Foto: VIVASeinen Nachnamen muss man sich erstmal merken. Klaas Heufer-Umlauf. Sein Arbeitgeber VIVA stellt ihn, wie üblich, nur mit Vornamen vor. Ich treffe Klaas im MTV-Foyer, wo die halbe Belegschaft der Viacom-Sender beim Latte Macchiato sitzt. Er ist zu spät und erklärt, er habe noch ein Auto abgeben müssen. Nach drei Sätzen scheint klar, was ihn auszeichnet: Eine entspannte, selbstironische Haltung – nicht unbedingt üblich, wenn die Berufsbezeichnung „VIVA-VJ“ lautet. Aber Klaas Heufer-Umlauf war ja auch schon Frisör, Schauspieler beim Staatstheater, und außerdem kommt er aus Oldenburg. Ein Gespräch mit einem großen Fernsehtalent.

Herr Heufer-Umlauf, das letzte, was ich von Ihnen gesehen habe, war ein Besuch bei Rolf Eden. Haben Sie sich davon mittlerweile erholt? Für mich war es hart, zuzuschauen.

So schlimm war's gar nicht. Man wird bei dieser Sendung zunächst davon ausgehen, dass ich Rolf Eden von vorne bis hinten verarschen will. Das war aber nicht mein Ziel. Ich habe ihn besucht und durfte darüber staunen, wie dieser Mann seit 20 Jahren in den 80ern lebt. Er ist mittlerweile 77. Sein Haus war richtig voll, seine Kinder liefen herum, irgendwann war ein Fotograf im Haus...

Dieses Bild wird Eden gefallen... Ein Ein und Aus der Medienvertreter.

Der halbseidenen Medienvertreter, ja! Irgendwann kam noch seine Produzentin und brachte seinen neuen Song mit.

So ein Zufall.

Vielleicht war's auch inszeniert. Aber Eden hat seine Haustür offengelassen, der Fotograf kam einfach rein, suchte sich eine Steckdose und baute sein Licht auf. Erst danach stellte er sich überhaupt vor. Eden erledigte die ganze Nummer mit beeindruckender Non-chalance.

Er erzählt aber auch die Geschichte von seiner Ex-Frau, die jetzt mit seinem Sohn zusammen ist, ein Kind erwartet, und fragt sich, wer von beiden nun der Vater ist. Auf mich wirkte er wie ein Gespenst.

Er ist ein Gespenst in seinem eigenen Schloss. Er wohnt in einem recht großen Haus, an dem die einstmals grellen Farben nach und nach verblassen. Es gibt eine Stelle, an der es von der Decke tropft. Eden geht um diese Stelle einfach herum, als wäre es eine Säule. Er spricht auch nicht darüber, dass sein Dach undicht ist. Direkt daneben liegen Fotos, auf denen er mit den Rolling Stones zu sehen ist, beim Abendessen. Im 70er-Jahre-Smoking mit riesengroßer Fliege.

Glauben Sie nicht, dass er diese Dinge für Fernsehteams drapiert?

Wenn er all das für meinen Besuch inszeniert hätte, müsste er ein großartiger Dekorateur sein. Er hat überall zerknülltes Bargeld in den Ecken herumliegen. Ich denke, das liegt da immer.
 


Wenn man aus Rolf Edens Haus tritt: Ein Moment, in dem man darüber nachdenkt, ob man wirklich öffentliche Figur bleiben will?

So ist es. Diesen Gedanken verfolgt auch die Sendung, die wir dort gemacht haben. Sie soll aufklären: Was ist eine "Personality", wie bekomme ich eine? Das führt Eden vor. Was passiert, wenn in einer solch grotesken Art und Weise öffentliche Figur und Privatperson verschmelzen? Bei einem 77-jährigen Mann, der großen Spaß an diesem Zustand hat, ist es okay. Aber ich selbst frage mich natürlich, ob ich auch derart lachend in die Kettensäge rennen will.

Bei Ihnen hat zunächst mal nichts auf eine Medienkarriere hingedeutet. Sie sind in Oldenburg aufgewachsen. Wie viel von der Stadt steckt noch in Ihnen?

In mir steckt so viel Oldenburg wie in Wigald Boning oder Dieter Bohlen. Sehr viel. Offiziell ist Oldenburg eine Großstadt. Aber die Stadt besitzt viel Provinzielles, das sie sich nicht wegschminken kann. Die Stadt ist groß genug, um dort aufzuwachsen, klein genug, um den Überblick zu behalten.

Ein Autorenkollege, ebenfalls Oldenburger, nannte als einen Grund für seine Flucht aus der Stadt ein Etablissement namens "Bar Celona".

Grausam. Es gibt in der Stadt eine Möchtegern-Schickmicki-Szene. Und in der "Bar Celona" sitzen wiederum die, die noch nicht mal dazu gehören. Proseccotrinkende Industriellengattinnen.

Macht eine solche Stadt hungrig, kreativ zu arbeiten?

Ja. Ich habe dort die Möglichkeit gehabt, mich zu entwickeln, ohne eine große Auswahl zu genießen. Ich komme aus einem soliden Umfeld, trotzdem hatte ich den irrsinnigen Drang, wegzuziehen, seit ich 17 war. Eine Stadt wie Oldenburg schürt den Hunger, auch wenn`s letztendlich drauf ankommt, was man selbst mitbringt. Ich kenne auch langweilige Menschen, die in New York aufgewachsen sind.