SWR-Chefredakteur Fritz Frey sieht seinen Sender mit Blick auf den Eiertanz um die geplante Elefantenrunde im Vorfeld der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg "in einer schizophrenen Situation". "Auf der einen Seite haben wir unseren Informationsauftrag, auf der anderen Politiker, die uns klar gesagt haben: Wir setzen uns mit der AfD nicht in eine Sendung. Damit war unser Konzept, die Spitzenvertreter der im Landtag vertretenen Parteien und die Kandidaten der AfD und der Linken in einer Runde zu haben, geplatzt", so Frey in einem Interview mit der "Kontext Wochenzeitung".

Er könne nur vermuten, dass die Berliner SPD die Marschroute ausgegeben habe und sich die Grünen nicht dagegenstemmen wollten. "In der irrigen Annahme, dass über das Leitmedium Fernsehen eine Grundstimmung zu steuern wäre." Man habe nach der Absage sogar schon überlegt, zwei leere Stühle ins Studio zu stellen. "Das hätte uns sicher Schlagzeilen eingebracht, aber ehrlich, wenn man über Landespolitik diskutieren will, und das ohne die Regierenden, dann wäre nach fünf Minuten der Spaß rausgewesen. Und die Elefantenrunde ist nun mal eine der Korsettstangen in der Wahlberichterstattung", betonte der SWR-Chefredakteur.

Das Verhalten von Grünen und SPD sei ein "kapitaler Fehler", so Frey in der "Kontext Wochenzeitung". "Die AfD ist - ob es einem gefällt oder nicht - eine ernst zu nehmende Kraft, der argumentativ zu begegnen ist. Ignorieren kann doch nicht die Antwort sein. Was ist das für ein Demokratieverständnis?" Es sei "Wasser auf die Mühlen der AfD, weil sie sich in ihrer Erzählung, in ihrem Märtyrermythos bestätigt fühlt: Schaut, wie uns die Altparteien behandeln. Und wir Öffentlich-Rechtlichen werden sofort in die Mithaftung genommen, sozusagen als der verlängerte Arm der Regierenden". Am Ende seien alle beschädigt, "insbesondere aber die demokratische Diskurskultur".

Fritz Frey stellt aber auch eine zunehmende Unverhältnismäßigkeit fest, wenn es um die öffentliche Erregung geht. "Ich beobachte die Tendenz, dass man Fehler bei ARD und ZDF in geradezu hysterischer Weise hochjazzt zu einem Komplettversagen des gesamten Systems", so der SWR-Chefredakteur. "Was ist denn beim ZDF passiert, das die Kölner Silvesternacht in seiner 19-Uhr-Ausgabe verbaselt hat? Vor zehn Jahren hätte man noch gesagt: Freunde, das darf nicht noch mal passieren. Heute wird daraus der Untergang des öffentlich-rechtlichen Systems, obwohl der zuständige Chef sofort eingestanden hat, dass das ein Fehler war. Da würde ich mir mehr Gelassenheit wünschen und einen stilvolleren Umgang miteinander."