Herr Schmitter, Sky Deutschland wirbt aktuell mit dem Slogan „Alles was du brauchst“. Das haben Sie offenbar sehr wörtlich genommen…
(lacht) Da haben wir uns gedacht wir klopfen mal an und nehmen sie beim Wort. Nein, im Ernst: Das ist für uns ein strategisch sehr wichtiger und logischer Schritt, wenn man sich anschaut wie die Marken aufgestellt sind. RTL auf der einen Seite ist jünger, weiblicher. Sky auf der anderen Seite älter und männlicher. Das passt perfekt. Wir konnten uns in der Content-Partnerschaft über die vergangenen 18 Monate sehr gut beschnuppern und haben gemerkt, dass wir von Inhalten sowie Firmenkultur sehr nah beieinander sind und beide Seiten haben den Wert, der darin liegt, erkannt. Deswegen sind wir dann tiefer in die Verhandlungen eingestiegen und sind glücklich, wenn wir das, vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden, ins Ziel bringen können.
Sie sprechen es an. In der Vergangenheit gab es, auch bei Ihnen im Haus, immer wieder Versuche, Kräfte im deutschen Markt zu bündeln. Das ist dann am Bundeskartellamt gescheitert. Was stimmt sie diesmal optimistisch?
Die Situation im Markt hat sich verändert. Alle spüren das. Es gibt drei Gründe für Optimismus. Um uns herum werden die großen globalen Plattformen immer stärker, bauen ihre Angebote aus und schöpfen mit werbebasierten Angeboten in unserem Markt Gelder ab. Wenn wir in die USA schauen, dann ist der stärkste Streamingservice YouTube, also kein klassisches Medienhaus. Dazu das riesige Social Media-Universum. Ich bin zuversichtlich, dass auch die Politik inzwischen ein Gefühl dafür entwickelt hat, dass wir eine Offensive aus Deutschland heraus brauchen. Ein weiterer Aspekt ist, dass es hier um sehr unterschiedliches Business geht: Wir haben ein stark werbebasiertes Geschäftsmodell, Sky ein stark abobasiertes Geschäft.
Und der dritte Punkt der Zuversicht?
Wir werden unseren Antrag bei den europäischen Kartellbehörden einreichen, weil wir von einem europäischen Geschäft reden: Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein und Südtirol. Es gilt das größere Bild zu betrachten, auch angesichts z.B. eines Deals wie TF1 und Netflix in Frankreich. Der Markt ist in Bewegung und die ersten Reaktionen, die mich erreicht haben, zeigen: Es wird als Signal für die Stärkung des Standorts Deutschland verstanden und hilft uns, unsere journalistischen Angebote zur Stärkung demokratischer Strukturen im neuen Medienmarkt zu sichern. Als nationaler Champion auf Augenhöhe mit globaler Konkurrenz zu agieren, darum gehts.
Wann erhoffen Sich die operative Umsetzung dieses Deals? Welchen Zeitraum peilen Sie an?
Wir sind natürlich durch vergangene Erfahrungen vorsichtig geworden. Wir wären sehr glücklich, wenn es 2026 klappt. Und vielleicht klappt es ja zum Start der Bundesliga-Saison 26/27, aber das liegt natürlich am Klärungsbedarf der Behörden. Einerseits ist es natürlich ein komplexer Deal von europäischer Tragweite, aber wir spüren andererseits politischen Rückenwind, etwa von Herrn Weimer heute. Wir sind da also guter Dinge. Aber bis zum grünen Licht bleiben wir Wettbewerber im Markt und können jetzt auch gewisse Dinge erst einmal nicht miteinander besprechen. Das ist okay, so ist das Verfahren. Aber wir werden so gut wie möglich vorbereitet sein, wenn das grüne Licht kommt.
Sie haben laut der heutigen Pressemitteilung Synergien in einer Größenordnung von rund 250 Millionen Euro identifiziert. Wo sollen die herkommen?
Aus ganz verschiedenen Bereichen, deswegen haben wir ja auch gesagt, dass wir diese Synergien über drei Jahre anstreben. Das ist nichts, was sich von heut auf morgen realisieren lässt. Zunächst einmal gibt es bei einem kombinierten Content-Portfolio immer die Möglichkeit einer effizienteren Auswertung. Das werden wir uns alles ganz in Ruhe anschauen und bewerten.
Welche Kompetenzen bringt Sky Deutschland mit?
