Die 65th Primetime Emmy Awards begannen leicht verspätet, aber dafür umso besser mit einem Opening, das in Aufwand und Liebe zum Detail in Deutschland seines Gleichen sucht. Moderiert wurde der US-Fernsehpreis von einem charmanten und doch bitter bösen Neil Patrick Harris. Und gleich zu Beginn wurde auch klar, dass es diesmal einige Überraschung geben würde. Den ersten Emmy des Abends bekam Merritt Wever für ihre Nebenrolle in der Showtime-Serie "Nurse Jackie". Gerechnet wurde im Vorfeld mit einem Sieg von Julie Bowen oder Sofia Vergara, beide für ihre Leistungen in der ABC-Comedy "Modern Family". Doch die in den letzten Jahren gefeierte Serie ging nur wenig später trotz gleich drei Nominierungen auch in der Kategorie Supporting Actor in a Comedy Series leer aus: Stattdessen konnte sich Tony Hale für seine Rolle in der HBO-Comedy "Veep" über einen Emmy freuen. Weniger überraschend war ein letzter Emmy für Tina Fey - zusammen mit Tracey Wigfield - für ihre Drehbücher von "30 Rock" in der Kategorie Writing for a Comedy Series.

Das hilft sicher eine andere Niederlage zu verkraften: In der Kategorie Lead Actress in a Comedy Series gewann wie schon im Vorjahr Julia Louis-Dreyfus für ihre Rolle in "Veep". Für seine Hauptrolle in "The Big Bang Theory" holte sich Jim Parsons auf der Bühne des Nokia Theatre seinen dritten Emmy ab. In der Kategorie Beste Regie einer Comedyserie rettete Gail Mancuso zunächst einmal die "Modern Family"-Ehre - und nahm einen Emmy für ihre Arbeit an der Serie entgegen. Nicht persönlich anwesend war Laura Linney, die für ihre Rolle in "The Big C: Hereafter" mit dem Emmy für die beste Hauptrolle in einem TV-Movie oder einer Miniserie ausgezeichnet wurde. Das männliche Pendant in diesem Genre sollte erst später geehrt werden. Ein Applaus mit tiefem Seufzer im Nokia Theatre gab es für den Gewinner in der Kategorie Outstanding Writing for a Drama Series. Ausgezeichnet wurde hier Henry Bromell für seine Arbeit an "Homeland". Tragisch: Bromell verstarb Anfang des Jahres. Seine Witwe nahm den Preis sichtlich bewegt entgegen.



Für ihre Rolle der Skyler White in "Breaking Bad" erhielt danach Anna Gunn in der Kategorie Supporting Actress in a Drama Series den ersten Emmy des Abends für die in Kürze endende Kultserie. Über den nächsten Emmy können sich auch ProSiebenSat.1 und Schwartzkopff TV freuen: "The Voice" gewinnt als bestes Reality-Competition Program des Jahres. Der Sieg für die in den USA bei NBC laufende Musikshow bedeutet gleichzeitig: Heidi Klums "Project Runway" geht in der Format-Kategorie schon wieder leer aus. Vor einer Woche bekam Klum zusammen mit ihrem Co-Host Tim Gunn immerhin einen Emmy für ihre Moderation des Formats. Überraschend, aber natürlich nicht unverdient, ist der Emmy-Sieg von Bobby Cannavale ("Boardwalk Empire") in der Kategorie Supporting Actor in a Drama Series. Favorit war hier Mandy Patinkin ("Homeland") und mit Jonathan Banks und Aaron Paul waren auch zwei "Breaking Bad"-Stars im Rennen. Ebenso eine totale Überraschung: Der Emmy in der Kategorie Lead Actor in a Drama Series ging an Jeff Daniels für seine Rolle des Will McAvoy in der ansonsten weitgehend von Nominierungen verschmähten HBO-Serie "The Newsroom". Er stach damit u.a. Bryan Cranston ("Breaking Bad"), Jon Hamm ("Mad Men") und auch Kevin Spacey ("House of Cards") aus.

