Foto: Condé Nast / DWDLHerr Schönmann, haben Sie sich das erste Jahr von "Vanity Fair" vor dem Start so turbulent vorgestellt?
Markus Schönmann (Foto): Das Startjahr eines neuen Magazins ist immer ein besonders aufregendes Jahr. Und je höher die Frequenz umso aufregender , das haben wir in den letzten Jahren gelernt - und insofern auch erwartet.

Ist die "Vanity Fair" nach acht Monaten da, wo Sie sie gerne hätten?

Ulf Poschardt: Bei aller Arbeit, die noch vor uns liegt: ja. Wir sind stolz auf das Erreichte und glücklich über die Popularität unseres jungen Heftes.

Würden Sie sagen, der Start verlief frei von Fehlern?
Markus Schönmann: Nein, das wäre vermessen. Man muss in der Einführungsphase und auch in der Weiterentwicklung eines Titels selbstkritisch und offen für die Anforderungen und Wünsche von Lesern und Werbekunden sein. Die konstruktiven Kommentare und die Marktforschung, mit der wir „Vanity Fair“ seit dem Start begleiten, haben uns wichtige Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt, die wir in unsere Arbeit einfließen lassen.

Wie bewertet Condé Nast, die endlich vorliegenden IVW-Zahlen?
Markus Schönmann: Wir haben sehr schnell IVW-Zahlen vorgelegt und können bereits aus zwei repräsentativen Studien über unsere Leserschaft informieren. Die Ergebnisse sind in der Summe sehr vielversprechend. Wir erreichen eine gute Auflage und haben eine Gruppe von Lesern gewonnen, die so kein anderes Medium versammelt. Jünger, kaufkräftiger und gebildeter als die der anderen Wochentitel. Das ist eine gute Ausgangsbasis.

Man könnte auch sagen, dass mit zwei Sonderausgaben für einen Euro inklusive DVD bzw. CD und einer großen Werbekampagne für diese beiden Hefte die Auflage absichtlich nach oben gedrückt wurde...

Markus Schönmann: Marketing sollte kein Vorwurf sein, sondern gehört für Vanity Fair wie für jede andere Zeitschrift zu dem Handwerkszeug, mit dem wir in unseren Märkten arbeiten.

Wie zufrieden ist man international im Mutterhaus mit der Entwicklung der deutschen Ausgabe?
Markus Schönmann: Die Einschätzungen, die ich Ihnen gegeben habe, decken sich auch mit denen unseres internationalen Mutterhauses.

Von der Auflage zum Inhalt: Herr Poschardt, wie steht es um die Relevanz des Magazins?
Ulf Poschardt: „Vanity Fair“ ist ein Auflagenerfolg – das ist schön. Die inhaltliche Relevanz des Magazins wächst mit jeder Ausgabe. Während wir bei Stars, Künstler, Designern, Architekten und Modemachern mit unserem Erscheinen sofort als Premium-Medium wahr genommen worden sind, war der politische Betrieb zuerst etwas skeptisch. Dank unserer hervorragenden Redaktion hat sich das schnell geändert: und so werden politische Agenturmeldungen immer häufiger mit dem Absender „Vanity Fair“ versehen.
Auf welchen redaktionellen Erfolg waren Sie rückblickend auf die ersten Monate besonders stolz?
Ulf Poschardt: Oliver Pocher schwanger, Liz Hurley als verzweifelte Hausfrau vor ihrer Hochzeit von Ellen von Unwerth fotografiert, Michel Friedmanns mutige Reportage über die NPD, die Titelgeschichte über Knut, die Fotos von Georg Baselitz, Klaus Wowereit als Model, und ganz persönlich mit Michael Schumacher in einem Ferrari über die Rennstrecke zu heizen und mit ihm zu sprechen, zu einem Zeitpunkt, als er weltweit für niemand zu sprechen war.

