Foto: Sat.1/Willi WeberAm Ende ist es ein Schauspieler geworden. Welche Vorstellungen hatten Sie denn an den neuen Mieter? Nach was wurde gesucht?

Geschlecht, Alter - alles egal. Wir wollten uns erst einmal überraschen lassen, wer uns so über den Weg läuft.

Aber hätte eine weibliche Nachmieterin nicht unmittelbar zu Vergleichen mit Cordula Stratmann geführt?

Es wäre auch auf die Frau angekommen. Aber auch ein männlicher Comedian hätte zu Vergleichen geführt. Das ist das Schöne an Jürgen Vogel: Die Zuschauer hätten nie einen Schauspieler erwartet. Der Überraschungsfaktor trifft auf den Vorteil, dass Jürgen schon sehr bekannt und beliebt ist.

Wie war es dann nach langer Pause zum ersten Mal wieder das altbekannte Studio zu sehen?

Es entspricht in etwa dem Gefühl, wenn man einen alten Freund nach langer Zeit wieder sieht. Und es war tatsächlich so, dass ich ganz allein vor der großen blauen Studiotür stand, einmal durchgeatmet habe und dann reingegangen bin. Ein komisches Gefühl war das. Es war ja noch alles da, die alte Deko. Die wurde natürlich zwischendurch mal abgebaut, weil man das Studio ja brauchte, aber sie stand dann eben wieder da, die Schillerstraße. Als wäre sie nie weggewesen.
 

 
Es heißt ja, es gibt kein Drehbuch bei der "Schillerstraße". Dennoch hat jede Episode ein grobes Thema. Die erste Folge nach der Pause thematisiert zum Beispiel die Nachmieter-Suche. Gebrieft sind die Teilnehmer vorher also doch?

Die erste Folge nach der Pause ist sehr strukturiert. Das liegt einfach daran, dass wir erzählen möchten wieso Cordula Stratmann nicht mehr dabei ist und Jürgen Vogel ihr Nachmieter wird. Start und Ziel der Folge und ihre Rollen sind den Darstellern also bekannt. Sie wissen, was die grobe Handlung der Folge sein soll. So ein Briefing gibt es. Welche einzelnen Anweisungen sie dann bekommen, das wissen sie aber natürlich wie immer nicht. Und was sie aus der Story selbst machen, bleibt auch den Künstlern überlassen.

Und was macht man, wenn man merkt, dass sich die Handlung auf der Bühne gerade in eine völlig falsche Richtung entwickelt?

Manche Aufzeichnung kriegt eine Eigendynamik. Man kann sagen, jede dritte Folge verselbstständigt sich und dann muss ich schnell reagieren.

Und wie kann man dann reagieren?

Wir versuchen im Vorfeld alle möglichen Reaktionen und Entwicklungen vorherzusehen und dafür passende Plot Pusher vorzubereiten. Wir haben immer welche als Reserve dabei. Auch das reicht nicht immer. Dann muss man es halt einfach laufen lassen und schauen, wohin es führt. Es gibt keine falsche Richtung, es gibt nur andere Richtungen (lacht).

Was für ein Gefühl ist das eigentlich, wenn Sie da oben weit über den Schauspielern sitzen und diese quasi fernsteuern können?

Das war ein sehr eigenartiges Gefühl als wir den allerersten Piloten aufgezeichnet haben und die Menschen unten auf der Bühne das taten, was ich ihnen sagte. Und aus diesem Grund darf man nicht Macht fokussiert sein, sondern nur daran denken, was das Spiel auf der Bühne weiterbringen wird. Ich sehe das als Verantwortung, die ich übernehme. Dafür, dass die Künstler sich wohlfühlen und sich gern vertrauensvoll in meine Hände legen und dafür, dass wir am Ende eine tolle Sendung haben. Wie ich mich dabei fühle ist eigentlich egal.

Jetzt haben wir darüber gesprochen, was die Darsteller alles machen müssen. Zum Abschluss eine umgekehrte Frage: Gibt es bezogen auf das Spielprinzip Tabus bei der „Schillerstraße“?

Nein sagen. Wenn ein Darsteller einen Impuls einbringt und der andere diesen ablehnt, würde es das Spiel bremsen. Also immer die Angebote des anderen annehmen. Auch wenn dich einer anschaut und dir ins Gesicht sagt, dass du doch früher immer dein Häufchen in die Sandkiste gesetzt hast... Dann hattest du als Kind eben ein spezielles Hobby.