Nominierungen für Preise sind immer auch ein Statement für gute Leistungen. Manchmal ist es aber auch ein Statement, wenn eine Nominierung ausbleibt. So zum Beispiel beim Deutschen Fernsehpreis. Als beste Sportsendung hat sich die Jury dazu entschieden, die EM-Berichterstattung von ZDF und Deutscher Telekom zu nominieren - nicht aber die der ARD. Stattdessen geht eine weitere Nennung an das ZDF für die Berichterstattung zur Segelregatta Vendée Globe, was mindestens genauso überraschend ist.

Dass die ARD als einziger EM-Sender nicht im Rennen ist, kann also durchaus als Ohrfeige gewertet werden. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass die Berichterstattung im Ersten nicht einfach vergessen wurde, immerhin hatte es schon im Sommer reichlich Kritik daran gegeben - insbesondere im Vergleich zum ZDF wirkte die "Sportschau" weit weniger rund und routiniert. Dazu kamen verunglückte Interview-Fragen und ein Schleichwerbe-Eklat um die Uhren von Experte Bastian Schweinsteiger. 

So gesehen war das Ausbleiben der Nominierung in diesem Fall also eher keine Überraschung. Im Gegensatz zu "LOL", jener ebenso prominent besetzten wie in hohen Tönen gelobten Comedyshow des Amazon-Streamingdienstes Prime Video. Sicher gibt es sehr gute Gründe, die für eine Nominierung von "ZDF Magazin Royale", "Carolin Kebekus Show" und "Freitag Nacht Jews" sprachen - und doch dürfte es nicht wenige geben, die die Produktion von Constantin Entertainment in der Fernsehpreis-Riege vermissen.

Viele serielle Prestige-Projekte nicht dabei

Große Namen fehlen aber auch in der Fiktion. Hier fällt beim Blick auf die diesjährigen Nominierungen auf, dass es nicht die großen Blockbuster-Produktionen sind, die in der Jury mehrheitsfähig waren. Dass es etwa die Miniserie "Lu von Loser" mit ihren acht kurzen Folgen, die es zusammengerechnet auf nur rund eine Stunde Laufzeit bringen, in die Liste der potenziellen Preisträger geschafft hat, mag zwar verdient sein, kommt aber in jedem Fall überraschend. Vor allem, wenn man bedenkt, wer es nicht geschafft hat.

So wird man sich etwa bei Amazon mit dem Prestige-Projekt "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" ganz bestimmt Chancen auf eine Auszeichnung ausgerechnet haben. Gleiches gilt "Barbaren", die bislang erfolgreichste deutsche Serien-Produktion von Netflix. Aber auch "Tribes of Europa" von den "Dark"-Produzenten, die amüsante TVNow-Comedy "Unter Freunden stirbt man nicht", die von MagentaTV, Arte und mehreren ARD-Anstalten koproduzierte Dramaserie "Wild Republic" oder auch die Joyn-Serie "Katakomben" hätte man durchaus unter den Nominierten erwarten können.

Ebenfalls ein interessantes Detail: Die Vox-Show "Altes Haus sucht Mitbewohner" erhielt eine Nominierung, obwohl der Sender das Format vorzeitig absetzte, und im Reality-Genre hat sich die Jury ausschließlich in Datingshows verliebt. Promi-Realitys sucht man hier ebenso vergeblich wie etwa den Quoten-Hit "Germany's next Topmodel", der sich - bedingt durch die Corona-Pandemie - ein Stück weit neu erfinden musste. Dass in dieser Kategorie nicht mehr Abwechslung zu finden ist, dürfte aber auch damit zusammenhängen, dass sogenannte Competition-Realitys wie etwa "Survivor" oder "The Mole" in Deutschland zuletzt schlicht kein Publikum fanden und daher fast nicht mehr produziert werden.

Mit Blick auf die Personenkategorien fallen schließlich noch zwei Überraschungen ins Auge: So wurde der Talk mit Markus Lanz in der Kategorie "Beste Information" bedacht. Angesichts starker Leistungen ist das in jedem Fall eine verdiente Anerkennung - selbstverständlich ist sie dennoch nicht, wenn man an bisweilen niederschmetternde Kritiken der Vergangenheit denkt. Und dann ist da auch noch Andrea Kiewel, die seit mehr als 20 Jahren den "ZDF-Fernsehgarten" präsentiert. Oft belächelt, könnte der Klassiker in diesem Jahr gleich doppelt ausgezeichnet werden - einmal für die Moderation und ein weiteres Mal für die Regie. Da soll noch einmal einer sagen, Beharrlichkeit würde sich im deutschen Fernsehen nicht lohnen.