Foto: BrunomediaSind es allein die Vermarktungsstrukturen, die deutsche Produzenten hindern?

Michael Smeaton (Foto): Nein, auch das Sprachproblem ist eine Barriere, die wir bislang nicht überwinden konnten. Wir sind mit unserer Sprache einfach nicht weltweit kompatibel, was insbesondere gegenüber englischsprachigen Produktionen einen Nachteil darstellt. Und für den amerikanischen Markt ist es ohnehin besonders schwer, weil dort eben nicht nur die Sendeplätze für TV-Movies knapp sind. Und die Amerikaner haben selbst hervorragende Produktionsbedingungen und landschaftlich von Alaska bis Florida von der Wüste über Berge bis zum Meer alles im eigenen Land. Die Amerikaner können im eigenen Land alles drehen, wofür wir oft ins Ausland fahren müssen. Dementsprechend müssen sie sich nicht zwingend für andere Länder und deren Produktionen interessieren.

Dann muss wohl auch einfach kräftig die Werbetrommel gerührt werden...

Michael Smeaton: Wir haben ein Marketingproblem. Das spiegelt sich auch bei dem bisherigen deutschen Interesse an den International Emmys wieder. Solange die Produzenten kein gesteigertes Interesse daran haben, ihre eigenen Produktionen zu vermarkten, wird ein internationaler Fernsehpreis nicht als wirtschaftlich relevant betrachtet. Dabei ist er es. Und deutsche Produktionen hätten es verdient, zumindest in Kontinentaleuropa besser vermarktet zu werden.

Das setzt aber auch voraus, dass das Ausland sich für deutsche Produktionen interessiert. Es klingt so, als würde es nur mit den richtigen Rahmenbedingungen in Deutschland automatisch im Ausland klappen.

Michael Smeaton: Das nicht, aber ich möchte Ihnen eine Anekdote als Beispiel erzählen: Als ich in Italien einen Film unter der Regie von Helmut Metzger gedreht habe, mussten wir nur den italienischen Titel von der ARD Serie „Um Himmels Willen“ nennen, die Herr Metzger maßgeblich mitgeprägt hat, und man öffnete uns in allen Locations Tür und Tor und erteilte uns bereitwillig Drehgenehmigungen - selbst in hochherrschaftlichen Anwesen. Die ARD-Serie ist ein Riesenerfolg in Italien - was bei uns in Deutschland kaum einer weiß. Wieso machen wir nicht mehr aus unseren Produktionen?

Wenn Sie eine bessere Nutzung der Inhalte fordern, geht es dabei nur um die Auslandsvermarktung oder auch um zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten in Deutschland?

Michael Smeaton: Für mich geht‘s um beides. Wobei Zweiteres leichter ist als Ersteres. Ich bin sehr froh, dass die AG Spielfilm jetzt mit der Produzentenallianz zusammenarbeitet und hoffentlich etwas bewegt, um den Einfluss und die Kontrolle über die Rechte der eigenen Produktionen zu verbessern.

Leopold Hoesch: Es geht darum totes Kapital wiederzubeleben. Durch die neue Produzenten-Allianz werden hoffentlich Rahmenbedingungen geschaffen, wie es sie in Großbritannien schon gibt. Ich glaube im Übrigen auch, dass der enorme Export englischsprachiger Produktionen nicht auf die kompatiblere Sprache zurückzuführen ist, sondern auf die ungleich besseren Rahmenbedingungen für die Vermarktung.

Michael Smeaton:  Ich denke in diesem Zusammenhang an Leo Kirch, der ja leider nicht mehr aktiv ist. Der war ein Unternehmer und hat für seine Inhalte immer neue Vermarktungsmöglichkeiten gesucht - weil er es musste. Das war sein ureigenes Interesse als Unternehmer. Viele Vertriebstöchter, die den Öffentlich-Rechtlichen angeschlossen sind, freuen sich, wenn Sie mal etwas verkaufen können, haben aber nicht den unmittelbaren Druck, weil sie damit offenbar meist gar nicht kalkuliert haben.

Sind die Vertriebstöchter also zu lustlos?

Foto: Broadview.tvLeopold Hoesch (Foto): Überhaupt nicht, im Gegenteil wir haben mit fast allen ein sehr kollegiales, angenehmes Verhältnis, vielleicht wären sie aber mit mehr Wettbewerb leistungsfähiger. Ich glaube, dass Produzenten, was den Vertrieb betrifft, mehr für ihr Programm kämpfen als die Sender, deswegen wären sie die besseren Auftraggeber für die Vertriebe. Ich erlaube mir die These, wenn die Auftraggeber der Vertriebe im Wesentlichen die Produktionsfirmen und nicht die Sender wären, würden diese innerhalb kürzester Zeit enorm an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.

Und können die International Emmys Ihrer Meinung nach dabei helfen?

Leopold Hoesch: Die International Academy ist eine hervorragende Plattform für deutsche Produzenten im Ausland Profil zu gewinnen und bekannter zu werden. Wir haben sehr gute Bedingungen bei uns, verspielen allerdings die Möglichkeit, diese mit einfachen Mitteln weiter deutlich zu verbessern. Ich rate allen Kollegen ihre die Produktionen für den Wettbewerb um den International Emmy einzureichen.

Wie beurteilen Sie eigentlich die Mediatheken von ARD und ZDF?

Leopold Hoesch: Ich persönlich habe überhaupt nichts gegen Online-Mediatheken. Im Gegenteil, ich finde es gut, dass die zeitsouveräne Nutzung durch den Zuschauer künftig neben dem Broadcast-Fernsehen einen erheblichen Anteil der Gesamt-TV-Nutzung ausmachen wird. Die Nutzung der Mediatheken sollte möglichst bald bei der Reichweitenmessung berücksichtigt werden und sie sollten schnell den Weg auf die Fernsehbildschirme finden, weil die Nutzung am Computer auf die Dauer doch etwas zu technisiert ist. Für uns Produzenten ist jeder neue Vertriebsweg von Vorteil.

Herr Smeaton, eine Frage noch an Sie als Fiction-Produzent. Wie steht es denn da um die deutschen Produktionen? Dem Fernsehfilm geht es recht gut, aber aus der Serienecke hört man ja seit Jahren nur noch Stöhnen...

Michael Smeaton: Naja, die armen deutschen Serienproduzenten sind gleichzeitig die reichen deutschen Serienproduzenten. Die TV-Movie-Produzenten sind dagegen eher die Armen, wenn ich mir die Gewinnmargen anschaue, die bei einer Serie wenigstens im nennenswerten Bereich sind. Es sind halt nicht viele, die derzeit Serien produzieren können. Aber die, die Serien produzieren, sind durchaus nicht schlecht bedient.

Bei aller Kritik und Verbesserungswünschen am Ende etwas Versöhnliches: Was schätzen sie besonders an unserem Markt?


Leopold Hoesch: Ich bin mit unserem deutschen System grundsätzlich sehr zufrieden. Es hat Schwächern, aber es gibt auf der Welt kein besseres Fernsehen als in Deutschland. In der Vielfalt wie Qualität. Allerdings könnten aus den enormen Mitteln, die zur Verfügung stehen, noch wesentlich mehr machen.