Netflix, Hulu, Amazon & Co. haben das TV-Geschäft in den vergangenen Jahren kräftig durcheinander gewirbelt, das wird sich auch in naher Zukunft nicht ändern. Durch die neuen Player am Markt ergeben sich für die Endverbraucher ganz neue Möglichkeiten, Inhalte zu konsumieren. Das wird vor allem für klassische Medienunternehmen zu einem echten Problem. Das sogenannte "cord-cutting" ist inzwischen in den USA weit verbreitet: Menschen melden dabei ihren Kabelanschluss oder ihre Pay-TV-Abos ab und schauen sich die Inhalte lieber über das Internet an.

Das setzt auch die Kabelnetzbetreiber und Telekommunikations-unternehmen unter Druck, die so lange am Markt dominiert haben. Die Ankündigung von AT&T, den Medienkonzern Time Warner für 85 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen, ist ein Versuch, dieses Problem zu durchbrechen. AT&T hätte damit nicht nur den Zugang zu zahlreichen Kunden, sondern auch gleich die passenden Inhalte. Natürlich ist das ein logischer Schritt für den Konzern.


Ob der Deal letztlich zustande kommt, steht noch nicht fest. Die US-Kartellbehörden müssen erst noch zustimmen. AT&T ist schon heute eines der größten Telekommunikationsunternehmen der Welt, 2015 erzielte der Konzern einen Umsatz von 146,8 Milliarden Euro. Mit Time Warner im Rücken würde man noch einmal ein ganzes Stück wachsen und zu einem neuen Medien-Giganten aufsteigen. Gut möglich, dass AT&T harte Auflagen für die Übernahme erfüllen muss - oder sie vielleicht sogar ganz verboten wird. US-Politiker aus beiden Lagern äußerten bereits Bedenken. Am 7. Dezember sollen sich die Bosse von AT&T und Time Warner im Justizausschuss des US-Senats den Fragen der Senatoren stellen.

Aber natürlich ist AT&T nicht der einzige Telekom-Riese, der auf Medienunternehmen schielt. 2011 hat der Kabelkonzern Comcast die Mehrheit an NBC übernommen, zwei Jahre später übernahm man das Medienunternehmen komplett. Auch hier floss ein hoher Milliardenbetrag. Der Telekom-Gigant Verizon hat im vergangenen Jahr den früheren Internet-Riesen AOL übernommen, erst vor wenigen Monaten kündigte Verizon schließlich an, auch Yahoo übernehmen zu wollen. In US-Medien wird bereits über die nächsten Übernahme-Kandidaten spekuliert: AMC? Discovery Communications? Letzterer arbeitet schon heute mit Liberty Global zusammen, mit dem man das Produktionshaus All3Media betreibt.

Time Warner: HBO, CNN, TNT, The CW

Diese Beispiele zeigen, wie sehr der Markt derzeit in Bewegung ist. Durch den Deal zwischen AT&T und Time Warner würde aber ein Unternehmen entstehen, das alleine durch seine Größe alle anderen in den Schatten stellen würde. Zu Time Warner gehört unter anderem der US-Kabelsender HBO, der von Millionen Menschen abonniert wurde und für Serien wie "Game of Thrones", "True Detective", "Silicon Valley", "Sex and the City", "The Sopranos", "The Wire" und viele andere verantwortlich ist.

Zu Time Warner gehört aber auch der Medienkonzern Turner Broadcasting, der den Nachrichtensender CNN und dessen internationalen Ableger CNN International betreibt. Bei Turner ist übrigens der frühere RTL-Chef Gerhard Zeiler für das gesamte Geschäft im internationalen Bereich verantwortlich. Daneben betreibt Turner auch noch unter anderem die Sender TNT, TBS, Cartoon Network, Boomerang und Adult Swim. Über Turner besitzt Time Warner zudem zehn Prozent am populären SVoD-Dienst Hulu.

Auch das Network The CW, das kleinste in den USA, gehört zu 50 Prozent zu Time Warner. Die andere Hälfte besitzt CBS. Time Warner hat also neben einem national vertretenen Sender auch einen der beliebtesten Kabelsender sowie einen weltweit bekannten Nachrichtensender im Portfolio. Plus die vielen anderen Kanäle, von TNT bis zu Adult Swim. AT&T wäre auf einen Schlag ein wichtiger Player am Medienmarkt. Hinzu kommt noch das Produktionsstudio Warner Bros. AT&T selbst hat erst vor zwei Jahren fast 50 Milliarden Dollar für den Satelliten-Anbieter DirecTV auf den Tisch gelegt.

Die deutschen Aktivitäten

In Deutschland ist Time Warner über seine verschiedenen Tochterfirmen ebenfalls aktiv. Turner betreibt hierzulande etwa die Bezahlsender TNT Serie, TNT Film und TNT Comedy (ehemals TNT Glitz). Auch Cartoon Network und Boomerang  gehören zum Portfolio. Bei der Warner Bros. International Television Production Germany bündelt der Konzern seine TV-Produktionen für den deutschen Markt, entstanden ist das Unternehmen durch die Übernahme von Eyeworks. Für die lokale Filmproduktion und -distribution des Hollywoodstudios ist zudem Warner Bros. Entertainment in Hamburg verantwortlich.

AT&T hätte bei einer Übernahme von Time Warner also plötzlich auch auf dem deutschen Markt Kunden. Die Warner Music Group, eine der drei großen US-Major-Labels, gehört trotz der Namensähnlichkeit seit 2004 nicht mehr zum Time Warner Konzern. Das Unternehmen stieß die Musik-Sparte damals ab, um seine Schulden zu reduzieren. Das wird AT&T aber kaum stören, ist das Label im Vergleich zum gesamten Time Warner Konzern doch eher ein kleiner Fisch. Und auf den hat es der Telekom-Riese abgesehen - ob das Kartellamt grünes Licht gibt, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen.