Viele Kategorien, gerade in den Bereichen Unterhaltung und Information, sind in diesem Jahr beim Deutschen Fernsehpreis neu. Die Jury will künftig auch in diesen beiden Bereichen, ähnlich wie in der Fiktion, mehr Personen hinter den Kulissen auszeichnen, um so ein Gleichgewicht zwischen den Genres zu schaffen. Die "Beste Ausstattung Unterhaltung" ist streng genommen zwar nicht ganz neu, wurde der Fernsehpreis in dieser Kategorie doch schon 2019 vergeben, sonderlich viel Aufmerksamkeit wurde den Personen in diesem Bereich bislang aber nicht zuteil. 

DWDL.de hat sich daher bei den in diesem Jahr in dieser Kategorie nominierten Personen umgehört und sie befragt. Und die Nominierten sind durchaus unterschiedlich. Alexandra Brandner etwa ist Gewandmeisterin und für die Kostüme der ProSieben-Show "The Masked Singer" nominiert, die sie in den vergangen Monaten geschaffen hat. Christian Hanno und Jakob Kuby wurden für das Bühnenbild bei der "Helene Fischer-Show" nominiert und bei der btf können sich unter anderem Michael König, Lea Fumy und Julian Schleef Hoffnungen auf eine Auszeichnung machen - sie waren für Szenenbild und Design der Böhmermann-Shows "Neo Magazin Royale" und "Lass Dich überwachen! Die Prism is a Dancer Show" verantwortlich. 

The Masked Singer

Alexandra Brandner© Alexandra Brandner
Alexandra Brandner (Foto rechts) fertigt bereits seit 25 Jahren Kostüme für Film und Theater an, "The Masked Singer" hat der Gewandmeisterin aber wohl so viel Aufmerksamkeit beschert wie zuvor kein anderes Projekt. Wohl jeder, der die Show 2019 erstmals gesehen hat, kann sich noch an das Monster erinnern - oder den Grashüpfer. "Die Arbeit ist enorm schwierig, weil meine Maskenchefin Marianne Meinl und ich in wenigen Stunden, nachdem die Entwürfe ankommen, wissen müssen, wie wir die Kostüme und Masken bauen werden", sagt sie im Gespräch mit DWDL.de. Fasziniert ist sie vor allem von der Arbeit mit verschiedenen Materialien und Stoffen. "Wir müssen nähen, sägen, schweißen, löten. Wir arbeiten mit Stoffen, Metallen, Holz, Schaum, Latex. Alles muss in einem Guss zusammengefügt werden und sechs Shows durchhalten."


Eine Herausforderung für Brandner und ihr Team ist, dass sie nicht wissen, welche Promis später in den Kostümen stecken werden. Auch hier gilt: Top Secret. Das macht die Produktion der Kostüme schwierig, es gibt daher auch keine Anproben. Normalerweise sei das ein unmögliches Unterfangen. "Das gelingt wirklich nur, weil ich mir durch die jahrzehntelange Erfahrung ungefähr vorstellen kann, wie ich solche Schnitte anfertigen muss, damit sie dann auch passen." Und "Masked Singer" hat inzwischen auch spürbare Auswirkungen auf das Geschäft: "Aufträge kommen jetzt noch mehr aus dem Ausland, vermehrt auch für sehr schwere Projekt", sagt Brandner. 

Die Helene Fischer Show

Jakob Kuby© Kuby Concept
Christian Hanno und Jakob Kuby (Foto rechts) mussten keine Masken oder Kostüme anfertigen, sondern eine ganze Bühne. Und zwar die, auf der Helene Fischer mit anderen Künstlern während ihrer "Helene Fischer Show" sang und tanzte. Die Show habe ganz spezielle Anforderungen an das Set Design gestellt, sagt Jakob Kuby von Kuby Concept im Gespräch mit DWDL.de. "Es gibt kaum eine andere Musik-Show mit vergleichbar vielen Titeln und Inszenierungen. Dabei variieren die Inszenierungen von Solo-Auftritten bis hin zu opulenten Arrangements mit über 50 Musikern und artistischen Auftritten von Helene." Und obwohl die Show aufgezeichnet werde, sei es wichtig, live on tape zu produzieren. Pausen kommen also so gut wie nicht vor. "Das ist sowohl für das Publikum als auch für Helene selbst wichtig. Nur so kann eine wirklich unterhaltsame Show entstehen", so Kuby. Dadurch muss die Bühne aber eben auch schnell umzubauen sein. 

Grundsätzlich stehe bei einem guten Bühnenbild immer der Inhalt an erster Stelle, sagt Kuby. Man habe es sich zur Aufgabe gemacht, Werte spürbar zu machen. "Der Wert einer Sendung ist der Inhalt und wir schaffen den perfekten Raum für diese Inhalte." Schaffe man das, verstärke das Bühnenbild die Emotionen beim Zuschauer. Teuer muss das Set Design nicht zwangsläufig sein, betont der Experte. "Wir folgen in unserer kreativen Arbeit dem Inhalt, aus dem sich gewisse Notwendigkeiten ergeben. Manchmal führt das zu umfangreichen, technischen Anforderungen oder großen Szenenflächen. Es gibt aber natürlich auch den umgekehrten Fall, in dem ein Tisch und eine Lampe reichen um großartiges Fernsehen zu machen."

