Der Streit um Mediakraft hat sein wohl bekanntestes Opfer gefordert: Wie das Multichannel-Netzwerk am Donnerstag mitteilte, wird Christoph Krachten die Geschäftsführung der von ihm mitgegründeten Firma verlassen. Grund seien unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung. Kurz vor Weihnachten hatte Simon Unge, der zu den erfolgreichsten deutschen YouTubern zählt, mit einem Video für Aufsehen gesorgt, in dem er ankündigte, seine beiden Kanäle, die es zusammen auf mehr als zwei Millionen Abonnenten bringen, aufgeben zu wollen.

Seit Monaten schon habe er sich juristisch mit Mediakraft gestritten, erklärte er damals, und warf dem Unternehmen fehlende Unterstützung, das Löschen von Videos und dubiose Geschäftspraktiken inklusive unverhohlener Drohungen vor. So sei ihm gedroht worden, ihn in die Privatinsolvenz zu treiben. Mediakraft hatte damals angekündigt, die Kritik sehr ernst nehmen zu wollen und äußerte die Hoffnung auf ein "schnelles, gütliches Ende". Gleichzeitig betonte das Netzwerk, Unge habe ein Product Placement in fünfstelliger Höhe angeboten bekommen, sich jedoch - offenbar nicht vertragsgemäß - für das Vermarktungsangebot eines Wettbewerbers entschieden.

Neben Unge verließen mit LeFloid und dem Comedy-Trio ApeCrime zuletzt weitere Stars das Netzwerk. Doch auch wenn Unges mit dem Hashtag "Freiheit" versehenes Video sehr emotional ausfiel, so erfüllte es letztlich doch seinen Zweck: Es wurde öffentlich diskutiert über das Verhältnis zwischen YouTube-Stars und Mediakraft - eines, das dem Anschein nach in manchen Fällen längst nicht so harmonisch war wie es nach außen hin dargestellt wurde. Die Debatte blieb nicht ohne Wirkung. Hinter den Kulissen von Mediakraft schien es in den vergangenen Wochen gehörig gebrodelt zu haben, wie die jüngsten Peronalentscheidungen zeigen. Erst Mitte Januar hatte mit Jan Schlüter der Vermarktungschef die Geschäftsführung verlassen - er soll das Unternehmen jedoch weiterhin als Berater unterstützen, hieß es. Mit Christoph Krachten geht nun zudem der Mann, der wie kein Zweiter für das Netzwerk stand.

Multichannel-Networks wie Mediakraft übernehmen quasi die Rolle einer Art Plattenfirma und kümmern sich um etwa um die Vermarktung diverser YouTube-Künstler. Angesichts tausender Kanäle ist es jedoch offenkundig zunehmend schwer geworden, jeden YouTuber intensiv zu betreuen. Hinzu kommt die zunehmende wirtschaftliche Überhitzung: Seit geraumer Zeit überbieten sich Medienunternehmen nun schon mit teils dreistelligen Millionenbeträgen, um Beteiligungen an den heiß begehrten Netzwerken zu erwerben - nicht selten zu Lasten der Nachhaltigkeit.

Christoph Krachten will seinen Rückzug bei Mediakraft indes nicht als Niederlage sehen. "Die Konsolidierung der Branche geht weiter", lässt er sich zitieren. "Auch Veränderungen in den Führungsstrukturen der großten Netzwerke sind ein Zeichen für den Wandel." Fortan wird sich Krachten, der seine Karriere in den 80er Jahren als Radioreporter beim WDR startete und von dort aus zum Fernsehen wechselte, auf die VideoDays konzentrieren. Als Geschäftsführer will er sich intensiv um die Organisation des größten YouTuber-Treffens Europas konzentrieren, das in diesem Jahr im Rahmen der Webweek erstmals auch in Berlin stattfindet.

Krachten wird der sich weiter professionalisierenden Branche also erhalten bleiben. "Ich freue mich jetzt, meine Arbeit zu 100 Prozent den VideoDays widmen zu können", betont er. "Dort mache ich genau das, was mich am meisten am Thema Onlinevideo begeistert: die intensive Zusammenarbeit den Künstlern. Nun können die VideoDays definitiv ihre Unabhängigkeit beweisen und eine Plattform für alle Künstler und alle Netzwerke bieten." Mit Blick auf Mediakraft ist Krachten überzeugt, das Unternehmen werde "seinen Weg machen und weiter die Medienbranche revolutionieren". Für die Revolution werden, so sie denn kommen wird, andere zuständig sein.

Mehr zum Thema