Schon als n-tv bekannt gegeben hat, dass man für den sendereigenen Jahresrückblick Thomas Gottschalk und Gregor Gysi gewonnen habe, war das eine kleine Überraschung. Beide sind auf ihre eigene Weise unterhaltsam und so machte die Besetzung aus Sicht von n-tv durchaus Sinn. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Eine Katastrophe war es nicht, was der Nachrichtensender da mit den Beiden auf die Beine gestellt hat. Das Konzept darf dennoch gerne überdacht werden.

Gottschalk und Gysi diskutierten live vor Publikum im Berliner Club Bricks. Das war durchaus charmant, bot die Sendung damit doch ein Kontrastprogramm zu den Jahresrückblicken der anderen Sender, die meist als große Shows daherkommen. Zum Auftakt umschmeicheln sich Gysi und Gottschalk gegenseitig. Der Politiker stellte seinen Gegenüber als "besten Entertainer Deutschlands" vor und bedankte sich für die "Schummelstühle", die es so aussehen ließen, als seien beide gleich groß. Gottschalk ließ es sich nicht nehmen, und wies dann auch noch schnell auf die Unterhaltungs-Qualitäten von Gysi hin.


Unterhalten kann Gregor Gysi gewiss. Ihn zusammen mit Gottschalk gleichberechtigt eine Sendung präsentieren zu lassen, ist dann aber vielleicht doch etwas zu viel des Guten. In der Sache war Gysi zwar gewohnt unterhaltsam und nie um einen flotten Spruch verlegen, aber nur selten kam das wirklich spontan rüber. Oft wirkten Gysis Sätze einstudiert. Er redete zudem oft nicht direkt mit Gottschalk, sondern schaute stur nach vorn. Das wirkte seltsam abwesend.

Ein weiteres Problem mit Gysi: Als gestandener Politiker hat er zu jedem politischen Thema eine Meinung. Die sind größtenteils auch alle bekannt. Wer also auf eine Diskussion mit unterschiedlichen Meinungen gehofft hatte, wurde enttäuscht. Gysi und Gottschalk waren sich oft einig und Gysi vertrat immer, das ist keine Überraschung, die Meinung seiner Partei. Dafür punktete der Jahresrückblick von n-tv aber mit Themenauswahl- und vielfalt.

Während beim RTL-Jahresrückblick am Sonntag eher heitere Belanglos-Themen im Vordergrund standen (hier geht’s zur DWDL.de-TV-Kritik), kam bei n-tv alles zur Sprache: Böhmermann und die Türkei-Krise, Brexit, Trump, Terror in Europa, Angela Merkel, Renten-Diskussion und die Verstorbenen des Jahres. Insgesamt zehn Themen peitschten Gottschalk und Gysi durch. Oft passierte das im Schweinsgalopp, bei weniger als einer Stunde Sendezeit bleibt eben nur wenig Zeit, um ein Thema wirklich zu vertiefen. Länger als fünf Minuten wurde ein Thema daher auch nie besprochen.

Und dann waren da noch die Einspieler. Während die Themenauswahl relativ seriös war, wollte man bei der Vorstellung der verschiedenen Themen etwas Witz reinbringen und kommentierte diese gewollt bissig und bemüht lustig. Das hatte der Jahresrückblick eigentlich gar nicht nötig und wirkte deplatziert. Als Gysi Gottschalk am Ende fragte, ob man die Sendung im kommenden Jahr nicht wiederholen wolle, stimmte Gottschalk zu und schob in Sachen Stuhl-Problematik hinterher: "Dann darf er aber sitzen und ich stehen."

n-tv wiederholt den Jahresrückblick mit Thomas Gottschalk und Gregor Gysi am 31. Dezember um 19:10 Uhr. Darüber hinaus steht die Sendung bei TV Now zum Abruf bereit.