Herr Heyden, als Dyn startete, war das Motto „Alles außer Fußball“. Jetzt ist die DFL Gesellschafter geworden, wie geht das zusammen?
Es ist nicht so als hätte ich diese Frage nicht erwartet (lacht). In keinem unserer Businesspläne ist für die kommenden zwei Jahre der Erwerb von Fußballrechten von Topligen vorgesehen. Das Investment der DFL heißt auch nicht automatisch, dass wir Fußballrechte bekommen. Würden wir irgendwann über Fußball nachdenken, ist das eine aktive unternehmerische Entscheidung und kein Automatismus, der sich aus dem Investment ergibt.
Klug formuliert, weil in den kommenden zwei Jahren auch keine Übertragungsrechte der DFL ausgeschrieben werden…
Rational ist es so, wie die DFL es selbst kommuniziert hat: Das Spektrum der Handelsoptionen der DFL wird mit ihrem Einstieg bei Dyn natürlich massiv erweitert. Es geht dabei in erster Linie um technisches Know-how und Umsetzungskompetenz. Das gilt national wie international. Wir als Dyn helfen der DFL gerne und unserer technischen Plattform ist es egal, ob es Indonesien oder Nordrhein-Westfalen ist.
Die Branche sucht nach Finanzierung, national wie international - und Dyn gewinnt mit der Schwarz Gruppe einen neuen Hauptgesellschafter, künftig gleichauf mit Axel Springer, auf den wohl kaum jemand getippt hätte. Wie ist das gelungen?
Da würde ich gerne etwas weiter ausholen.
Gerne.
Im dritten Quartal letzten Jahres fing es an, dass uns die Leute geglaubt haben, dass unser Konzept funktioniert. Unsere erste Saison war durch; es gab keine großen technischen Probleme und die Communitys, die wir erreichen wollten, haben uns angenommen. Die erste Hürde war also genommen und damit wurden zahlreiche Firmen auf uns aufmerksam. Damals haben die Gesellschafter entschieden, dieses Interesse in einen strukturierten Prozess zu überführen. Für uns ging es um die Frage: Was brauchen wir, um erfolgreich zu sein? Und was wir erreichen wollen, lässt sich nicht nur mit Geld erreichen. Wir brauchen Menschen, die an unsere Mission glauben, gezielt den Zugang zum Sport suchen und uns durch ihre Kompetenzen und Assets neue Möglichkeiten erschließen. Und die Schwarz Gruppe als eines der innovativsten Unternehmen Europas erfüllt das.
Nach dem Motto „Warum soll ich da Werbung kaufen, wenn ich den Werbeträger kaufen kann“?
Das greift zu kurz. Wir haben damit einen Partner, der Sport lebt. Die Schwarz Gruppe wurde vergangenes Jahr als Sponsor des Jahres ausgezeichnet bei den Horizont Sportbusiness Awards, engagiert sich schon lange enorm in den Sportarten, die wir übertragen und in Events wie dem Lidl Final4. Sie sind auch darüber hinaus in Sportarten engagiert, die wir noch nicht übertragen, etwa Eishockey oder Radsport. Der nächste Aspekt: Sport aktiviert sehr gezielt zu bestimmten Zeiten Aufmerksamkeit, die sich gut nutzen lässt, um Kunden zu aktivieren. Das wird die Schwarz Gruppe sicher für sich nutzen. Ein drittes Thema ist digitale Souveränität und Kompetenz. In dem Bereich verfügt die Schwarz Gruppe mit Stackit und Schwarz Digits über große Ressourcen und sehr viel Expertise.
"Ich glaube schon, dass wir eine Bewegung gestartet haben."
Als Dyn angetreten ist, waren die Zweifel groß, ob sich Deutschland in ausreichendem Maße für mehr als König Fußball interessiert. Nun erleben wir seit einem Jahr den Run auf allerlei Sportrechte, für die sich zuvor kaum jemand interessierte…
Es ist ein Manifest der Weitsicht von Christian (Seifert, Anm. d. Red.). Er hat das früher als der Markt erkannt und im Frühjahr 2022 zusammen mit Axel Springer sicher relativ überraschend zugeschlagen. Damals haben wir die Pflöcke eingeschlagen, bevor andere im Markt auf die Suche nach Sportrechten gegangen sind. Allerdings haben wir auch einen anderen Ansatz als viele, die sich jetzt Übertragungsrechte sichern.
