu ihrem Kerngebiet der Unterhaltung: Die Absetzung der hochgelobten und selbst von Harald Schmidt für lustig befundenen Sendung „Mein neuer Freund“ hat große Wellen geschlagen. Hat das Wirkung gezeigt?
DWDL-Bildershow
Der Red Nose Day-Presseabend in Bildern
Es ist ein sehr innovatives und spektakuläres Format, welches vor allem durch die fantastische schauspielerische Leistung von Christian Ulmen besticht. Wir haben momentan das Problem in der Konkurrenz-Situation zu den Krimiserien bei VOX und „Big Brother“ auf diesem Sendeplatz. Ich sehe in der Schwäche von „Mein neuer Freund“ also nicht die Schwäche des Formats, sondern des Sendeplatzes. Aus diesem Grunde haben wir uns, auch wenn es erst mal schmerzhaft ist, dazu entschlossen, es aus der Schusslinie zu nehmen. Wir werden relativ bald, und das versuchen wir in dieser Woche zu klären, mit „Mein neuer Freund“ auf einem neuen späteren Sendeplatz wieder kommen, wo Ulmen auch sein Publikum findet. Damit werden wir der Sendung besser gerecht. Also es wird noch in diesem Quartal, vielleicht Anfang des zweiten Quartals wieder on air gehen.
Eine zweite, weniger erfolgreiche aber hochgelobte Sendung: „Stromberg“. Obwohl es eine Kopie der BBC-Produktion „The Office“ ist, gab es für Christoph Maria Herbsts Darstellung des Chefs viel Zuspruch. Wird die Serie in eine zweite Staffel gehen?
Also von unserer Seite ja. Wir haben immer an Köpfe geglaubt, ob bei Bully oder Stefan Raab und die Kraft durchzuhalten, hat sich dann irgendwann auch immer ausgezahlt. Deswegen glauben wir im Sender, etwas ganz besonders zu schaffen haben, damit wir mit „Stromberg“ in eine zweite Staffel gehen.
Einen Problemfall hat ProSieben vom ZDF geerbt: Barbara Schöneberger. Gerngesehener Gast in vielen Sendungen, aber sobald sie ein eigenes Format präsentiert, verlässt sie das Glück – zuletzt bei „Soundtrack of my life“. Zum Verzweifeln?
Ich persönlich glaube sehr an Barbara Schöneberger. Wir fahren da so ein bisschen die Strategie, vorausgesetzt sie sieht das auch so, ihr bei ProSieben ein Standbein zu verschaffen - sie bei uns ankommen zu lassen. Ich bedauere es sehr, dass „Soundtrack of my life“ nicht die Erwartungen erfüllt hat, aber das liegt auch an der eben schon beschriebenen Problematik des Sendeplatzes am Montag. Wir werden bei Barbara Schöneberger aber nicht müde für sie Formate zu finden, weil ich glaube sie ist jetzt schon eine feste Größe im ProSieben-Programm und ich nicht vorhabe, sie für ProSieben zu verlieren. Barbara Schöneberger wird bei uns noch ihre PrimeTime-Heimat finden.
Der Montagabend scheint für ProSieben ein echter Problemfall zu sein. Helfen da nach „Der Burg“ nur noch Fiction-Programmierungen mit Spielfilmen und Serien? Eigenproduktionen haben es an diesem Abend offenbar sehr schwer…
Sowohl als auch. Das wäre zumindest erst einmal eine verlässliche Größe bei ProSieben. Wir brauchen erst einmal Zeit uns bei den Formaten an diesem Abend zu finden, um den Abend dann systematisch neu aufzubauen. Wir haben in letzter Zeit dort nicht die richtigen Dinge gebracht, das muss man auch selbstkritisch eingestehen. Nichtsdestotrotz muss man gerade dann neue Ideen entwickeln. Aber spektakuläre Ideen und Formate brauchen ihre Zeit, von da aus ist eine zwischenzeitliche Spielfilmprogrammierung so lange eine verlässliche Größe. Aber nochmal: Ich probiere lieber Neues und fahre dann halt auch mal mit einem jungen innovativen Format an die Wand. Solange mein Geschäftsführer das genauso sieht, mache ich meinen Job sehr gerne.
