Nachdem die Mediengruppe RTL Deutschland mit ihren Sendern zusammen im Schnitt mehr als 20 Prozent Marktanteil erreicht, kommt der größte Sender der Gruppe - also RTL -  nach den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrag auch für den Zeitraum von 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2023 nicht drum herum, Sendeplätze für "Unabhängige Dritte" zur Verfügung zu stellen, insgesamt 180 Minuten pro Woche. Sendungen auf diesen Sendeplätzen muss RTL finanzieren, sich aber inhaltlich raushalten.

Welche Sendeplätze nun nach Konsultationen mit RTL von der NLM genau ausgeschrieben wurden, lässt aufhorchen: Künftig gibt es einen 70-minütigen Block samstags ab 19:05 Uhr, 35 Minuten montags ab 23:25 Uhr sowie nächtliche Sendeplätze dienstags ab 0:30 Uhr und 1:15 Uhr. Nicht mehr ausgeschrieben werden damit neben der Jugendprogramm-Schiene am Sonntagmorgen die bisherigen Sendeplätze am Sonntagabend ab 22:15 Uhr, wo das Magazin "Spiegel TV" zu sehen ist, sowie der Sendeplatz am Mittwochabend um 22:15 Uhr, wo "Stern TV" beheimatet ist.

Nun ist "Stern TV" schon immer ein Sonderfall: Die Drittsenderegelung umfasst nämlich eigentlich nur 30 Minuten zwischen 22:15 Uhr und 22:45 Uhr. "Stern TV" wird daher zum Teil auf der an dctp vergebenen Drittsendelizenz gezeigt, zum anderen Teil als normale RTL-Produktion. Eine Regelung, die nicht unumstritten war: "In der Vergangenheit gab es rechtliche Bedenken zur bisherigen Ausgestaltung von Stern TV als Drittsendezeit. Hier wollten wir Klarheit schaffen", erläutert daher Claus Grewenig, Bereichsleiter Medienpolitik bei der Mediengruppe RTL Deutschland. Auch wenn die Drittsenderegelung wegfällt, soll das von i&u TV produzierte Magazin "Stern TV" aber wie gewohnt weiterhin auf dem angestammten Sendeplatz bleiben, nun aber eben als normale RTL-Auftragsproduktion. Für die Macher fällt daher immerhin nun das Zittern darum weg, ob man erneut den Zuschlag für die Drittsendelizenz erhält.

Weniger rosig sind die Aussichten für die Macher von "Spiegel TV". Der Sonntags-Sendeplatz fällt ab Mitte 2018 weg. Claus Grewenig: "Im Zuge der Gespräche mit der NLM war unser Anliegen, am Sonntagabend mehr Flexibilität zu bekommen. Die Zuschauer sind hier bislang Spielfilme gewohnt, die einen Audience Flow zu einem nachfolgenden Politik-Magazin schwierig machen. Dieser Argumentation ist die NLM bei ihrem Beschluss gefolgt." RTL dürfte bei der nun möglichen Doppelprogrammierung von Spielfilmen auf deutlich bessere Quoten hoffen als es mit dem häufig quotenschwachen "Spiegel TV" möglich war. Zudem wird RTL angesichts der rückläufigen Spielfilmquoten seit einiger Zeit bekanntlich experimentierfreudiger am Sonntagabend - wenn man künftig Shows zeigt, muss man sich wegen Überlänge ab Mitte kommenden Jahres immerhin keine Gedanken mehr machen.

Spiegel TV bleibt nur die Möglichkeit, sich wie alle anderen Produktionsfirmen auch auf einen der anderen Sendeplätze zu bewerben. Neben dem um fünf Minuten verlängerten Slot am späten Montagabend, wo bislang das von AZ Media gelieferte "30 Minuten Deutschland" läuft, sowie den beiden wenig attraktiven Nacht-Sendeplätzen, bleibt hier der neue Slot am Samstagvorabend.

Dieser neue Platz - zur gleichen Zeit übrigens, zu der seit kurzem auch Sat.1 das als Drittsendelizenz laufende Magazin "Grenzenlos - Die Welt entdecken" zeigt - führt wiederum zu einem neuen Sendeplatz für das dort seit vielen Jahren beheimatete Magazin "Explosiv Weekend". Dieses soll nach aktuellen Planungen dann im Juli 2018 in den Sonntagnachmittag wechseln, wo es ab 16:45 Uhr direkt vor "Exclusiv Weekend" angesiedelt werden soll, was RTL zu einer längeren Magazinstrecke verhelfen würde.

Wie geht's nun weiter? Bis zum 1. September um 12 Uhr läuft die Bewerbungsfrist auf die verschiedenen Sendezeitschienen. Die NLM wird dann die "Zulassungsfähigkeit" der einzelnen Anträge überprüfen und diese anschließend mit RTL erörtern. Ziel ist es, eine einvernehmliche Auswahl mit dem Sender zu treffen. Gelingt das nicht, entscheidet die NLM. Wirksam werden die Änderungen dann zum 1. Juli 2018.

Ein ähnlich langwieriger Streit wie bei ProSiebenSat.1, das sich seit vielen Jahren juristisch gegen die Verpflichtung zur Ausstrahlung von Drittanbieterprogrammen wehrt, ist bei RTL unterdessen nicht zu erwarten - auch weil hier der Marktanteil der gesamten Gruppe anders als bei ProSiebenSat.1 recht deutlich über der im Rundfunkvertrag vorgegebenen Grenze liegt. Doch für diskussionswürdig hält man die Regelung auch bei RTL. Claus Grewenig gegenüber DWDL.de: "Bestehende Verpflichtungen nehmen wir an. In einer konvergenten Medienwelt und angesichts des Wettbewerbs mit internationalen Big Playern halten wir es aber für dringend angebracht zu hinterfragen, wie sinnhaft und zeitgemäß solche Auflagen noch sind."

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