Man muss nicht mehr groß reden über die höchst zweifelhafte Vox-Doku, die am Dienstag das Wirken des Xavier Naidoo nur aus einer Richtung beleuchtete und im Rahmen einer Jubelarie peinlich darauf achtete, alle Kritik plattzubügeln oder durch gezielte Weglassung zu entschärfen. Stefan Niggemeier hat dazu alles Wesentliche gesagt und liefert dem Vorzeigesender etliche Gründe, sich nachhaltig zu schämen.

Man könnte aber mal über Jeannine Michaelsen reden, also jene Frau, die zwischendrin so tat, als würde sie Naidoo interviewen. Es ging natürlich um den ESC. „Mich interessiert, wie die Geschichte war“, sagte sie, aber dann musste sie sich mit ein paar Satzfetzen als Antwort begnügen. Der Rest kam aus dem Off, aus Filmbeiträgen, quasi aus dem Nichts. Irgendwann stand dann wieder Michaelsen zwischen Fotowänden und baute dem Künstler eine Startrampe für weitere Rechtfertigungen. „Was glaubst du, wo kommt dieser ganze Hass her“, wollte sie wissen. Wollte sie es wissen?

Da offenbarte sich eine große Tragik: Man hat das Gefühl, Michaelsen spielt eine Rolle, an der sie offensichtlich nicht wirklich interessiert war. Sie wusste wohl, dass sie eine Journalistin mimen sollte, sie wusste wahrscheinlich aber auch sehr genau, dass sie in dieser Medienwelt vieles sein mag, eine Journalistin aber mit Sicherheit nicht. Am Tag danach wurde sie in der Kölner City gesichtet beim Dreh für "Ponyhof". Sie macht halt viel, diese Frau. Sie ist fleißig. Das ist unbestreitbar.

„Ponyhof“, so viel zur Erinnerung, ist so etwas wie der Versuch einer Show, mit der es TNT Glitz erfolgreich in die Schlagzeilen und in die Nominierungslisten der gängigen Fernsehpreise geschafft hat. Bei Ansicht dieser Sendung ist es allerdings schwer einen nachvollziehbaren Grund zu finden, diese auszuzeichnen. Ist es Fernsehkunst, wenn zwei Frauen in einer Billigkulisse sitzen, witzlosen Quatsch von sich geben und lieblos Gäste empfangen?

Beim Deutschen Fernsehpreis war Michaelsen auch mitnominiert für „Das Duell um die Welt“, ein bemerkenswertes Format, für das Cornelius & Klaas nicht zu Unrecht ausgezeichnet wurden. Auch Michaelsen war mit auf die Trophäenliste gerutscht und bedankte sich. Sie sagte irgendwas. Was es war, verflüchtigte sich rasch aus dem Arbeitsspeicher. Dabei ist genau das Michaelsens Problem. Wo immer sie  nach ihrem Job von der Bühne abtritt, fragt man sich hinterher, ob und was da war.

Michaelsen ist eine von diesen Persönlichkeiten, die sich rückstandslos im Mediengesummse auflösen. Sie teilt dieses Schicksal mit Typen wie Daniel Hartwich, Steven Gätjen und Sven Lorig. Sie alle eint das Problem, dass sie handwerklich wenige Fehler machen. Allerdings verlangt ein Medium wie das Fernsehen nach ein bisschen mehr. Nicht alle, mit denen man spontan ein Bier trinken würde, sind für den Platz vor der Kamera geeignet. Einen Hauch von Charisma sollte man schon mitbringen.

Jeannine Michaelsen© ProSieben/Guido Engels

Das Michaelsen-Dilemma konnte man erneut sehr deutlich studieren, als sie offiziell als Moderatorin des Cornelius & Klaas-Formats „Die beste Show der Welt“ angekündigt wurde, in der Sendung aber lediglich hier und da mal eine Überleitung sprechen durfte. Da pendelte sie im Status ein wenig tragisch zwischen Stichwortgeberin und Randfigur. Nun ist es nicht ihre Schuld, wenn in einem Konzept, das keine Moderatorin braucht, trotzdem eine drin steht.

Eine Frau sucht verzweifelt ihre Rolle. Und findet sie irgendwie nicht. In einem Medium, das mit Sicherheiten wirbt und protzt, sind Menschen, die nach Orientierung forschen, rasch als Fehlbesetzung kategorisiert. Vielleicht setzen sich Michaelsens Berater mal zusammen und loten aus, wo ihre eigentlichen Stärken liegen. Mit Sicherheit sind die nicht im Bereich von Moderiert-für-Geld-alles oder Dienstleisterin-für-wen-und-was-auch-immer zu finden.

Jeannine Michaelsen braucht dringend ein Profil, das sie von anderen Aufsagerfiguren unterscheidet, vielleicht sogar mal ein paar Kanten.