Ein strahlender Stern bei ProSieben ist derzeit Oliver Pocher. Überall präsent im Programm, durch seinen Werbedeal noch bekannter geworden und z.B. die Zeitschrift „Max“ widmete ihm kürzlich erst eine Titelreportage. Ist Pocher das neue ProSieben-Gesicht?
Oliver Pocher ist auch jemand, an den wir sehr früh geglaubt haben. Dem wir auf dem sehr geschützten Sendeplatz um 23.15 Uhr eine Heimat gegeben haben, der sein Publikum bei ProSieben eingesammelt hat und eine feste Größe geworden ist. Er ist sicher auch einer der talentiertesten Nachwuchsentertainer. Eine klare Positionierung unserer Entertainer ist für den Sender und die Künstler wichtig und daran haben wir gemeinsam mit den Künstlern gearbeitet: Die Sendung 'TV total' mit Stefan Raab entwickelt sich von Jahr zu Jahr weiter und Stefan behandelt heute andere Themen und Themen anders als vor zwei Jahren. Hier zu bietet Oliver Pocher mit 'Rent a Pocher' eine sinnvolle Ergänzung.
Für den derben Humor bei ProSieben ist also künftig Oliver Pocher zuständig. Raab gibt dieses Feld ab?
So kann man es sagen. Oliver Pocher und Stefan Raab sind natürlich ganz unterschiedliche Charaktere aber insgesamt gesehen als Duo für den Sender sehr wichtig, sie ergänzen sich gut.
Seit einigen Monaten geistert immer mal wieder das Gerücht umher, dass Oliver Pocher möglicherweise Stefan Raab und „TV Total“ beerben könnte. Was halten sie davon?
Das ist völliger Humbug.
Ihr Geschäftsführer hat kürzlich in einem Interview davon gesprochen, 2005 an zwanzig Samstagen mit Shows um die Quote zu kämpfen. Die Sendeplätze kann aber „Die 100 nervigsten..“ nicht allein bestreiten. Was kommt aus dem Bereich auf uns zu?
Von zwanzig war bei uns intern nie die Rede, höchstens wurde von bis zu zwanzig Samstagabenden gesprochen. Zu den Shows zählt natürlich „Die 100 nervigsten“…, da kommt auch sicher die ein oder andere Wok-WM, dann am Samstag statt unter der Woche. Darüber hinaus haben wir auch zwei ganz neue Formate in der Schmiede, von denen ich kurz etwas verraten kann. Eine Musikshow mit dem Arbeitstitel "German Rat Pack" und von Stefan Raab gibt es neben dem "Bundesvision Song Contest" und der "Wok-WM's" noch weitere Ideen für spannende Samstagabend-Show-Events auf ProSieben.
Neues von Raab am Samstagabend? Wie wird das aussehen?
Dazu verrate ich heute nicht mehr. Aber freuen sie sich drauf.
Zum Schluss eine kleine Wette: Am Mittwoch startet „The O.C. – California“ bei ProSieben. Wieviel Prozent holt es denn in der werberelevanten Zielgruppe?
Sie bringen mich noch an den Rande des Rausschmisses (lacht). Wenn ich bei anderen Sendungen schon mal gewettet habe, dann beschweren sich die Künstler und Beteiligten entweder, ich würde die Latte zu hoch legen oder Ihnen zu wenig zutrauen.
Aber auf welchem Level sollte es sich denn bewegen - um es harmloser zu formulieren…
„The O.C. – California” ist ein sehr junges Thema, was gut zu ProSieben passt. Wenn ich überlege, dass „Emergency Room“ 14 Prozent holt und „Sex and the City“ 18 oder 19 Prozent holte, dann sehe ich „The O.C. – California“ nach einer gewissen Anlaufzeit auch bei etwa 15 Prozent.
Dann die allerletzte Frage des Abends: Wie übersetzen sie das Kürzel unseres Medienmagazins?
Ich glaube „Das wissen die längst“.
Herzlichen Dank für das Gespräch