Für die Digitalisierung ist dies gleich in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen setzten die Möglichkeiten des terrestrischen Frequenzspektrums dem Expansionsdrang der Sender natürliche Grenzen. Mehr als fünf Sender – BBC One, BBC Two, ITV, Channel 4 und Channel 5 – konnten analog nicht übertragen werden. Dabei hatte beispielsweise ITV schon seit Jahrzehnten darauf gewartet, ähnlich wie die BBC einen zweiten Kanal starten zu können. Das wurde erst mit der Digitalisierung möglich, da erst die Digitalisierung den dafür notwendigen Platz im terrestrischen Spektrum schuf. Kein Wunder also, dass ITV gleich mit dem Startschuss des digitalen Fernsehens in Großbritannien 1998 mit ITV2 am Start war. Ebenso wie die BBC mit BBC Choice (später umbenannt in BBC Three). Das große Interesse der Sender am digitalen Ausbau zeigt sich auch darin, dass hinter dem unter der Bezeichnung Freeview angebotenen DVB-T in Großbritannien ein Konsortium steht, an dem gleichermaßen BBC, BSkyB, ITV, Channel 4 und der technische Dienstleister Arqiva beteiligt sind.

Zum anderen stellte die Digitalisierung auch für die britischen Zuschauer einen signifikanten Mehrwert dar. Wer in Deutschland einen analogen Kabelanschluss besitzt, der kann bereits mehr als 20 Programme sehen – und ist damit viel weniger leicht von der Vielfalt der digitalen Welt zu beeindrucken. Schon von den 20+x-Sendern schaut man schließlich nur einen Bruchteil (das relevant set), warum sollte das also bei 200 Programmen anders sein? Von daher ist es kaum überraschend, dass in Deutschland vor allem die Digitalisierung des Kabels mit nur 48,2 Prozent der Haushalte immer noch hinterher hinkt.

Wer in Großbritannien dagegen Ende der 90er Jahre kein Sky hatte und nicht zur kleinen Minderheit der Kabelkunden zählte, für den bestand die Fernsehwelt tatsächlich nur aus fünf Kanälen. Entsprechend attraktiv mussten den Zuschauern die Digitalisierung und damit die Ausweitung des Programmangebots vorkommen.

Dadurch, dass das Kabelfernsehen in Großbritannien nie den Stellenwert erlangt hat, den es in Deutschland hat, war der Drang zur Digitalisierung – als ein Mittel, um die von den Zuschauern stark genutzte Terrestrik effektiver ausnutzen zu können – viel größer als bei uns. Entsprechend zügig ging der Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Übernahme der digitalen Technik durch die britischen Zuschauer vonstatten.

Lesen Sie nächste Woche: Catch-up – Die Zukunft des britischen Fernsehens.