Augen zu und durch - so in etwa ließ sich die Reaktion von Facebook in den vergangenen Wochen auf die immer größer werdende Kritik am Umgang mit fremdenfeindlichen Kommentaren, offenem Hass und selbst Aufrufen zum Mord auf der Plattform zusammenfassen. Obwohl diese Beiträge vielfach von Nutzern gemeldet werden, hieß die ernüchternde Antwort von Facebook in fast allen Fällen stets, dass kein Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards vorliege, wie DWDL.de Anfang August dokumentiert hatte. Facebook äußerte sich dazu zwar, sah aber keine grundsätzlichen Probleme und blieb bei seiner Linie.

Die Kritik riss nicht ab und nun mischt sich auch die Politik ein. So gibt es heute ein Treffen zwischen Facebook und Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas. Im Vorfeld demonstriert Facebook nun guten Willen und hat drei neue Maßnahmen angekündigt, mit der man Fremdenfeinlichkeit und Rassismus auf der Plattform begegnen will. So will Facebook nun Mitglied der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM) werden. Die FSM soll gewissermaßen das Facebook Community Operations-Team, bei dem sämtliche gemeldeten Beiträge auflaufen und geprüft werden, mit seiner Erfahrung unterstützen.

FSM-Geschäftsführer Otto Vollmers erklärt: "Die FSM hat langjährige Expertise im Umgang mit kontroversen Onlineinhalten und der schwierigen Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz anderer grundgesetzlich geschützter Rechte, etwa dem Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde. Zusammen mit Facebook können wir gemeinsame Lösungen erarbeiten, um kontroverse Fälle im Sinne dieser sensiblen und schwierigen Güterabwägung zu adressieren."

Zum zweiten strebt Facebook den Aufbau einer "Task-Force zum Umgang mit Hassreden im Internet" an, dem Unternehmen, Nicht-Regierungs-Organisationen und Politiker angehören sollen. Ziel sei es, "geeignete Lösungen zu erarbeiten um Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu entgegnen und dies auch online darzustellen". Zur Mitarbeit einladen will man dazu unter anderem gemeinnützige Organisationen wie "Netz gegen Nazis" oder "Laut gegen Nais", aber auch die FSM, Politiker und Vertreter anderer Online-Dienste.

Bei Facebook ist man aber weiterhin davon überzeugt, dass das Sperren von Beiträgen die Ausnahme bleiben muss - stattdessen setzt man auf das Konzept der "Counter Speech", also der Gegenrede, und möchte eine breite Kampagne zur Förderung dieser starten. Im Wesentlichen bedeutet das, dass man fremdenfeindlichen Postings, und seien sie auch noch so dumpf, mit rationalen Argumenten begegnen soll, die in sachlicher Art vorgetragen werden. "Facebook ist davon überzeugt, dass soziale Medien effektiv dafür eingesetzt werden können, um Ansichten wie Fremdenfeindlichkeit zu diskutieren und zu hinterfragen", heißt es in einer Mitteilung des Netzwerks. Um diese Kultur der Counter Speech zu fördern, sollen interessierten Organisationen Beispiele aus aller Welt vorgeführt werden, unterstützt durch Experten aus Großbritannien und Skandinavien.

"Die Unterhaltungen, die auf Facebook stattfinden, spiegeln die Vielfalt einer Gemeinschaft mit mehr als einer Milliarde Menschen wider. Es ist eine ständige Herausforderung, die Interessen dieser vielfältigen Gemeinschaft abzuwägen und wir sind stets bemüht, unsere Richtlinien und Prozesse noch effektiver und sensibler an die Bedenken lokaler Gemeinschaften anzupassen", sagt Eva-Maria Kirschsieper, Policy Manager Deutschland von Facebook. Sie verweist darauf, dass die große Mehrheit der Nutzer Facebook in positiver Weise nutze und beispielsweise auch humanitäre Hilfe über Facebook organisiert werde. "Eine sehr kleine Minderheit an Leuten hat jedoch Inhalte verbreitet, die offensichtlich die Linie akzeptabler Meinungsäußerung überschreiten und wir erkennen die damit verbundenen Bedenken an" - zumindest räumt Facebook also nun mal ein Problem ein.

"Die Flüchtlingskrise in Europa stellt auch weiterhin die Einstellungen und Richtlinien von Regierungen, Gemeinschaften und Medienplattformen auf die Probe. (...) Wir begrüßen politische Debatten auf unserer Plattform und glauben, dass es besonders wichtig ist, diese bei kontroversen Themen zuzulassen. Diese Debatte kann in robuster Diktion geführt werden, darf aber keinesfalls dazu übergehen, Hassrede gegenüber geschützten Gruppen zu verwenden oder versuchen, Gewalt gegen andere Menschen organisieren." Genau das geschah aber in der Vergangenheit. Nun muss sich zeigen, ob die angekündigten Maßnahmen ausreichen, daran wieder etwas zu ändern.

Mehr zum Thema