Dennoch. Eine der letzten Ausgaben hatte Leonardo DiCaprio auf dem Cover mit einem Thema bzw. Interview, das - wenn ich mich nicht irre - vor Monaten in der US-Ausgabe erschien. Das ist keine Wochenaktualität...
Ulf Poschardt: Das ist absolute Wochenaktualität. Das Interview wie das Porträt waren brandneu. Wie hatten exklusiv Leonardo di Caprio über Al Gore und genau einen Tag später wird dieser mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Fotos von Annie Leibowitz haben wir uns genau für den richtigen Zeitpunkt aufgehoben.

Foto: Vanity FairBei einem Mammutprojekt wie der "Vanity Fair" gibt es immer irgendwo eine Schraube zu drehen oder etwas auszubessern: Wo gibt es aktuell Bedarf zur Verbesserung? Zuletzt wurde ja das Stil-Ressort gestärkt...
Ulf Poschardt (Foto): Wir freuen uns über jede gute Geschichte und jedes gute Heft, aber wir haben uns viel vorgenommen. „Vanity Fair“ ist ein Marathon, wie unser Verleger erklärt hat, und wir sind noch auf dem ersten Kilometer: das Potenzial eines Titels wie „Vanity Fair“ kennt keine Grenzen. Unsere Herausforderung ist es, mit jeder Ausgabe dieses Potenzial neu auszuschöpfen und dabei die Qualität des Produktes stets zu verbessern.

Es wirkt ab und an als sei die "Vanity Fair" und Sie an der Spitze ein einsamer Kämpfer gegen Zweifler und Nörgler: Sehen Sie sich als solcher?
Ulf Poschardt: Wir sind keine einsamen Kämpfer. Unsere Leser freuen sich über ein Blatt, in dem sie den wichtigsten Menschen der Woche nahe kommen können – und weder der neidische Blick von unten noch der hochnäsige Blick von oben die Urteilsfähigkeit beim Lesen torpediert.

Fühlt sich Condè Nast mit "Vanity Fair" von Branche und Presse eigentlich fair behandelt?
Markus Schönmann: Es gab in den ersten Monaten nach Start einige Veröffentlichungen, die meiner Meinung nach überzogen und polemisch waren. Von den Kunden, Agenturen und Marktpartnern ist der Titel jedoch gut aufgenommen worden.

Wie groß ist das Stück vom Kuchen, das "Vanity Fair" sich vom Werbemarkt genommen hat?
Markus Schönmann: Nach ZAS-Zahlen liegt Vanity Fair bei etwa 10 Prozent des Anzeigenmarktes der wöchentlichen Titel mit „Spiegel“, „Focus“, „Stern“, „Bunte“ und „Gala“.

Ihre unmittelbarsten Wettbewerber haben sich einige Wochen nach dem "Vanity Fair"-Start erleichtert gezeigt. Hat die "Vanity Fair" ihre Wirkung verfehlt?
Markus Schönmann: „Vanity Fair“ erzielt seine Wirkung in der Leserschaft, das sehen sie etwa an der guten Entwicklung bei den Abonnements. Und das ist auch die entscheidende Frage und nicht etwa das Urteil von Wettbewerbern. Meiner Meinung nach gehört es übrigens zum guten Stil, sich nicht negativ über Wettbewerber zu äußern.

Herr Poschardt, würden Sie Ihre Äußerung zu den "Mover und Shaker" eigentlich noch einmal wiederholen, die häufiger Anlass für Spott war?

Ulf Poschardt: Spott ist eine der Formen der Anerkennung, die es in Deutschland für Innovation gibt, die Konservative und Traditionalisten verstören.

Kennen Sie die "Vanity Fair"-Satire von Niels Ruf? Wenn ja, konnten Sie darüber lachen?
Ulf Poschardt: Die Parodie kennen und lieben wir. Wir haben sehr gelacht. Niels Ruf hat das überaus schlau und pointiert gemacht.

Welche Schlagzeile würden Sie sich zum 1. Geburtstag über "Vanity Fair" wünschen?

Markus Schönmann: „Rauschende Party zum ersten Geburtstag von ‚Vanity Fair‘ in Berlin“
Ulf Poschardt: Jede, die ohne Sprachspiel zu „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ auskommt.