Ein sinkender Umsatz, auch um Währungs- und Konsolidierungseffekte bereinigt allenfalls Stagnation bei Erlösen und Ergebnis - das sind die Halbjahreszahlen von ProSiebenSat.1 in Kürze zusammengefasst (mehr Details hier). Das klingt erstmal nicht nach der Wachstumsstory, die Analysten und Anleger gerne hören wollen. Auch wenn der Aktienkurs nach Bekanntgabe der Zahlen heute anzog: Binnen drei Monaten verlor das Unternehmen rund ein viertel seines Wertes, binnen eines Jahres sogar über ein Drittel.

Der neue Konzernchef Max Conze zeigte sich in einer Telefon-Konferenz anlässlich der Zahlen trotzdem optimistisch. Man befinde sich ohne Frage in einem herausfordernden Umfeld, trotzdem sei das nun eine gute Ausgangslage für Veränderungen - die allerdings auch notwendig seien. Conze: "Unser Umfeld entwickelt sich immer schneller, deshalb müssen wir jetzt wichtige Veränderungen anstoßen." Es sei jedenfalls keine Zeit, um sich zurückzulehnen.

Allzu überraschend war es freilich nicht, was Conze in der Telefon-Konferenz ankündigte, mehr eine Betonung, den zuletzt eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen zu wollen. Dabei schlug Conze wie auch bei den bisherigen Auftritten eine andere Tonalität als sein Vorgänger an, bei dem man stets den Eindruck hatte, das Commerce-Geschäft von Preisvergleichen über Reisen bis zum Parfüm liege ihm näher als der TV-Bereich. Auch Conze betonte nochmal audrücklich, dass er zur 3-Säulen-Strategie (Entertainment, Produktion, Commerce) stehe. Der inzwischen unter NuCom Group firmierende Commerce-Bereich sei eminent wichtig, weil dort wohl mit das größte Wachstumspotential liegt. Daneben vermittelt er aber stärker als Ebeling es je gelang den Eindruck, auch ans eigentliche Kerngeschäft zu glauben - und dort nicht vor allem durch Einsparungen über die Runden kommen zu wollen, auch wenn eine Kostensenkung gerade in den letzten Monaten der Grund dafür war, dass der Gewinn trotz Umsatzrückgang stabil blieb.

Zuallererst müsse es künftig aber darum gehen, Zuschauer und Konsumenten mit Inhalten und Produkten zufrieden zu stellen. "Make people happy and the money will follow", fasste Conze diesen Ansatz zusammen. Dazu brauche man mehr eigenproduzierte, lokale Inhalte, gerne auch live. Davon müsse man mehr machen, man müsse sie besser und schneller umsetzen. Zudem sei es nötig, im Entertainment-Bereich komplett aus einer Hand zu agieren. Die Trennung von Broadcasting- und Online-Geschäft und die Verschmelzung zu einer Entertainment-Unit wurde ja organisatorisch bereits auf den Weg gebracht, trotzdem sei noch viel Arbeit zu tun, so Conze. Dass alles aus einer Hand komme, müsse auch gegenüber Werbekunden mit einheitlicher Technik gelten und zudem auch aus Zuschauersicht umgesetzt sein: Die Inhalte müssten sich nahtlos über alle Endgeräte hinweg konsumieren lassen.

Eminent wichtig ist dafür die Schaffung eines konkurrenzfähigen Streaming-Angebots, also den Ausbau des derzeitigen 7TV. Neue Partner konnte Conze hier noch nicht präsentieren, es würden aber gute Gespräche geführt. Das neue 7TV (das dann auch einen anderen Namen bekommen soll), soll werbefinanzierte und Bezahl-Angebote umfassen und damit auch helfen, die Abhängigkeit vom TV-Werbegeschäft zu verringern. Im Entertainment-Bereich wolle man schließlich die Einnahmequellen TV und Digital, Werbung und Distribution besser ausbalancieren, so Conze.

Wachstumspotential sieht er für seinen Konzern jedenfalls zur Genüge. Der Werbemarkt beträgt in Deutschland 21 Milliarden Euro, davon gingen etwa zehn Prozent an ProSiebenSat.1 - hier sieht Conze Luft nach oben. Vor allem aber könne man anderswo zulegen: Nutzer geben in Deutschland 36 Milliarden Euro für Entertainment aus, aber weniger als 1 Prozent davon landen bei ProSiebenSat.1. Und der E-Commerce-Markt liege bei 58 Milliarden und werde bis 2021 auf 79 Milliarden wachsen. Auch hier liegt der Anteil von ProSiebenSat.1 bei unter einem Prozent. Angesichts dessen hält er es für möglich, den Shareholder Value in den kommenden drei bis fünf Jahren zu verdoppeln - andernfalls, so Conze, wäre er schon sehr enttäuscht. An dieser Aussage wird er sich künftig also messen lassen müssen.

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