In einem ausführlichen Interview, das Hans Hoff für das Medienmagazin "journalist" führte, äußert sich WDR-Intendant Tom Buhrow unter anderem zu den Vorwürfen von Machtmissbrauch und sexueller Belästigung im WDR und der Frage, wie sein Sender mit dem Thema in den vergangenen Wochen umgegangen ist. "Ich werfe mir drei Fehler vor", räumt er ein. Er bezieht sich dabei teilweise auch auf Fehler, die gar nicht während seiner Amtszeit passiert sind, wie die Ermahnung des WDR-Korrespondenten Arnim Stauth, der 2010 Hinweise auf sexuelle Belästigung an Verantwortliche im Sender weitergegeben hatte und infolge dessen arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten musste. Zunächst stellt Buhrow klar, dass es in der Ermahnung dezidiert darum ging, "nicht belegte Anschuldigungen" nicht weiter zu erheben. Die damalige Geschäftsleitung habe die Hinweise geprüft, alllerdings ohne verwertbares Ergebnis. Die Ermahnung sei aber trotzdem rückblickend ein Fehler gewesen, weil sie einen falschen Eindruck erweckt habe: "Nämlich den, dass hier der Hinweisgeber bestraft wurde." Die Ermahnung sei inzwischen aus der Personalakte gestrichen worden.

Darüber hinaus räumt Buhrow im Umgang mit dem Personalrat Fehler ein. Dessen Mitglieder hatten kritisiert, dass Hinweise und Einschätzungen des Gremiums übergangen worden seien. "Ich hätte die Arbeitnehmerseite noch näher an meine Seite holen müssen", sagt Buhrow. "Ich habe zu spät wahrgenommen, dass sich im Personalrat etwas aufgestaut
hatte. Im Sinne von: Wir wollen mehr mit unseren Anliegen durchdringen." Als weiteren Fehler nennt Buhrow im "journalist"-Interview die Auswahl einer Kanzlei als Anlaufstelle für Betroffene, obwohl diese Kanzlei den WDR schon in Prozessen gegen Mitarbeiter vertreten hat. "Das hat die Auswahl der Kanzlei angreifbar gemacht und einen falschen Eindruck erweckt. Die Kanzlei ist aber nicht voreingenommen, sonst hätten sich jetzt nicht immer mehr Frauen gerade dort den Rechtanwältinnen anvertraut. Aber auf jeden Fall hat die Wahl erst einmal für Irritationen und ein anfängliches Misstrauen gesorgt."

Dies seien "drei Fehler, die ich sehe und die unser konsequentes Handeln und unsere guten Absichten in Zweifel gezogen haben", so der WDR-Intendant, der seinen Sender zumindest zwischenzeitlich in der Öffentlichkeit ungerecht behandelt sah. "Ich gebe zu: Es gab eine Phase, als es in der Öffentlichkeit eskalierte, da fühlte ich mich und den WDR nicht gerecht behandelt. Da hatte ich das Gefühl, man kann gar nichts richtig machen. Gerade weil uns diese Thematik schon sehr früh so wichtig war, hatte ich ja 2015 den Interventionsausschuss gemeinsam mit dem Personalrat gegründet und wähnte uns deshalb gut aufgestellt." Er weist in dem Zusammenhang auf die Schwierigkeiten im korrekten Umgang mit Vorwürfen: "Ich muss als Arbeitgeber die Unschuldsvermutung gelten lassen gegenüber dem Beschuldigten. Das heißt nicht, dass ich ihn in Schutz nehme. Aber wenn ich jemanden vorverurteilt habe, kontaminiere ich damit die ganze Ermittlung. Eines ist grundsätzlich aber für uns bei jeder Untersuchung immer klar: Hier soll und darf nichts vertuscht werden, sondern im Gegenteil: Wir wollen aufdecken, aufklären und wo nötig auch hart durchgreifen und Vergehen ahnden."

Dass Gebhard Henke freigestellt wurde, ohne dass ihm zunächst die konkreten Vorwürfen gegen ihn dargelegt wurden, erklärt Buhrow damit, dass man so Zeit für die Untersuchung der erhobenen Vorwürfe gewinnen wollte. Sobald die Vorwürfe konkret benannt seien, laufe eine zweiwöchige Frist, in der der WDR entscheiden müsse, ob arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet würden. "Das macht hoffentlich verständlich, in welch einer Zwickmühle man da steckt. Das beschränkt den Handlungsspielraum." Dem Eindruck, es herrsche im WDR ein Klima der Angst, widerspricht Buhrow: "Ich bin im WDR groß geworden, und ich kenne ihn nicht als angstbesetzten Laden. Im Gegenteil. Der WDR ist ein, ich will nicht sagen 'rebellischer Laden', aber doch ein sehr kritikfreudiger." Dennoch sieht Buhrow Handlungsbedarf, die Unternehmenskultur im WDR zu verbessern. "Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des WDR unzufrieden ist mit der Art und Weise, wie ihre Vorgesetzten oder der WDR als Ganzes mit Macht umgehen."

Das komplette Interview, in dem es unter anderem auch um die Sparbemühungen des WDR und die Beziehung zu den Verlegern geht, erscheint in der Juni-Ausgabe des Medienmagazins "journalist"