Welchen?
Die Basis in unseren fünf Sportarten - also Basketball, Handball, Volleyball, Tischtennis und Hockey - sind die nationalen Ligen. Unser Konzept ist nicht, zuerst auf internationale Events zu gehen. Diese können gerne im Free TV laufen und dem Interesse an den Sportarten und damit uns helfen. Wir denken aus dem Verein über die Stadt und die Region ins Land - und können anschließend über internationale Rechte nachdenken. Weil wir erklärtermaßen die Sportarten fördern wollen - und natürlich mit den Ligen auch unser Abo-Geschäft betreiben, was mit kurzen Turnieren allein nicht möglich ist. Also, um nochmal auf die Frage einzugehen: Ich glaube schon, dass wir eine Bewegung gestartet und bewiesen haben, dass man auch mit Übertragungsrechten abseits von Fußball Geld verdienen kann.
Aber die U21-Handball-Weltmeisterschaft passte neulich trotzdem rein…
Ja, wir haben die U21-Handball-Weltmeisterschaft gezeigt, was sehr gut für uns funktioniert hat, weil es die Saison verlängerte.
Was heißt „sehr gut funktioniert“ in dem Fall?
Es ging uns dabei weniger um die Neukundengewinnung. Vielmehr konnten wir den Fans nach der Saison ein weiteres Highlight anbieten und damit die Kundenzufriedenheit steigern. Dass wir die U21-Handball-Weltmeisterschaft übertragen haben, passt zudem zum Grundgedanken, unsere Sportarten zu unterstützen und dem Nachwuchs eine Bühne zu bieten.
Wenn Sie davon sprechen, Dyn habe es geschafft und sich bewiesen. Woran machen Sie das fest?
Ich denke da in den Dimensionen Reach - Rank - Revenue. Wenn wir beim Thema Reach, also Reichweite, die AWA nehmen, dann ist das Interesse an unseren Sportarten von 18,3 Millionen Menschen in 2024 auf 19,8 Millionen gestiegen. Acht Prozent mehr innerhalb eines Jahres. Und in den zwei Jahren, in denen Dyn aktiv ist, haben die Sportarten sicher das Interesse von über zweieinhalb Millionen Menschen mehr geweckt. Bis sich das in Abos umsetzt, dauert es ein wenig, aber der erste Schritt unserer Mission ist, dass sich mehr Menschen für die Sportarten interessieren. Aufmerksamkeit und Wertschätzung steigern: Check. So viel wie bei Dyn, im Axel-Springer-Kosmos, über Social Media oder mithilfe des Dyn Media Networks bei unseren Partnern über Basketball und Handball im Liga-Betrieb berichtet worden ist, hat es zuvor noch nie gegeben.
Was verstehen Sie unter Rank?
Rank im Sinne von Relevanz: Da haben wir noch großes Potential vor uns, weil noch nicht in allen Städten genug durchgedrungen ist, welche Vereine vor Ort spielen. Also wollen wir dabei unterstützen, noch stärker am Identifikationspotential zu arbeiten, mit Sportlerinnen und Sportlern aus den Vereinen und mit den Vereinen. Ich glaube, da sind auch stärker die Ligen und die Clubs selbst gefordert, in ihren Städten und Regionen Gehör zu finden. Da unterstützen wir und liefern z.B. zeitnah nach Abpfiff mit AI unterstützt Highlight-Clips, die unter anderem Vereine auf ihren Social-Media-Kanälen nutzen können. Sie dürfen Highlight-Clips auch mit eigenen Sponsoren vermarkten. Und sie bekommen in Laufzeit und Preis spezielle Abo-Konditionen für ihre Mitglieder. Da machen wir zahlreiche Angebote und sind natürlich auch darauf angewiesen, dass die Clubs und Regionen ihren Beitrag leisten. So gut Dyn auch ist: Nur wir allein gewinnen keinen neuen Basketball-Fan, das müssen wir gemeinsam mit den Clubs vor Ort schaffen. Wenn mehr Menschen in die Halle kommen, dann hilft das dem Sport - und wir sind für diese neuen Fans da, wenn sie mehr wollen.
Und wie sieht es nun am Ende beim Umsatz aus?
