Zugegeben: Die letzten Wochen des Jahres dürften bei den Programmverantwortlichen von RTL noch einmal für unerwartetes Kopfzerbrechen gesorgt haben. Aus dem erhofften Jahresendspurt wurde eine kleine Quoten-Krise, weil plötzlich weder "Deutschland sucht den Superstar" noch "Das Sommerhaus der Stars" im Linearen so recht funktionieren wollten und mit Mannschaften wie Heidenheim und Hoffenheim auch in der Europa League, vorsichtig formuliert, eher keine Rekorde zu erwarten waren.

Und doch dürfte man in einigen Wochen in Köln hinsichtlich der programmlichen Entwicklung einigermaßen zufrieden auf das Jahr 2024 zurückblicken, das nicht nur geprägt war von einer anhaltenden Zurückhaltung der Werbekunden, sondern in ganz besonderem Maße von großen Sport-Events. Von der Handball-EM im eigenen Land über die Heim-EM im Fußball bis hin zu den Olympischen Spielen in Paris kamen Sportfans wahrlich auf ihre Kosten. Für die ohnehin gebeutelten Privatsender bedeutete das von vornherein keine allzu rosigen Aussichten, schließlich waren fast alle Übertragungen bei ARD und ZDF zu sehen.

Dass sich RTL immerhin ein Dutzend EM-Spiele sichern konnte, linderte den sommerlichen Quoten-Schmerz zwar ein wenig – und doch ist es eine bemerkenswerte Leistung, dass RTL das Jahr als einziger Privatsender mit einem Marktanteils-Plus abschließen kann. Tatsächlich lag der Sender über weite Strecken des Jahres hinweg teils deutlich über den jeweiligen Vorjahres-Werten – um teils deutlich mehr als einen Prozentpunkt konnten die Monatsmarktanteile übertroffen werden.

Möglich gemacht wurde der Erfolg nicht zuletzt durch einige kluge Entscheidungen, die im Team um Inga Leschek getroffen wurden. Seit März 2023 stellte Leschek, zunächst als Programmgeschäftsführerin von RTL und RTL+ und seit diesem Jahr als Chief Content Officer von RTL Deutschland, entscheidende programmliche Weichen. Allen voran, indem sie Ordnung ins Programm brachte, mit bewährten Formaten und Köpfen für Verlässlichkeit sorgte und RTL wieder RTL sein ließ, nachdem der Sender unter ihrem Vorgänger Henning Tewes zeitweise brav - manche würden sagen: zu brav - daherkam.

Mit "Wer wird Millionär?" und "Bauer sucht Frau" am Montag, konventionellen Krimis am Dienstag sowie "Let's Dance", Fußball, dem erfolgreichen Show-Neustart "Drei gegen Einen" und dem Versuch, das Land auch im Sommer ins Dschungelfieber zu versetzen, dürfte ein Innovationspreis in absehbarer Zeit zwar eher nicht nach Köln gehen, doch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Herausforderungen und der zunehmenden Streaming-Konkurrenz aus Übersee erweist sich der eingeschlagene Kurs zumindest vorerst als richtig. Ganz zu schweigen davon, dass Leschek auch Mut bewies, indem sie trotz einer mäßig erfolgreichen Premiere gleich zwei weitere Staffeln von "Die Verräter" in Auftrag gab – und dafür belohnt wurde.

Bleibt noch der Deal mit Stefan Raab, für sie nach eigenem Bekunden "das smarteste, was ich in meinem Leben gemacht habe". Dass es ihr und CEO Stephan Schmitter tatsächlich gelungen ist, den Altmeister noch einmal aus der TV-Rente zurückzuholen, ist ohne Zweifel der größte TV-Coup des Jahres, und fast acht Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer, die im September den Boxkampf gegen Regina Halmich sahen, zeigen, wie groß die Neugier der Fans gewesen ist. Nun liegt es aber nicht zuletzt an Raab zu liefern. Die stark rückläufigen Abrufzahlen seiner RTL+-Show, aber auch der arg verhaltene Start seiner neuen Samstagabendshow "Eltons 12" zeigen gleichwohl, dass der Name Raab kein Selbstläufer ist.

Mit Blick auf 2025 bleiben die Herausforderungen also groß – und ein wenig hat Inga Leschek ihr Schicksal gewiss auch in die Hände von Stefan Raab gelegt, der es dann auch bekanntermaßen noch einmal beim Eurovision Song Contest wissen will. Dass RTL 2024 regelmäßig für Gesprächsstoff sorgte und gleichzeitig auch noch steigende Quoten verbuchte, kann ihr allerdings niemand nehmen. Für uns ist Inga Leschek daher eine der Bildschirmheldinnen des Jahres.