Es gibt ja eindeutig zu wenig Katzen im deutschen Fernsehen. Da haben die Macher einen Trend glatt verschlafen. Was will der Mensch zur Ablenkung und Belustigung? Genau: Katzencontent. Darüber täuschen auch die letztlich nicht mehr ganz so grandiosen Quoten der Katzenberger-Dokus nicht hinweg. Die hatte halt mit der Geburt ihres Nachwuchses eindeutig ihren Niedlichkeitsfaktor verloren. Ein entzückendes „Oooch, wie süüüüüß“ entfleuchte da kaum noch jemandem.

Aber jetzt naht Rettung. Der Hessische Rundfunk reißt es raus, also jener winzige Sender, der ja schon bewiesen hat, dass er in der Lage ist „Tatort“-Folgen („Im Schmerz geboren“)  zu produzieren, die den Episoden aus den großen Funkhäusern zeigen, wo der kreative Hammer hängt. Genau dieser HR hat sich nun einer jahrelangen Tradition erinnert, von der Menschen, die das Pech hatten, im Sendegebiet des HR aufwachsen zu müssen, noch heute schwärmen.
Es geht um die Pausenkatzen des HR. Das sind ganz und gar possierliche Mietzekatzen, die total süüüüüüß durch und über irgendwelche Würfel mit dem HR-Logo klettern. Damit hielt man seit den 70er-Jahren die Zuschauer des HR-Fernsehens bei Laune, wenn mal eine Sendung zu kurz geraten war oder die Schalte zum nächsten Studio nicht so klappte.

Wer in seiner Jugend den Pausenkatzen verfiel, der kam von ihnen selten wieder los. Weil aber die alten HR-Kätzchen trotz der ihnen nachgesagten neun Leben auch nur mit begrenzter Haltbarkeit ausgestattet gewesen sein dürften, muss davon ausgegangen werden, dass von jenen Kuscheltieren, die vor 45 Jahren durch die Würfel turnten, allenfalls noch für Archäologen interessante Reste vorhanden sind.

Nun gibt es ab Montag neue HR-Katzen, und auch die Frischlinge sind wieder – natürlich – total süüüüüß und niiiiiiiiiiiiedlich. Sie gucken, und dann schauen sie, und dann gucken sie wieder, bevor sie auf die Würfel klettern und Maunz oder Miau sagen. Ab und an kommen sie sich in die Quere, und dann wird es eng in den Würfeln.

Der HR ist sich seiner Tradition dabei wohl bewusst. Er hat trotzdem die Clips schwer hip und zukunftssicher in Szene gesetzt. Das merkt man nicht nur an den Aufnahmen, die mit 4k-Schärfe beeindrucken, obwohl das noch kaum jemand empfangen kann. Selbst an der Filmmusik spürt man das Bestreben, auch in späteren Tagen noch en vogue sein zu dürfen. Schon jetzt nehmen die HR-Planer den Trend zur gefälligen Klarinettenmelodie vorweg. Es ist natürlich der „Wild Cat Blues“ vom Jazzgott Fats Waller, der erst 69 Jahre tot ist. Rihanna und Ed Sheeran sollen bereits nachgefragt haben, wo es denn diesen Klarinettensound gibt.

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Natürlich liefert der HR auch ein passendes Pausenkatzen-Making-Of auf seinen Webseiten. Dort erfährt man gar, dass es gar nicht so einfach gewesen sei, die richtigen Kätzchen aufzutreiben. "Sie sollten nicht nur hübsch und munter sein – es mussten mindestens zehn Tiere im Alter von etwa zwölf Wochen her, damit man sie während des Drehs austauschen kann. So kleine Kätzchen brauchen viele Pausen", sagt die zuständige Casterin, die schließlich bei einer Züchterin in der Nähe von Darmstadt Britisch Kurzhaar-Kätzchen fand mit hohem Flauschfaktor, großen Augen und unerschütterlicher Lässigkeit.

„Miau!“ heißt es im zugehörigen Artikel des HR-Journals. Ja, der Sender weiß seine Aktionen zu vermarkten, und es kann doch letztlich nur eine Frage der Zeit sein, bis der Hundeprofi Martin Rütter Konkurrenz von irgendeinem Katzenprofi bekommt. Ich wette, der HR hat da schon was in der Planung. Für die Titelmelodie könnte man ja was Ultrahippes von Swing-Legende Glenn Miller nehmen. Der ist im Jahre 1944 exakt ein Jahr nach Fats Wallers Tod verschwunden.

Aber möglicherweise bereitet man beim HR ja auch nur die Intendantenwahl vor und bildet die Kätzchen entsprechend aus. Um sich langwierige Abstimmungsprozesse zu ersparen, bekommt einfach jedes Kätzchen ein Namensschild um, auf dem ein Kandidat vermerkt ist. Das Namensschild, das zuerst an der Spitze des HR-Kästchen-Kratzbaumes ankommt, hat dann gewonnen und der zugehörige Kandidat wird Intendant.

Ganz gewagte Geister in Frankfurt haben übrigens vorgeschlagen, eins der Kätzchen solle Intendant werden. Der Gleichmut der Kuscheltiere sei in Intendantensitzungen der ARD ebenso von Vorteil wie die großen Augen und die unerschütterliche Lässigkeit, die ihnen nachgesagt werden. Als Katze ertrage man einfach den Quatsch, den die ARD intern produziert, wesentlich leichter. Nun wird experimentiert, ob man an einer der Katzen eventuell eine von Helmut Reitze abgelegte Fliege anbringen könnte. Es würde die Chancen dieses Tiers enorm erhöhen. Katze mit Fliege, das wäre doch ein Knaller.

hr-Intendantenkatze© hr/DWDL

Bis dahin gilt: Bitte viele Pausen im HR-Programm einplanen. Erstens sind die Katzenfilme billiger als manch anderer Beitrag, und zweitens übertreffen die Kätzchenbilder die Qualität so mancher HR-Produktion um Längen. Klingt böse, aber manchmal sind Katzen eben auch so: kratzig.