Der machtbewusste Kongressabgeordnete Francis "Frank" Underwood rechnet ebenso wie seine nicht minder ehrgeizige Frau fest damit, dass der frisch gewählte Präsident, den er mit ins Amt gebracht hat, ihn zum Außenminister macht. Doch es kommt anders - und Underwood sinnt fortan auf Vergeltung, eiskalt und berechnend. In "House of Cards"  brilliert Kevin Spacey in der Rolle des Machtpolitikers, der ohne mit der Wimper zu zucken Parteifreunde und Journalisten für sich instrumentalisiert und selbst deren Tod in Kauf nimmt, um letztlich an sein Ziel zu gelangen. Und ein Zwischenziel ist zum Ende der ersten Staffel tatsächlich erreicht: Er zieht als Vizepräsident ins Weiße Haus ein. Doch sein Machthunger ist damit noch längst nicht gestillt - und dass er im Amt nicht gerade skrupelloser geworden ist, wird schon in Folge 1 der zweiten Staffel deutlich - wer sie gesehen hat, weiß zweifellos, welche Szene gemeint ist.

"House of Cards" offenbart jedenfalls einen schonungslosen Blick auf den Politbetrieb in Washington - und wie Kevin Spacey letztes Jahr bei seiner viel beachteten Rede in Edinburgh zu Protokoll gab, hätte er schon von vielen Politikern gehört, dass "House of Cards" der Realität damit womöglich so nah kommt wie keine andere Serie zuvor.

Dass "House of Cards" dabei überhaupt produziert wurde, ist einzig Netflix zu verdanken. Kevin Spacey, der nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern auch Executive Producer ist, stellte die Serien-Idee gemeinsam mit David Fincher nämlich zunächst allen Sendern vor. Doch überall hieß es: Produziert zuerst einen Piloten. Das jedoch wollten die Macher nicht - schließlich gehe es darum, eine Serie zu schaffen, in der man das komplizierte Geflecht der Personen nicht innerhalb von 45 Minuten erklären könne. Netflix habe als einziger auch ohne Pilot an die Serie geglaubt - und direkt zwei Staffeln bestellt. Und tatsächlich entwickelte sich "House of Cards" zu einem echten Abo-Argument für Netflix und brachte dem VoD-Anbieter vor allem Prestige.

Und dieses Prestige kommt nicht zuletzt durch die Nominierung für die zweite Staffel einer Serie, die gar nicht im klassischen Fernsehen gelaufen ist, sondern eben nur bei Netflix zum Abruf bereit steht. Nominiert war "House of Cards" im letzten Jahr bereits in neun Kategorien und konnte dabei drei für sich entscheiden. Dieses Jahr konnte dieser Wert sogar noch um vier weitere auf 13 Nominierungen gesteigert werden - und das abermals in den Königskategorien "Beste Serie", Kevin Spacey als "Bester Hauptdarsteller in einer Drama-Serie" und Robin Wright alias Claire Underwood als "Beste Hauptdarstellerin". Spacey war vor seiner Nominierung für Frank Underwood übrigens schon zwei Mal nominiert, 2008 für die Filme "Recount" und "Bernard and Doris", gewann allerdings nicht. Auch Robin Wright ist kein Emmy-Neuling, musste letztes Jahr jedoch Anna Gunn den Vortritt lassen. Ob die Academy-Mitglieder, die häufig nicht durch eine besonders progressive Wahl von Preisträgern auffallen, dieses Jahr den Schritt gehen möchten und in diesen Kategorien eine reine Online-Serie wie "House of Cards" auszeichnen wollen, ist nach wie vor fraglich. Immerhin konnte letztes Jahr David Fincher den Preis für die beste Regie entgegen nehmen, was doch in gewisser Weise als Hinweis auf ein bereits eingeläutetes neues Zeitalter bei den Emmys interpretiert werden könnte.