Haben Sie infolge dessen schon mal auf eine Geschichte verzichtet, weil Sie nicht mehr die Ihre war?

Sofern ich mich recht erinnere: nein. Ich habe immer versucht, einen Bogen zu finden, in einem gewissen Rahmen darzustellen, wie es zu dieser Geschichte gekommen ist. Keine einfache Sache, weil diese Vorgänge nicht dem Leser deutlich darzustellen sind bzw. den Zeitungskonsumenten oder normalen Internet-Surfer dann auch nicht wirklich interessieren.

Print, der Hauptabnehmer Ihrer Geschichten, steckt in einer strukturellen Krise. Woran merken Sie das. Woran Ihre Leser?

Wer Hauptabnehmer meiner Geschichten ist, ist gar nicht klar. Neben Print saugt das Netz die Geschichten weg wie ein Schwamm. Die "drucken" alles. Platz genug gibt es ja im Online-Sektor. Dass Print in der Krise steckt, merkt man nicht daran, dass die Leser - ob normal oder irre - ins Netz abwandern, sondern dass viele traditionelle Printkunden ihre Medien- und TV-Seiten einschränken. Nicht nur die „FAZ“ muss sich gelegentlich mit einer halben Medienseite begnügen, auch bei anderen, kleineren Blättern wurde zusammengestrichen.
 

 
Die dpa ist vor allem Betrachter, hat im Grunde kaum oder gar nicht eine eigene Meinung. Vermissen Sie die Möglichkeit, direkter Einfluss nehmen zu können?

Natürlich nicht, wie könnte ich...! Naja. Es wäre schon noch eine große Herausforderung für mich, einmal richtig nach allen Regeln Herrn A. oder Frau B. aus dem Fernsehen zu sagen, wie irre ich sie finde. Aber warum eigentlich? Wir haben diverse Möglichkeiten, auch Meinung zum Ausdruck zu bringen, und die sind gar nicht so übel: Wir zitieren ausgesuchte Leute, die ihre - oder unsere - Meinung zum Thema beitragen, wir ergänzen, wir lassen aus, wir sagen es durch die Blume, wir suchen subtile Formen, um dem Übel zu Leibe zu rücken, ohne die Grenze zu überschreiten. Das gefällt mir. Und darüber hat sich schon manch einer geärgert und konnte nichts ausrichten.

Schauen Sie viel fern? Was gefällt Ihnen?

Ich gucke Reportagen, Dokus und Filme vorher auf DVD. Dann sehe ich die Sportschau. Mit der Katze. Und ohne Tochter. Mittlerweile auch Stromberg, den ZDF-Montagsfilm, Switch Reloaded und 9Live, wenn das menschliche Gesicht zu finden ist, um zu sehen, wie ein Moderator Minuten der Stille überbrücken muss, weil angeblich keiner anruft. Das ist aus masochistischer Sicht eine Durchhalte-Glanzleistung von mir.

Fernsehen hat ein Nachwuchsproblem. Die Generation Pocher scheint nicht recht präsent. Vor und hinter der Kamera. Richtige Einschätzung?


Würde ich spontan auch sagen. Kam die Frage nicht sogar von mir? Ich habe meine Haltung seit unserem Vorgespräch aber geändert. TV hat überhaupt kein Nachwuchsproblem. Talente gibt es genug. Ein Frankenfeld oder ein Kuli waren ja auch begabt und haben ihren Weg gemacht. Das Problem heute liegt nur einfach darin, dass das Fernsehen in seiner unverschämten Vielfalt die Talente anquatscht, anpackt, auswringt und dann im Trockenen stehen lässt. Die Leute werden eben in Formate gezwängt, bleiben nicht individuell. Wer sich selbst die Treue hält, hat vermutlich den größten Erfolg. Passiert aber nicht.

Kann Fernsehen seinen Status halten, wenn da nichts nachwächst oder scheint es zunehmend egal, wer mich im Wohnzimmer anlacht?

Es ist sicher, dass das Fernsehen in langer Qual implodiert. Die Versuchungen im Netz sind zu groß. Sie bestimmen das Freizeitverhalten künftig, nicht Gottschalk oder Jauch, auch wenn es viele immer noch nicht wahrhaben wollen. Es ist auch ein törichter Fehler, Fernsehformate fürs Netz oder mobile Endgeräte umzuwandeln. Was für ein Unsinn. Da machen die Menschen ganz andere Dinge. Da wird ge-appt, nicht ge-tvt. Fernsehen wird aber im Informationsbereich noch lange seine Berechtigung haben, denn die großen TV-Anbieter bestücken ja auch die Nachrichtenseiten im Netz, eine sinnvolle Verbandelung. Die Unterhaltung aus dem TV wird es aber nicht auf die andere Seite schaffen. Denn eine große Showbühne im schneeweißen Frack hinunterzusteigen, sieht auf dem iphone ziemlich komisch aus.

Wen müssen Sie unbedingt noch interviewen?

Zhu Jun.

Wen würden Sie nie wieder interviewen?

Miriam Pielhau.

Es war Ihr erstes Interview. Ist es schwerer zu antworten oder Fragen zu stellen?

Fragenstellen ist schwieriger, kann ganz schön in die Hose gehen. Sieht man ja an Ihren Fragen. (lacht).