Ich will es am eigenen Leib erfahren. Ich will es wissen. Herausfinden, was passiert, wenn ich mir die große Dosis gebe. Ich weiß, dass das nicht gesund ist. Aber wenn ich es nicht tue, wer soll es dann tun?

Natürlich haben mich meine Freunde gewarnt. Tu das nicht, haben sie gesagt, und dann haben sie den Zeigefinger gehoben und geguckt wie gestrenge Lehrer. "Das ist nicht gut für dich", haben sie gemahnt. Aber ich bin jetzt schon über 60, und da stellt sich natürlich die Frage: Wann, wenn nicht jetzt? Wer weiß denn, ob ich in ein paar Jahren überhaupt noch in der Lage bin zu solchen Abenteuern?

Natürlich habe ich schon ein bisschen Angst. Ich bin gestern Nacht schwitzend aufgewacht, weil ich geträumt habe, dass ich aus der Lage, in die ich mich da hineinbegeben will, nicht mehr herauskomme. Ich habe mich nicht plötzlich im Bett aufgerichtet und laut geschrien, wie sie das in schlechten Filmen gerne machen, um zu zeigen, dass der Protagonist gerade einen Alptraum hatte. Aber es war schon beängstigend.

Zur Vorbereitung habe ich mir schon mal einen silbrigen Bart wachsen lassen und mir ein weit ausgeschnittenes T-Shirt gekauft, auf dass man möglichst viel, aber nicht zu viel von meinem Brusthaaransatz sehen kann. Ich will zwar etwas wagen, aber gut dabei aussehen, will ich auch. Vor dem Spiegel habe ich deshalb auch dieses leicht verschmitzte Lausbubengrinsen geübt, das es den Menschen leicht macht, mich zu mögen. Hat nicht durchweg geklappt, aber ich bin guter Hoffnung, dass da noch ein bisschen was geht bis Montagabend.

Das mag sich jetzt alles vergleichsweise einfach anhören, aber die innere Beschäftigung mit dem Vorhaben war schon enorm. "Diese psychische Belastung, die hat mich am meisten Arbeit gekostet", habe ich meinem Kameramann verraten.

Apropos Kameramann. Natürlich lasse ich mich bei meinem Unterfangen begleiten von einem Team, das durchweg an meiner Seite bleibt, das alles filmt, was ich tue. Das hat einerseits den großen Vorteil, dass ich mich nicht so alleine fühle, andererseits filmen die vom Team alles, was ich tue und sind auch dabei, wenn es Momente gibt, in denen ich möglicherweise nicht so gerne gefilmt werde. Aber für diese Momente habe ich ja mein Lausbubengrinsen, meinen Silberbart und das großzügig geschnittene T-Shirt.

Ich will es also wagen. Ich habe mir "Just do it" auf die Handknöchel tätowieren lassen, denn am Montagabend um 20.15 Uhr ist es soweit. Dann startet "Das Hoff-Experiment", und wenn es einmal begonnen hat, dann gibt es kein Zurück mehr, dann ist keine Fernbedienung mehr greifbar, dann schaue ich zwei volle Stunden zu, wie sich Jenke von Wilmsdorff Selbstversuchen in Sachen Fleischkonsum aussetzt.

Das hört sich jetzt hart an, aber wer, wenn nicht ich, sollte das sonst tun? Ich weiß, dass es schmutzig wird, aber irgendeiner muss diesen dreckigen Job erledigen, und dieser Irgendeiner bin nun mal ich. Ich werde zuschauen, wie Wilmsdorff zwei Wochen lang ausschließlich Fleisch isst, sich also quasi verhält wie ein durchschnittlicher RTL-Zuschauer. Schon jetzt schüttelt es mich.

Doch es kommt noch härter. Danach lebt Wilmsdorff zwei Wochen vegan. Ich weiß noch nicht, ob ich das durchstehe. Zusehen, wie jemand zwei Wochen kein Fleisch isst. Das geht an die Grenzen. Es wird eine enorme Umstellung für mich sein, der ich doch nichts lieber tue als Fleischesser beim Fleischessen zu beobachten. Zudem dürfte ich mitleiden, wenn Wilmsdorff wegen seines Fleischkonsums eine spontane Gicht-Attacke erleidet, wenn er seine Beziehung zur schlachtreifen Sau Elsa durchdekliniert. Kurz gesagt: Das Hoff-Experiment wird kein Spaß. Für niemanden. Nicht für Wilmsdorff, nicht für mich, nicht für Elsa.

"Mein neues Experiment reiht sich in das übergeordnete Thema ‚Nachhaltigkeit‘ ein. Unsere Gesellschaft ist an dem Punkt angekommen, wo wir alle etwas im Großen verändern wollen. Meinen größten Respekt und vielen Dank an dieser Stelle gilt der ‚Fridays for Future-Bewegung‘. Diese junge Generation hat die Türen geöffnet, und jetzt ist es an uns, die Räume zu betreten, um wieder Ordnung zu schaffen."

Ouupps, Entschuldigung. Jetzt habe ich aus Versehen einen ganzen Absatz aus der RTL-Pressemitteilung zur Wilmsdorff-Show zitiert. Aber egal. Das passt ja auch ganz prima zum Hoff-Experiment. Eigentlich zu jedem Experiment. Eigentlich zu allem.

Und es wirkt schon. Seit ich mich entschlossen habe, alles zu wagen für die Welt, für "Fridays For Future" und für mich, geht es mir schon rein körperlich besser. Und geistig bin ich sowieso fitter denn je. Jetzt nur noch das Lausbubengrinsen aufsetzen und die Haare auf meiner Brust zählen. Ich glaube, es sind schon zwei neue hinzugekommen. Der Countdown zum Hoff-Experiment kann beginnen. Zehn, neun, acht…