RTL II-Programmdirektor Holger AndersenAber in der Presse war das Format fast nur mit Sex- und Erotik-Themen. Und das sehr oft.

Ja, aber im Haus selbst passierte relativ wenig. Das freut uns, weil es zeigt, dass „Big Brother“ nicht davon abhängig ist. Ich gehe mal so weit und behaupte, dass zum Beispiel auch beim Dschungelcamp nicht wegen den Prüfungen eingeschaltet wird, sondern wegen dem, was innerhalb des Teams passiert. Man muss nicht schocken, wenn man gut castet. Wir hatten bei „Big Brother“ auch noch nie so eine lange Verweildauer der TV-Zuschauer und haben online Rekorde erzielt. Nach „DSDS“ hat „Big Brother“ sicher die größte Online-Community hinter sich. Das alles hat uns gezeigt: „Big Brother“ ist und bleibt die Mutter aller Reality-Formate.

Jetzt schwärmen Sie so von „Big Brother“, setzen bei Dokusoaps schon auf Promis und sprechen selbst das Dschungelcamp an. Die naheliegende Nachfrage: Kommt auch in Deutschland endlich ein Promi-“Big Brother“?


Es ist durchaus möglich, dass das mal kommt.

Gibt es dazu mehr zu sagen? In jedem Fall aber dürfte „Big Brother“, so wie Sie schwärmen, weiter gehen?


Wir freuen uns jetzt erst einmal auf das Finale. Alles Weitere kommt danach (lacht).
 


Dann lassen Sie uns über Ihre Show-Experimente im Frühjahr reden. Wie fällt die Bilanz aus und wie soll es weitergehen?


Die „Test“- und die „Welt der Wunder“-Shows liefen gut. Bei den „Test“-Shows haben die besonders gut funktioniert, die auf ein klares Ergebnis hinausgelaufen sind. Also zum Beispiel der IQ-Test. Da haben wir auch noch neue Ideen. Die „Welt der Wunder“-Show hat uns sehr viel Freude bereitet, weil wir im Laufe des Abends sogar Zuschauer hinzu gewinnen konnten. Und es hat mich auch sehr gefreut, dass wir Hendrik Hey seinen Wunsch nach einem Primetime-Format erfüllen konnten. Wir tasten uns an den Showbereich ja erst langsam wieder ran, der bei den Werbekunden übrigens sehr gut ankommt.

Gibt es denn abseits der großen Primetime-Show Ideen in diesem Genre?

Wir denken darüber nach. Aber man muss nach wie vor sagen: Sobald man etwas in einem Studio produziert, haben sie direkt Kosten, ohne schon irgendeinen Inhalt zu haben. Aber wir arbeiten mit den Studio-Betreibern daran, dass wir auch Ein-Stunden-Formate umsetzen können.

Die Kollegen bei Vox wagen sich mit „X Factor“ an das, was man hier und da als Leuchtturm-Programm betiteln würde. Bei RTL II gibt es „Big Brother“, aber sonst fehlen große Formate, die prägen. Braucht RTL II keinen weiteren Leuchtturm?


Also ich sehe genügend Leuchttürme im Programm. Etwa auch die beiden neuen Promi-Dokusoaps „Das Tier in mir“ und „Tattoo Attack“ von Shine Germany bzw. South & Browse.  Sie sind Teil unseres neuen Montagabends ab dem 16. August und für uns sehr wichtig. Bei „Das Tier in mir“ lernt man auf unterhaltsame Weise erstaunlich viel durch das Zusammenleben der Promis mit den Tieren. Und bei „Tattoo Attack“ kommen wir den Prominenten im wahrsten Sinne hautnah. Uns ist es vielleicht etwas wichtiger über die Strecke zu punkten. Es geht uns nicht darum wie hell ein Leuchtturm strahlt, sondern wie zuverlässig er ist. Natürlich müssen wir als kleinerer Sender z.b. auch auf die Wiederholbarkeit achten. Eventprogrammierungen helfen da wenig.

Kommen wir zum Ende hin noch kurz zu einem besonderen Thema. Stichwort Anime. Da wurde zuletzt reduziert und wenn Sie von einer Daytime-Optimierung sprechen - sind die Animes davon betroffen?

Nein, im Gegenteil. Wir haben den Anime-Block im Frühjahr zwar auf zwei Stunden reduziert, aber nur um wirklich die stärksten Serien zu zeigen. Das hat auch zu besseren Quoten geführt. Jetzt haben wir gezielt einige neue Serien eingekauft und werden die Anime-Programmstrecke damit im Herbst wieder auf drei Stunden ausbauen. Da kommt das Zuschauerinteresse und die Wirtschaftlichkeit zusammen: Im Herbst und der Vorweihnachtszeit ist das Programmumfeld auch von den Werbekunden stets sehr gut nachgefragt.

Kurze Nachfrage für die Fangemeinde: Welche neuen Serien haben Sie eingekauft?

Es gibt zum Beispiel eine sehr schöne neue Serie. „Wakfu“ ist in Frankreich super erfolgreich und basiert auf einem Online-Rollenspiel. Deswegen haben wir mit der Serie auch etwas Besonderes vor: Wir werden die ersten Folgen zeitlich begrenzt im Internet zeigen und parallel dazu die Online-Welt zu „Wakfu“ starten. Die TV-Ausstrahlung folgt dann erst später. Damit wollen wir die Serie besser etablieren bevor wir sie auf Sendung geben.

Springen wir zum Schluss noch zum Thema Fiction. Da verlieren Sie ja eine Krimiserie am Donnerstag: „Law & Order: Special Victims Unit“ läuft künftig nur noch bei Vox....

Das ist richtig.

Sie wollten die Serie nicht mehr?

(lacht) Nein, das hat andere Gründe. Natürlich hätten wir die Serie gerne behalten, um endlich mal ein schönes Krimi-LineUp mit mehreren Serien zu haben. Aber wir freuen uns sehr über die Entwicklung von „Flashpoint“. Sagen wir es so: Man muss auch mal gönnen können.

Herr Andersen, herzlichen Dank für das Gespräch.