Sky hat beispielsweise außergewöhnliche Kompetenz im B2C-Marketing, sonst hätten sie WOW nicht neben RTL+ zum zweit schnellstwachsenden Streamingdienst in Deutschland aufbauen können. Und das obwohl sich zum Start sicherlich einige gefragt haben, warum man versucht noch eine weitere Marke zu etablieren. Auch das tägliche Management der Sky-Abobasis ist bemerkenswert. Wir wissen inzwischen ja auch ein Lied davon zu singen, wie sensibel das Thema ist wenn es etwa um Preiserhöhungen geht. Und dann gibt es natürlich auch die hochmodernen Studios am Standort Unterföhring, die das Maß aller Dinge in Technik und Ausspielung sind.
Gibt es auch direkte Einsparpotentiale?
Natürlich gibt es auch Doppelungen bei einem Content-Budget von 2,5 Milliarden Euro. Da werden wir aus beiden Welten das Beste herausfiltern. Damit verbunden ist aber auch, die Organisationsstruktur für die veränderte Wettbewerbssituation weiterzuentwickeln. Mit diesem Deal verlagert sich unser Fokus Richtung Streaming und Zukunft. Aber konkret werden können wir da erst, wenn die Aufsichtsbehörden entschieden haben.
"Die drei Marken RTL+, Wow und Sky stellen wir nicht in Frage, weil sie komplementär aufgestellt sind"
Sie sprachen selbst die Studios an. Ist es für RTL Deutschland reizvoll, künftig auch am Standort München vertreten zu sein?
Total. Wir haben mit RTL Deutschland bereits wichtige Standorte in Berlin, Hamburg und natürlich Köln. München kommt als weiterer zentraler Standort und unverändert Hauptsitz für Sky Deutschland dazu. Für mich als gebürtigem Münchner natürlich besonders schön, da komme ich immer gerne hin. Aber entscheidender ist natürlich, dass wir dann die große Expertise und Kreativität dort am Standort für uns all unsere Produkte und Kanäle nutzen können. Das kann, auch für unsere journalistischen Angebote, nur von Vorteil sein.
Sie sprachen eben schon die Marken von Sky an. Mit RTL+, Wow und Sky würden sie mit drei kostenpflichtigen Angeboten im Markt agieren. Ist das sinnvoll?
Die drei Marken stellen wir nicht in Frage, weil sie komplementär aufgestellt sind. RTL+ ist das All-In-Entertainment-Angebot, Wow das monatlich flexible Abo für Filme, Serien und Sport und Sky als Premium-Vollversorger. Wir sprechen ja auch über drei Marken, die etablierte Fans in ihren Zielgruppen haben. Da wollen wir erstmal niemanden irritieren, Verlässlichkeit bieten und dann schauen wie wir diese drei starken Marken gemeinsam noch besser orchestrieren können.
Perspektiv-Wechsel: Was haben denn die Zuschauerinnen und Zuschauer von diesem Deal? Bekommen die einen Mehrwert?
Wir sichern mit dem Deal eine einzigartige Content-Vielfalt über alle Ausspielwege. Von kostenlos bis Premium. Von linear bis Streaming. Von jung bis alt - über alle Genre und Endgeräte. Damit machen wir allen jederzeit ein passendes Angebot, können am größer gewordenen Contentmischpult unsere Angebote noch besser ausspielen. Zum Beispiel im FreeTV noch mehr Livesport, der dann wiederum die Pay-Angebote großflächig promotet. So aufgestellt sichern wir die Zukunft von einem Unternehmen mit einem Content-Budget von rund 2,5 Milliarden Euro.
RTL Deutschland hat eine sehr enge, umfassende Partnerschaft mit der Deutschen Telekom. Die nimmt durch diese Pläne keinen Schaden?
Absolut nicht. Die Deutsche Telekom ist unser wichtigster und engster Partner. Wir arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen und der heutige Deal hat für beide Seiten sehr positive Effekte. Ich bin sicher, die Deutsche Telekom findet es ganz gut, wenn Ihr Partner RTL Deutschland das eigene Contentangebot künftig noch attraktiver und stärker macht.
Letzte Frage: Gerne werden Synergien auch in der Technik gesucht, doch da hat Wow gerade erst auf eine Comcast-Plattform umgestellt und RTL+ wiederum soll auf die RTL Group-weite Technik von Bedrock umgestellt werden. In einer idealen Welt, würde alles auf einer Plattform laufen oder?
Wir arbeiten bei RTL weiter intensiv an unserer Migration auf die Bedrock-Technik, während die Kollegen in München Wow gerade final auf die Comcast-Plattform umziehen. Und mit Blick nach vorne würde ich sagen: Wir erleben und leben im Moment die ständige Weiterentwicklung. Da sind wir inzwischen geübt und das heißt für uns, das wir die Fragen dann beantworten, wenn sie sich stellen. Aber zunächst einmal warten wir jetzt auf grünes Licht für unseren Deal.
Herr Schmitter, herzlichen Dank für das Gespräch.