Wir sind sehr zufrieden mit unserem Wachstum. Wir geben marktüblich keine Abo-Zahlen raus, aber ich kann Ihnen trotzdem einige Zahlen nennen: Die Rekord-Zuschauerzahl in der Saison 23/24 bei einem Spiel lag bei 115.000. In der zweiten Saison erreichten zahlreiche Spiele mehr als 100.000 Zuschauer und Top-Spiele im Handball lagen sogar bei rund 200.000. Das gibt zumindest eine Indikation zur Entwicklung der Subscriber-Base. Bei der Entwicklung der Werbe-Reichweite hat sich im Vergleich von Jahr 1 zu Jahr 2 Einiges getan, da arbeiten wir ja mit Seven.One Media zusammen und haben auch einige technische Verbesserungen vorgenommen.
Und wann soll Dyn dann anfangen Geld zu verdienen? Eine Frage, die sicher ja auch die neuen Gesellschafter interessieren wird…
Es gibt einen klar definierten Weg zur Profitabilität, aber wir sind nach zwei Jahren natürlich noch nicht profitabel, das lässt sich bei Investitionen in dem Maße, in dem wir sie getätigt haben, auch so schnell nicht erreichen. Die beiden neuen Investoren glauben ebenso wie die Gründungsgesellschafter an unseren Plan. Wir stehen vor dem Tipping-Point, wo sich einige Skalen-Effekte erst einstellen werden. In zwei Jahren lässt sich zu dem Thema sicher mehr sagen, dafür ist es jetzt einfach noch zu früh. Wir haben die Übertragungsrechte für unsere Sportarten auch wegen des langfristig ausgelegten Konzeptes für sechs Jahre erworben, nicht nur vier.
Anfang des Jahres hat Dyn zum ersten Mal die Preise erhöht bzw. angeboten, für stabile Abo-Preise sich längerfristig zu binden. Wie lief diese erste Runde der Preiserhöhung?
Wir sammeln Erfahrungen und haben in der zweiten Saison viele Dinge zum zweiten Mal gemacht. Die Anpassung unserer Preisstruktur war aber auch für uns etwas Neues (lacht). Ich glaube, dass wir das fair gelöst haben. Wir hatten uns im Vorfeld einige Maximen gesetzt: Bestandskunden bekommen immer den besten Preis, wir versuchen nicht über Bestpreis-Angebote Neukunden zu gewinnen. Monatlich zahlende Kunden hatten sogar die Möglichkeit, in das Jahresabo zu wechseln und ihre Kosten dadurch zu senken.
Wie verhält es sich denn mit Jahres- vs. Monatsabos?
Ich kann so viel sagen: Wir haben mehr Jahresabos als Monatsabos. Und was mir besonders wichtig ist: Wir haben alle Abonnenten absolut transparent informiert und sie mussten der neuen Preisstruktur aktiv zustimmen. Wir wollen unseren Markenkern, nah am Fan zu sein, auch hier umsetzen. Wir erhöhen also nicht automatisch und ungefragt. Beide Maximen sind gut angekommen. Meiner Überzeugung nach hat auch diese Fairness dafür gesorgt, dass ein extrem hoher Anteil an Abonnenten geblieben ist.
Mit Blick aufs Angebot: Basketball und Handball sind die wichtigsten Treiber für Dyn?
Basketball, Handball und auch - auf einem etwas niedrigerem Level - Volleyball. Da ist viel Dynamik drin, wir haben es ja erst seit einem Jahr exklusiv bei uns und merken, dass es gut funktioniert. Es sind einfach spektakuläre Bilder, ein sehr schneller und visueller Sport. Das hat einen gewissen Charme. Tischtennis - wie Tennis auch – ist aus Broadcaster-Sicht eine Herausforderung, weil man nie genau weiß, wie lange es dauern wird. Das ist für Sendeplanung und Audience Flow eine Herausforderung.
Ein imageprägender Aspekt von Dyn ist die Initiative „Move Your Sport“, mit der Sie die fünf Sportarten, die Dyn überträgt, auch finanziell unterstützen wollen durch die abgeschlossenen Abos. Können Sie da Zahlen nennen?
Im Januar vergangenen Jahres haben wir die erste Million ausgeschüttet, haben dazu dann im vergangenen Sommer auch Dokumentationen zu jeder Sportart veröffentlicht, um sichtbar zu machen, was die Ligen mit unserer Unterstützung realisieren konnten.
Nun höre ich eine grundsätzliche Zufriedenheit heraus, dazu zwei neue Gesellschafter. Aber es gibt ja auch die Kehrseite: Welche Learnings waren in den ersten beiden Jahren Dyn besonders überraschend bzw. schmerzhaft?