Neo Magazin Royale

Michael König, Lea Fumy und Julian Schleef© btf
Und dann ist auch die btf für Szenenbild und Design beim "Neo Magazin Royale" und "Lass dich überwachen! Die Prism is a Dancer Show" nominiert worden. "Eine Besonderheit beider Shows liegt darin, dass wir es uns zum Prinzip gemacht haben, nichts nach Schema F zu produzieren", sagen die nominierten Michael König, Lea Fumy und Julian Schleef (Foto rechts), denen wichtig ist zu betonen, dass sie nicht alleine verantwortlich sind für die Umsetzung der beiden Shows. Sie sind die drei Personen, die vom Fernsehpreis stellvertretend für das ganze Team genannt wurden. Die vollständige Mannschaft, die auf einen Preis hoffen darf, besteht aus Michael König, Leoni Werle und Daniel J. Becker (Bühnenbild/ Studio Design), Lea Fumy, Stefanie Becker, Sonja Halbe, Sonja Kopp, Johannes Schmitt, Jim Schraube , Janika Streblow, Alana Reimer, Marie Schäder, Nora Müller (Requisite/Szenenbild) sowie Julian Schleef, Birte Buss, Matthias Gerding, Florian Liesenfeld, Jo Müller, Anne Pothenick, Laura Schraufstetter, Tim Stadie, Michael Rizzi, Jakob Weiß und Johannes Stahl (Grafik). Man habe bei den beiden Shows die bestmöglichste Umsetzung gesucht - und nicht die einfachste oder die, die am wenigsten gekostet hätte, sagen die Nominierten. 

Es gebe selten einen Zeitpunkt an dem man sich zurücklehnen könne, weil etwas "fertig" sei, erklären König, Fumy und Schleef. "Der Prozess endet nie, an allem wird bis zur letzten Sekunde gefeilt und man darf sich nicht zu schade sein, Dinge zu verwerfen, wenn sie nicht wirklich gut funktionieren." Das sei nicht der kürzeste Weg zum Ziel, insgesamt sei es aber befriedigender, wenn man am Ende das Ergebnis sehe. Grundsätzlich sei für sie ein entscheidendes Qualitätsmerkmal eines guten Bühnenbildes, wenn man eine inhaltliche Idee mit einem eigenständigen visuellen Konzept aufgreife und weitererzähle. "Nur weil etwas schon mal so funktioniert hat, macht man es nicht einfach beim nächsten Mal wieder genauso. Bei uns fließt deshalb bei der visuellen Ausgestaltung viel Arbeit in Konzeption, Recherche und Trial & Error. Man muss sich Zeit nehmen und Dinge ausprobieren, wenn man etwas Besonderes erschaffen will, auch wenn es beim Fernsehen eigentlich nie genug Zeit für irgendwas gibt." Man müsse auch immer offen sein für einen Blick über den Tellerrand der Fernsehlandschaft.

Endlich mehr Beachtung

Alle genannten Personen freuen sich sehr über die Nominierung und verweisen auf die Tatsache, dass ihr Bereich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kaum Beachtung gefunden hat. "Wenn man so hart arbeitet und es in Deutschland für das Kostüm eigentlich nie Anerkennung gibt, ist das natürlich einfach nur ein glückliches Gefühl", sagt Alexandra Brandner. Eine Kollegin in den USA habe für ihre Arbeit bereits drei Emmys erhalten, so die Gewandmeisterin. "Wir freuen uns nachziehen zu können und mit der Nominierung zu zeigen, dass wir hier in Deutschland das auch können. Wir sind gut und müssen uns nicht verstecken."

Bei der btf freut man sich insbesondere darüber, dass es beim Fernsehpreis überhaupt eine Kategorie gibt, in der Szenenbild und Design von Shows eine Rolle spielen. "Gerade bei Fernsehshows werden diese Gewerke unserer Meinung nach häufig nicht genug hervorgehoben und gewürdigt. Zumindest bei btf hat die Visualität eines Projektes neben dem Inhalt aber einen gleichberechtigt hohen Stellenwert und es steckt nicht weniger kreative Leistung darin als bei den Kollegen. Wir finden es ein ermutigendes Zeichen, dass gut gemachte Gestaltung im Fernsehen dadurch insgesamt hoffentlich ein kleines bisschen relevanter wird." Jakob Kuby, der in der Vergangenheit selbst mehrfach die Bühnenbilder für den Deutschen Fernsehpreis entworfen hat, sagt, er habe es immer schade gefunden, dass das Set Design im Entertainment keine wirkliche Rolle bei Auszeichnungen gespielt habe. "Es gibt viele Beteiligte innerhalb einer Show-Produktion, deren Arbeit in den Auszeichnungen nicht erwähnt werden. Ich würde mich freuen, wenn zukünftig auch Mitwirkende ausgezeichnet werden, die nicht immer in der ersten Reihe stehen."