Deutschland hat Nachholbedarf, wenn es um Qualitätsserien geht. Darauf können sich vermutlich alle einigen - sowohl die Zuschauer als auch die Macher. Doch während die Zuschauer nicht viel mehr dazu beitragen können, als neuen deutschen Serien eine Chance zu geben, haben es Sender, Produzenten und Autoren in der Hand, die Lücke zu anderen europäischen Ländern zu schließen. Allerdings ist das offenbar nicht so einfach, wie man meinen könnte - sagt Jörg Winger, Produzent bei UFA Fiction und gemeinsam mit seiner Frau Anna Winger Erfinder der Serie "Deutschland 83". Es gebe eine wichtige strukturelle Schwäche in der deutschen TV-Industrie: Das Erfinden von Serien ist für Drehbuchautoren unattraktiv.

Gute Autoren, die für Fernsehfilme oder für etablierte Reihen wie "Tatort" oder "SoKo Leipzig" schrieben, würden zwar recht gut verdienen, sagt Winger in der neuen Folge des DWDL.de-Podcasts "Seriendialoge", der am Freitagnachmittag aus der Winterpause zurückkehrt. "Aber der Anreiz, sich eine neue Serie auszudenken, der ist eigentlich nicht gegeben, weil du als deutscher Autor in der Regel dafür erstmal die Hälfte deines Einkommens riskierst. Nämlich in dem Fall, dass diese Serie nicht gemacht wird, wird dir nur die Hälfte des Drehbuchhonorars ausgezahlt."

Hinzu komme, dass der Autor nicht von einem möglichen Erfolg profitiere. "Wenn diese Serie, die er sich ausgedacht hat und für die er ein hohes Risko eingegangen ist, durch die Decke geht, unheimlich erfolgreich ist, dann hat der Autor auch nichts davon, weil er nicht am Erfolg beteiligt ist." Jörg Winger sieht hier die Bringschuld auf Seiten der Produzenten: "Ich glaube, es ist unsere Pflicht als Produzenten, in Deutschland ein Klima zu schaffen, in dem Autoren motiviert sind, dauernd darüber nachzudenken, was die nächste tolle Serie ist." Seinen Worten zufolge arbeitet UFA Fiction bereits an solchen Anreizen. Sein Wunsch: In Berlin Szenen wie in Los Angeles oder London zu erleben, wo man als Produzent nicht mehr das Gebäude verlassen kann, ohne am Ausgang von Drehbuchautoren belagert zu werden, weil sie eine Serien-Ideen pitchen wollen.

Die Aussage zum Anhören gibt's hier:

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Jörg Winger äußert sich auch zu der Praxis des Streaminganbieters Netflix, keine Zuschauerzahlen zu veröffentlichen. Während andere Produzenten in den USA ein Problem darin sehen, dass sie von Netflix keine Rückmeldung über das Zuschauerinteresse bekommen, findet Winger das gut: "So kann man sich im Prinzip komplett auf die Qualitätsdebatte konzentrieren und muss sich nicht mit Marktanteilen rumschlagen. Ich gehöre nicht zu den Produzenten, die Wohnzimmer leer spielen wollen, mir ist es immer ganz wichtig, dass ich Zuschauer erreiche, aber es ist schon toll, wenn man von dieser Zahl wegkommt, auf die alle so fixiert sind."

Um herauszubekommen, wie seine Serien wirklich ankommen, spielen für ihn soziale Netzwerke eine große Rolle: "Weil wir über die sozialen Medien, über Facebook und Twitter, mittlerweile so tolles Feedback kriegen. Das ist eigentlich eine qualitative Marktforschung, die wir früher nie hatten, sodass wir doch ein sehr gutes Gefühl dafür bekommen, ob die Leute die Serie mochten, was sie mochten, was sie nicht mochten."

Seriendialoge© DWDL
In der ersten Folge der "Seriendialoge" nach der Winterpause spricht Jörg Winger nicht nur über das Seriengeschäft, sondern natürlich im Sinne des Podcasts auch über eine Serie, die ihn ganz besonders fasziniert: In seinem Fall ist das die vielfach gefeierte und ausgezeichnete US-Serie "Fargo". Die neue Episode des DWDL.de-Podcasts wird am Freitagnachmittag veröffentlicht - auf DWDL.de, via Soundcloud und iTunes.


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