Als beste Hauptdarstellerin in einer Dramaserie wurde wie im vergangenen Jahr Claire Danes für ihre Rolle in der Thriller-Serie "Homeland" ausgezeichnet. David Fincher, der nicht vor Ort war, wurde in der Kategorie Outstanding Directing for a Drama Series ausgezeichnet und holte so einen Emmy für "House of Cards". In der Kategorie Outstanding Writing for a Variety Series wurde das Autoren-Team von "The Colbert Report" ausgezeichnet. In seiner Dankesrede bedankte sich Stephen Colbert zunächst einmal bei der "Daily Show", die einen neuen Standard gesetzt hätte in diesem Genre. Es klang beinahe wie eine vorauseilende Entschuldigung, denn wenig später brach "The Colbert Report" auch den Siegeszug der "Daily Show" in der Königskategorie Best Variety Show. Für die beste Regie in diesem Genre wurde übrigens Don Roy King ("Saturday Night Live") mit einem Emmy geehrt. Der recht merkwürdige Preis für Outstanding Choreography geht an Derek Hough von "Dancing with the Stars".



Der Emmy für Outstanding Writing for a Miniseries or Movie ging an Abi Morgan für "The Hour". Die Ehrung für die beste Regie in dem Genre ging an Steven Soderbergh für den HBO-Film "Behind the Candelabra", der ab 3. Oktober als "Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll" in die deutschen Kinos kommt. Soderbergh dankt in seiner kurzen Rede der herausragenden Leistung von Matt Damon und Michael Douglas. Letzterer nahm wenig später seinen ersten Emmy entgegen - als bester Schauspieler in einer Miniserie oder TV-Movie. In seiner Dankesrede widmete er den halben Emmy seinem Filmpartner Matt Damon - beide spielen ein schwules Liebespaar - und sorgte mit der Frage "Do you want the bottom or top part?" für den Lacher des Abends. Der HBO-Film wird am Ende auch als bester TV-Movie/Miniserie geehrt. In den Nebenrollen-Kategorien dieses Genres gewinnen James Cromwell ("American Horror Story: Asylum") und Ellen Burstyn für ihre Rolle in "Political Animals".

Und dann war es endlich soweit. Bei den Königskategorien kurz vor Ende der leicht überzogenen Preisverleihung konnte "Modern Family" dann doch noch einen zweiten Emmy an diesem Abend abräumen - als beste Comedyserie. Nach 2010, 2011 und 2012 bereits zum vierten Mal. Der letzte Emmy des Abends ging dann an "Breaking Bad" - in der Kategorie Beste Dramaserie. Erfinder Vince Gilligan konnte es in seiner Dankesrede kaum glauben, dass es endlich geklappt hat. Es ist das erste Mal, dass die bald endende Kultserie in dieser Kategorie gewinnt. Das Nachsehen hat u.a. "House of Cards", das nur einen von vier möglichen Emmys ergattern konnte. Die meistnominierte Produktion dieser 65th Primetime Emmy Awards ist der HBO-Film "Behind the Candelabra". Abgesehen von den Gewinnern war die diesjährigen Emmy-Verleihung kurzweilig. Es mangelte nicht an Show-Acts. Neben Elton John und Carry Underwood durfte auch Neil Patrick Harris, der einige Gags auf seine Kosten ertragen musste, eine seiner so geliebten Musical-Nummer performen. Einspieler nach der Rückkehr aus der Werbung und gleich mehreren Gedenkminuten lockerten die übliche Kategorien-Parade angenehm auf. Mal auf heitere, mal auf tragische Weise. Die Emmys bewiesen erneut, dass man eine Preisverleihung durchaus attraktiv und live gestalten kann.

Auf der nächsten Seite finden Sie eine Übersicht über alle Kategorien der Emmy-Nacht mit allen Nominierten und den Gewinnern...