Wer so gar nichts kann, der hat es schwer im Leben. Außer, man macht was mit Medien. Da kann man immer noch in der ARD anheuern und dort seine Ideenlosigkeit unter dem Titel Unterhaltungschef pflegen. Man bringt dann reihenweise Quizsendungen ins Abendprogramm. Natürlich solche mit vermeintlichen Promis. Man sagt dann, dass so etwas genau das sei, was die Menschen sehen wollen. Was anderes gehe gar nicht.

Aber doch, es geht auch etwas anderes, es geht vom Niveau her noch drei Stufen tiefer. Wer noch weniger als gar nichts kann, der ist bei der ARD für Trailerplatzierung verantwortlich. Das ist ein harter Job, weil man sein Unfähigkeitslevel ja niemals verlassen darf und jeden Anflug von Inspiration vermeiden muss. Man darf nur das tun, was auch einem Fünfjährigen im Sandkasten einfiele. Das aber im Übermaß.

Und man hat gut zu tun, denn inzwischen wirkt es, als bestreite die ARD große Programmflächen mit Trailern. Eine Stunde kommt da am Tag bestimmt zusammen. Gefühlt sind es fünf Stunden, vor allem weil man ein und denselben Trailer zigmal vorgesetzt bekommt. Kostet halt wenig. Nimmt man mal durchschnittliche Minutenkosten von 5000 Euro an und zieht dann die minimalen Beträge ab, die für Trailerherstellung und Trailerplanung anfallen, dann kann man mit einer Stunde voller Trailer locker einen sechsstelligen Betrag einsparen. Täglich!

Ist alles nicht so schlimm? Doch, ist es. Beispiel gefällig? Am Mittwoch lief der ansehnliche Film „Klassentreffen“. Um 20.15 Uhr. Als der zu Ende ging, wäre die Information, wer alles an diesem bemerkenswerten Projekt beteiligt war, hilfreich gewesen. Aber die wurde im Blitztempo auf ein paar blauen Täfelchen abgehandelt, denn es musste vor dem Beginn der Folgesendung noch Platz blieben für ein paar Trailer. Drei, um es genau zu sagen. 

Nun sind Trailer per se nichts Schlechtes. Man könnte damit Werbung machen für Sendungen, die es verdient haben, die aus unerfindlichen Gründen irgendwo im Nachtprogramm versteckt sind, weil der Programmdirektor meint, sie einem wachen Publikum nicht zumuten zu können. Trailer wären eine prima Einrichtung die das Programm zur Wundertüte adeln könnten, wenn sie in der Praxis nicht darauf ausgelegt wären, lediglich eine visuelle Monokultur zu fördern. Quizshows mit so genannten Promis beispielsweise.

Ich kenne viele engagierte Redaktionen, in denen Menschen sitzen, die sich auf der Stelle ein Bein abfreuen würden, kämen sie auch nur einmal in den Genuss eines Trailers für ihre Sendung. Einmal nur. Offensichtlich aber wissen die Trailerplaner in der ARD um die Gefahr solcher Spontanamputationen und haben sich deshalb entschlossen, ihnen rigoros die Motivationsgrundlage zu entziehen.

Es kann nur so sein, denn anders kann ich mir nicht erklären, warum die ARD nach dem 20.15 Uhr-Film am Mittwoch ausschließlich für 20.15 Uhr-Produktionen der Folgetage wirbt, also für Sendungen, die in der ARD mit ihrem überalterten Publikum ohnehin als bestplatziert gelten. Die kriegen noch ein bisschen Werbung hinterher geschmissen. So etwas folgt dem rein markwirtschaftlichen Ansatz, dass man am meisten gewinnen kann, wenn man die dicken Schiffe noch etwas dicker macht. Dass die ARD aber nicht nach rein markwirtschaftlichen Gesichtspunkten funktionieren sollte, war erst kürzlich dem geleakten Framing-Papier zu entnehmen. Bis zur Trailerplanung ist solch eine Erkenntnis aber offensichtlich noch nicht durchgedrungen. Deshalb wohl diese Trailer für 20.15-Uhr-Dickschiffe. 

Leider schaffen es die Planer noch nicht einmal, die penetrante Eigenreklame in einer halbwegs logischen Reihenfolge abzuhandeln. Erst werben sie für den Freitagsfilm um 20.15 Uhr, wo endlich mal wieder eine patente Ärztin sich durchsetzen muss, dann für den Donnerstagskrimi um 20.15 Uhr. Und weil das nicht noch nicht genug ist, erfahre ich zum wiederholten Mal an diesem Mittwoch, dass es am Samstag eine XXL-Ausgabe von „Wer weiß denn sowas?“ gibt. 

Was soll denn dabei die Botschaft sein? Das klingt ein bisschen so, als würde mir die Bahn auf meinem Ticket ganz oben mitteilen, dass ich auf dem Weg von Düsseldorf nach Passau in Frankfurt umsteigen muss. Darunter stünde dann, dass ich das vorher aber auch in Köln tun müsste und hinterher noch Augsburg. Klingt ein bisschen verwirrend und ist schwer zu merken? Ja, aber offensichtlich nicht in der ARD, wo man wohl der Meinung ist, dass sich das Seniorenpublikum eifrig Notizen macht, welche Sendung nun wann kommt, dass es sich über die Aufgabe freut, die Empfehlungen hinterher in eine zeitlich sinnvolle Reihung zu bringen. Kann man als Teil eines geriatrischen Belebungsprogramms sicher als sinnvoll erachten.

