Serdar Somuncu ist für deftige Worte bekannt. In seinen Bühnenshows nutzt er zahlreiche Fäkalbegriffe und sonstige vermeintliche Tabus, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Nun hat Somuncu Ärger am Hals, eine WDR-Redakteurin geht rechtlich gegen den Kabarettisten vor. Konkret geht es um eine Veranstaltung der Körber Stiftung aus dem Jahr 2015. Somuncu sprach auf einer Podiumsdiskussion fast zwei Stunden lang mit der Journalistin und Schriftstellerin Mely Kiyak.

Irgendwann ging das Gespräch in Richtung Fernsehauftritte, die Somuncu in den vergangenen Jahren zuhauf absolviert hat. Somuncu erklärt, dass er fast bei jedem einzelnen Auftritt zensiert wurde. Einzige Ausnahme: bei Stefan Raab. Immer wieder hätten die Redaktionen sein Stand-Up so zusammengeschnitten, bis sie damit zufrieden gewesen seien. "Die Medien verstoßen heute in fataler Art gegen ein Grundrecht unserer demokratischen Konstitutionen: sie zensieren. Kein Redakteur der Welt ist so frei in seinem Kopf dass er sagt, ‘komm wir winken das durch, ist doch Kunst. Das Publikum kann selbst entscheiden ob gut oder schlecht’", sagt Somuncu. Der Rotstift der Redakteure sei wie eine Waffe. Sage man etwas Unangepasstes, werde es in der Regel gestrichen.

Zehn Jahre lang sei das sein Alltag gewesen, in jeder Sendung habe er es sich verscherzt, weil er als kompliziert galt. Enttäuscht zeigte er sich außerdem von seinen Kollegen, die ihn nie in Schutz genommen hätten. Dann zählt Somuncu die "schlimmsten Knallchargen" auf, neben Thomas Hermanns ("Quatsch Comedy Club") wird hier auch eine WDR-Redakteurin namentlich genannt. Die Redaktion des Sender "richte Leute hin". Somuncu: "Diese Arschlöcher nehmen sich raus, uns im Namen der Gebührenzahler zu zensieren. Das war für mich die Keimzelle des Faschismus".

Und an diesen Aussagen entzündet sich nun der aktuelle Streit. Die WDR-Redakteurin sah sich durch Somuncu beleidigt und ging rechtlich gegen die Aussagen vor. Somuncu erklärte daraufhin am Montag auf seiner Facebook-Seite, dass die Redakteurin ihn mit einer Klage drohe, weil er ihr Zensur vorgeworfen habe. Das Statement ist derzeit nicht im Wortlaut verfügbar, Somuncu hat seine Facebook-Seite auf privat gesetzt, derzeit ist nur ein Titelbild zu sehen, auf dem in großen Buchstaben "zensiert" steht.

Wie der WDR nun in einer Pressemitteilung erklärt hat, gehe es aber nicht um den Vorwurf der Zensur. Vielmehr stört man sich an den derben Worten des Kabarettisten. Die Redakteurin gehe "wegen schwerer Beleidigung gegen Herrn Somuncu" vor. "Wir unterstützen sie dabei, da wir nicht dulden, dass unsere Mitarbeiterin öffentlich als ‘Keimzelle des Faschismus’ oder ‘Arschloch’ bezeichnet wird." Zu den eigentlichen Zensur-Vorwürfen von Somuncu nimmt der WDR keine Stellung. Auf Nachfrage von DWDL.de heißt es vom Sender, man wisse nicht, auf welche angebliche Zensur sich Somuncu überhaupt beziehe. 

Den Fall ins Rollen gebracht  hat laut WDR ein Video, das im Juli 2016 bei Youtube von der Körber Stiftung hochgeladen wurde. Wie eingangs bereits erwähnt, hat die Veranstaltung 2015 stattgefunden. Offenbar hat man beim WDR die Aussagen von Somuncu erst jetzt entdeckt. Das Video wurde zunächst bei Youtube entfernt und am Montag wieder gekürzt online gestellt - die strittigen Szenen fehlen in der neuen Version. Eine vollständige Version ist aber ebenfalls noch zu finden.

Update (19:25 Uhr): Laut dem Online-Portal tag24.de erklärte sich Somuncu zuvor via Facebook so: "Es ist bezeichnend für das Selbstverständnis und die mangelnde Kritikfähigkeit einer gebührenfinanzierten Anstalt, sich unbequemen Wahrheiten nicht stellen zu wollen. Erst recht nicht darf man sich davon einschüchtern lassen. Mittlerweile wurde das Video von einem aufmerksamen Menschen kopiert und wieder hochgeladen. So funktioniert Demokratie!"

Update (22:55 Uhr): Inzwischen hat sich Serdar Somuncu via Facebook persönlich zur Sache geäußert. Er schreibt: "Der WDR macht da weiter, wo er immer war. Entlarvend ist dabei, dass man nun Zitate sinnentstellt wiedergibt, um den eigentlichen Vorwurf der Zensur zu vertuschen. Ich begrüße dennoch, dass die Verantwortlichen durch ihre empfindsame Reaktion, wenn auch nach beträchtlicher Bedenkzeit, eine Diskussion über Meinungs- und Satirefreiheit angestossen haben. In der Einsicht liegt manchmal die Erkenntnis."