"Ab Januar wird’s konvergent." Robert Schäffner klingt ein Stück weit erleichtert, als er zu seinem Vortrag ansetzt. Schäffner, der bei der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung, wie die AGF mit vollem Namen heißt, als Leiter des Fachreferats Messtechnik fungiert, hat soeben nämlich in Aussicht gestellt, dass die Messung des Online-Streamings mit der klassischen Erhebung der TV-Quoten von Januar an fusionieren wird. Endlich, möchte man hinzufügen. Der schon lange erwartete Schritt ist schon alleine deshalb wichtig, weil sich die Fernsehnutzung in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Längst wird Fernsehen nicht mehr nur auf dem klassischen Wege konsumiert; Mediatheken und Livestreams sind für viele, insbesondere jüngere Zuschauer selbstverständlich geworden.

Für Sender, aber natürlich auch für die werbetreibende Industrie ist es daher wichtig zu wissen, auf welchem Wege die Werbung zum Zuschauer kommt. Was lange währt, wird also endlich gut? Nun, ein Fortschritt ist die neue Quoten-Erhebung, bei der zwei Datenquellen endlich zu einem Produkt vereint werden, ganz sicher. Die Vorteile liegen auf der Hand: So wird es fortan möglich sein, einen Zielgruppen-Vergleich zwischen Fernsehen und Online anzustellen. Auch Reichweiten-Vergleiche sind möglich. Hinzu kommt die Bestimmung so genannter "inkrementeller Nutzer": Es lässt sich also beispielsweise sagen, wie viele Zuschauer den "Tatort" ausschließlich in der Mediathek konsumieren.

Doch bis am Ende tatsächlich die gewünschten Zahlen vorliegen, ist zunächst mal Geduld gefragt, wie bei Schäffners Präsentation auf dem AGF-Forum in Frankfurt am Main deutlich wurde. Die gewünschten Daten werden nämlich nicht etwa nach einer Woche oder gar am nächsten Tag vorliegen, sondern erst nach einer mehrwöchigen Verzögerung, die dem nicht ganz einfachen technischen Prozess geschuldet ist. Von 40 Tagen nach Ende eines Monats ist offiziell die Rede. Will heißen: Die zusammengerechneten Daten aus klassischem Fernsehkonsum und Online-Nutzung werden somit teils erst zwei Monate nach der Ausstrahlung veröffentlicht. "Die Komplexität in den Griff zu bekommen, ist die große Herausforderung", stellte der neue AGF-Vorstandsvorsitzende Martin Berthoud in der anschießenden Diskussion klar.

Weitere Ausbaustufen bereits in Arbeit

Schneller könnte es künftig aber zumindest bei der Messung linearer Livestreams gehen. Am Ziel sind die Quotenstrategen daher noch ch lange nicht – und das bezieht sich nicht nur auf die große zeitliche Verzögerung zwischen Erhebung und Auswertung der Daten. Vielmehr sind noch vier weitere Ausbaustufen vorgesehen, die schrittweise umgesetzt werden sollen. Dabei geht es beispielsweise um die TV-Online-Überlappung oder den Multi-Device-Ausbau, um mehr als nur die Nutzung auf dem Dektop berücksichtigen zu können. Gemeinsam mit Nielsen baut die AGF derzeit ein sogenanntes Mobile-Panel aus, dem bis Jahresende 5.000 Teilnehmer angehören sollen, um auch den Bewegtbildkonsum auf Smartphones oder Tablets in die Auswertung einzubeziehen. Hinzu kommen Smart-TVs, die in Zukunft voraussichtlich eine größere Rolle spielen werden. 

Wann mobile Endgeräte und Smart-TVs in der Quotenmessung auftauchen werden, ließen die Verantwortlichen der AGF aber zunächst bewusst offen, auch wenn etwa die Vertreter der Werbeindustrie gerne schnellere Fortschritt sehen würden. Eine weitere Herausforderung stellt zudem die Integration weiterer Anbieter dar. Wer über Zattoo fernsieht, soll nämlich in Zukunft ebenso erfasst werden wie die zahlreichen YouTube-Nutzer. Mit der Google-Tochter sei man bereits "seit über einem Jahr in einem konstruktiven Prozess", erklärte Robert Schäffner in Frankfurt, der jetzt trotz der noch immer zahlreichen Aufgaben den richtigen Moment für eine Umstellung der Quotenmessung gekommen sieht. "Wir werden schlauer und immer besser", erklärte er und sagte mit Blick auf die bereits vorhandenen Daten: "Damit lässt sich arbeiten."