Wenn die Schweizer am 4. März über die Rundfunkgebühren ("Billag-Gebühren") abstimmen, geht es im Wesentlichen auch um die öffentlich-rechtliche SRG in ihrer bisherigen Form. Die Befürworter der "No Billag"-Initiative, die die Gebühren abschaffen wollen, glauben zwar, die Rundfunkanstalt könne sich durch Werbung finanzieren und einfach privatisiert werden. Wie das genau aussehen wird, weiß heute aber niemand. Die SRG-Spitze warnt schon seit Monaten vor einem Ja zur Initiative. Tenor: Werden die Gebühren abgeschafft, wird auch die SRG abgeschafft.

Tatsächlich hat die SRG-Führung in der Vergangenheit immer wieder die Zerschlagung des Konzerns in Aussicht gestellt, sollte "No Billag" tatsächlich angenommen werden. Auch Bakel Walden, seit Anfang des Jahres Direktor für Entwicklung und Angebot, sagt im Gespräch mit DWDL.de: "Wir bereiten uns auf beide Szenarien, und damit auch auf die Abwicklung der SRG, vor." Walden: "75 Prozent unserer Einnahmen würden Ende des Jahres wegfallen, da ist die Initiative sehr klar formuliert. Von daher ist das kein Horrorszenario, sondern die Realität."

Inzwischen gibt es eine breite Front von Politikern, Sportlern, Künstlern und anderen bekannten Persönlichkeiten, die sich für die SRG stark machen und um ein "Nein" bei der Abstimmung werben. Ihre Argumente: Die Medienlandschaft in der Schweiz würde schlechter werden, weil zum Beispiel das viersprachige Angebot der SRG wegfallen würde - das sei über Werbung nicht zu finanzieren. Außerdem würden verstärkt ausländische Medienunternehmen in die Schweiz kommen und so ihre Interessen durchsetzen - und natürlich auch Werbegelder aus dem Schweizer Markt abziehen. Und die Gegner der Kampagne warnen auch vor einem wirtschaftlichen Schaden: 6.000 Mitarbeiter würden im Falle einer Zerschlagung der SRG auf der Straße stehen. Mehrere Hundert in der Kreativ- und Produktionsbranche würden hinzukommen.

Zuletzt erhielt in der Schweiz ein Artikel der Online-Plattform "republik.ch" viel Aufmerksamkeit. Darin ging es um das Argument der Befürworter, jeder Bürger solle selbst entscheiden können, wofür er oder sie ihr Geld ausgebe. Die SRG nütze vielen Bürgern nicht, heißt es oft. "Service-public-Medien machen uns messbar klüger. Und Service-public-Medien fördern das Vertrauen ins Mediensystem – und in die gesellschaftlichen Institutionen insgesamt. Davon profitieren letztlich alle: nicht nur die Viel- und die Gelegenheitsnutzer, sondern auch die Nichtnutzerinnen", heißt es in dem Artikel, der sich auf kommunikationswissenschaftliche empirische Studien stützt.

Derzeit sieht es danach aus, als würde die Initiative abgelehnt werden. Nach wie vor liegen die Gegner in Umfragen mit mehr als 60 Prozent vorn. Bakel Walden sagt, diese Tendenzen seien gut, aber er warnt: "In Zeiten von Brexit und Trump kann man sich nie sicher sein. Deshalb sind wir auch sehr zurückhaltend." Grundsätzlich berichte die SRG aber neutral, sagt Walden. "Dazu sind wir verpflichtet." So standen sich zuletzt Gegner und Befürworter der Initiative auf den SRG-Sendern gegenüber, um über die Gebühren zu sprechen. Dabei wurde es mitunter sehr hitzig.

"Nach dem 4. März wird die SRG eine andere sein, als sie es jetzt ist."

Bakel Walden, SRG-Direktor Entwicklung und Angebot

"Inzwischen geht es in der Diskussion sehr emotional zu, das ist aber auch verständlich. Medien interessieren die Menschen, jeder hat einen Bezug und eine Meinung dazu", sagt Walden. Dennoch: "Die Sachlichkeit ist stark unter Druck geraten." Nicht selten verlieren sich Diskussionen rund um "No Billag" in gegenseitigen Beschuldigungen und Beleidigungen. Durch die Neutralitätspflicht darf die SRG keine Abstimmungsempfehlungen abgeben. Auch den Mitarbeitern ist es verboten, Werbung in Sachen der Initiative zu machen - auch nicht bei Facebook oder anderen sozialen Netzwerken.

Egal wie die Abstimmung am 4. März ausgeht, SRG-Direktor Bakel Walden glaubt, dass sich die Rundfunkanstalt in jedem Fall ändern wird. "Wir haben schon jetzt ein Sparprogramm, das bald kommen wird. Damit wollen wir mindestens 50 Millionen Schweizer Franken einsparen. Und natürlich werden wir auch über eine verstärkte Abgrenzung zu den Privaten oder Kooperationen nachdenken." Das Sparpaket hatte das Unternehmen bereits im Oktober 2017 angekündigt. Hintergrund ist eine Senkung der Rundfunkgebühren: Ab 2019 zahlen die Schweizer nicht mehr 451 Franken pro Jahr, sondern nur noch 365. "Nach dem 4. März wird die SRG eine andere sein, als sie es jetzt ist. Aber dafür braucht es dann auch ein entsprechendes Ergebnis."  

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