Belegt wurde das am Donnerstag, als nach dem 20.15-Uhr-Film wieder nur Trailer für 20.15 Uhr-Produktionen liefen. Erst einmal kam ein Hinweis auf den in einer Woche (!) um 20.15 Uhr laufenden Krimi, dann wieder einmal der Tipp, dass es in der ARD um 20.15 Uhr mal wieder eine patente Ärztin, die sich durchsetzen muss, gibt, gefolgt von dem Hinweis, dass es am Samstag eine XXL-Ausgabe von „Wer weiß denn sowas?“ gibt. Ja, Donnerwetter aber auch.

Ich bezweifle allerdings, dass da irgendeine pädagogische Absicht hinter steckt. In meiner wirren Phantasie fährt in der ARD täglich ein Lkw mit frischen und gebrauchten Trailern auf den Hof, und dessen Ladung wird einfach in die Fugen zwischen den Programmen geschüttet. „Ach, kippen Sie es einfach irgendwo hin“, sagt dann die zuständige Fachkraft, macht sich danach ein Stempelchen ins Fleißheft und fühlt sich großartig aufgehoben in einem schalldicht abgeschotteten System, in dem man den Schuss nicht mehr hören muss.

Noch schlimmer wird es ja regelmäßig vor den „Tagesthemen“, wenn die Moderatoren der vorangegangenen Sendungen nach Hamburg schalten müssen, um komplett gekünstelt nachzufragen, was von dort in wenigen Minuten kommen wird. Das wird in der ARD als wichtig erachtet, weil man offenbar der festen Überzeugung ist, dass man so die Zuschauer des Vorprogramms zu den „Tagesthemen“ rüber rettet. Danach folgen natürlich lediglich die Schlusstitel der Sendung und natürlich: Trailer. 

Merkt da keiner, was die Schalte in die „Tagesthemen“ über die Wirkung der Trailer aussagt? Wenn man mit solch einer gekünstelten Schalte glaubt, die Bindung zum Kunden aufrecht erhalten zu können, bedeutet es doch im Gegenzug, dass man sehr wohl weiß, dass die folgenden Trailer den Zuschauer in einem Maße vertreiben, das in keinem Verhältnis steht zu ihrer Werbewirkung. Man minimiert also ganz bewusst das Publikum und hofft, dass sich das später einmal auszahlen werde. Wer sitzt eigentlich in der ARD-Abteilung, die so etwas ausrechnet? Eine Horde Milchmädchen?

In Wahrheit sind Trailer doch die Werbeblöcke des Öffentlich-Rechtlichen, also jene Scharniere, die dem Zuschauer das Signal senden: Du kannst jetzt beruhigt wegschalten und schauen, was die Konkurrenz so bietet. Hier kommen jetzt eh nur noch Trailer für Programme, die du ohnehin einschaltest. 

Wollte man wirklich etwas für den Programmfluss tun, würde man direkt zu den „Tagesthemen“ schalten und zu Pinar Atalay übergeben, also deutlich machen, dass etwas im Fluss ist. Stattdessen staut man aber lieber den Publikumsstrom und nimmt in Kauf, dass etliche Zuschauer seitlich abfließen.

Auch der Umstand, dass dann am Donnerstag vor den „Tagesthemen“ immerhin nicht für eine 20.15-Uhr-Unterhaltung, sondern für eine am späten Montag laufende, sicher sehr wertvolle Dokumentation geworben wird, erscheint mir dem beworbenen Objekt nicht dienlich. Wer merkt sich denn am Donnerstagabend, dass am Montagabend etwas läuft? Mache ich mir da hinterher einen Zettel an den Kühlschrank: „Achtung, Montag läuft eine tolle Doku.“ 

Aber das ist ja noch nicht einmal das Schlimmste. Man kann mit Unfähigkeit gewürzte Lieblosigkeit auch noch steigern. Zu bestaunen war das beispielsweise im Januar. Da lief der ergreifende Film „Die Unsichtbaren“ um 20.15 Uhr, eine Meisterleistung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. In dem Film ging es um Juden, die dem Naziterror entwischen konnten. Am Ende des Films stand das berührende Statement eines Überlebenden. Das war allerdings noch nicht ganz ausgeklungen, als die ARD schon mit einem gefühllos drangeklatschten Krimitrailer alles vorher Aufgebaute wieder einriss. „Ein großes Werk in einer Sekunde abklatscht“, schimpfte ein Zuschauer in den Kommentaren auf der Filmseite und traf damit 100prozentig ins Schwarze. 

Auch dem ehemaligen Medienwächter Norbert Schneider ist der Umgang mit der Eigenwerbung ein Dorn im geschulten Auge. „Wer befreit uns von der Trailerfülle zwischen einzelnen Sendungen und ihren vorbeihuschenden Abspännen, unverständlichen Bilderrätseln, die einen verwirrt zurücklassen und eine Atemlosigkeit erzeugen, als werde das Programm von seinen eigenen Kommissaren gejagt?“, schrieb er im „Tagesspiegel“. Man kann angesichts der hanebüchenen Blödheit der Trailerplaner jeden seiner klugen Sätze nur mehrfach unterstreichen.