Überraschend war für mich, dass es möglich war, die Kosten pro Sendeminute von der ersten zur zweiten Saison noch einmal zu senken, weil wir am Anfang wesentlich mehr Sicherheitsnetze eingezogen haben. Nach jetzt 6.000 übertragenen Spielen merken wir, wo wir effizienter werden können. Braucht es vor Ort einen 24-Stunden-Support? Oder reichen acht Stunden? Brauchen wir wirklich zwei oder gar drei Übertragungswege? Die Beschleunigung auf dem Weg zur Profitabilität kommt aus solchen Erkenntnissen. Marge wird beim Einkauf gemacht, hilft uns die Kosten stärker unter Kontrolle zu halten und damit pro Sendeminute effizienter zu wirtschaften, ohne dass die Produktionsqualität für die Zuschauer abnimmt.
Und was war schmerzhaft?
Die Erkenntnis, dass die Transformation von Interesse für eine Sportart bei einer Welt- oder Europameisterschaft in das anhaltende Interesse an der nationalen Liga schwerer ist, als man es sich wünschen würde. Diese Bewegung braucht viel Unterstützung und geht nicht so schnell, wie man es sich manchmal wünschen würde. Deswegen arbeiten wir daran sehr partnerschaftlich mit den Ligen. In einem Überangebot von Sport werben wir für die Langstrecke des Liga-Betriebs. Und das während immer mehr Turniere Sichtbarkeit bekommen. Deswegen würde ich sagen: Wir kämpfen gemeinsam mit Ligen und Clubs mehr um das Zeitbudget als das Geldbudget.
Was wird jetzt im dritten Jahr für Dyn bzw. Sie die größte Herausforderung: Distribution, Content, Werbevermarktung?
Die eben genannte Transition zu beschleunigen, von Aufmerksamkeit zu Abos. Beim Thema Distribution arbeiten wir daran, der Gastronomie künftig ein maßgeschneidertes Angebot zu machen. Da bekamen wir in der zweiten Saison immer mehr Anfragen und wollen dem gerecht werden. Natürlich auch, weil da bislang sicher viele einfach mit einem Einzelabo schauen, was streng genommen nicht erlaubt ist. Aber ich finde: Man kann das nur kritisieren, wenn man auch eine legale Alternative anbietet. Der Grundgedanke: Mit unserem Gastro-Angebot schaffen wir neue Begegnungsorte für Fans abseits der Arenen – und bieten Kneipen, Bars und Vereinsheimen eine einfache Möglichkeit, Teil von Dyn zu werden. Und beim Content halten wir in unseren Sportarten immer die Augen nach neuen Rechte-Paketen offen. Zudem wollen wir im B2B-Bereich unseren Content-Desk, mit dem sich der Austausch von Content zwischen Club, Ligen und Medienpartnern extrem leicht und effektiv organisieren lässt, zu einem Produkt weiterentwickeln, das wir dann auch lizenzieren können. Natürlich finden wir auch das Thema eines Dyn FAST-Channels spannend.
Ach…
Sport war, ist und bleibt beste Unterhaltung. Er spricht Millionen von Fans an und schreibt seine eigenen Geschichten Woche für Woche neu. Deshalb ist Sport grundsätzlich prädestiniert für lineare Angebote. Durch unsere Bandbreite an Sportarten können wir erstklassige Live-Spiele ebenso anbieten wie redaktionelle Top-Formate. Natürlich hat das das Interesse geweckt von einigen Markteilnehmern, die ihr FAST-Angebot noch attraktiver machen wollen. Deshalb planen wir zur neuen Saison ein solches Angebot unter der Marke Dyn Sport Mix zu starten. Damit wollen wir unseren Kooperations-Partnern, ein spannendes, neues Produkt anbieten und ebenso unsere Marke noch sichtbarer machen und neue Fans für Dyn gewinnen.
Was wandert dann zu Dyn Sport Mix?
Wir werden dort die Bandbreite unserer Berichterstattung abbilden. Das werden einerseits unsere Magazine sein, andererseits aber auch Re-Live-Spiele und Highlight-Formate. Zudem möchten wir bei Dyn Sport Mix regelmäßig Live-Spiele übertragen.
Herr Heyden, herzlichen Dank für das Gespräch.